Hessen Loewe
Ein Projekt der Arbeitsstelle Archivpädagogik am Staatsarchiv Marburg, gefördert vom Hessischen Kultusministerium.
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Privilegien, Pogrome, Emanzipation: Deutsch-jüdische Geschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart
 «  6 Josel von Rosheim, Führer der Judenschaft im Reich  » 

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Dokument 11
Der Befehlshaber der Judenschaft, Joseph von Rossum [Josel von Rosheim], an Graf Balthasar von Hanau mit der Aufforderung, ein von Junker Wilhelm Weyß entführtes und seiner Familie entfremdetes jüdisches Mädchen zurückzugeben, 18. Juni 1530
Urheber
Joseph von Rossum [Josel von Rosheim]
Datum
18.07.1530
Bestand/Sign.
HStAM 86 Hanauer Nachträge Nr. 6000 c. Regest nach Löwenstein, Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg 1267-1600, Bd. 1, S. 261
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Der Befehlshaber der Judenschaft, Joseph von Rossum [Josel von Rosheim], an Graf Balthasar von Hanau mit der Aufforderung, ein von Junker Wilhelm Weyß entführtes und seiner Familie entfremdetes jüdisches Mädchen zurückzugeben, 18. Juni 1530

Joseph von Rossum bezieht sich bei seiner Intervention ausdrücklich auf das Innsbrucker Judenprivileg Kaiser Karl V. von 1530.

Jeßell, "jüd von Rossüm, gemeyner jüdischen regirer", klagt Graf Balthasar von Hanau, daß dem Oberbringer seines Schreibens, dem Juden Moße, obwohl er Steuer und Zins bezahlt hat und somit mit seiner Familie den gräflichen Schutz in Münzenberg genießt, seine Tochter genannt Bele durch Junker Wilhelm Weyß [Waise von Fauerbach] aus seinem Haus entführt, auf des Junkers Schloß gebracht, dort verschlossen und dem Vater entfremdet worden ist, was Jeßel von Rossum als Landfriedensbruch ansieht. Jüdische Kinder dem Christenglauben zuzuführen widerspricht außerdem kaiserlichem und päpstlichem Gebot sowie dem durch den regierenden Kaiser erlassenen, abschriftlich beigefügten Judenprivileg1, wonach eine Verletzung des vom Kaiser gewährten Judenschutzes mit 50 fl. zu ahnden ist. Jeßel fordert Graf Balthasar auf, dafür zu sorgen, daß dem Juden sein Kind wieder zurückgegeben wird. Falls sich der Junker weigert und etwa auf "neben weyber reden oder des kins redt" beruft, wird Jeßel vor dem Kaiser gegen ihn wegen Burg- und Landfriedensbruch und Verletzung des kaiserlichen Judenschutzes klagen.

Ausf. Papier, aufgedr. Verschlußsiegel abgefallen. Sign.: 86 Hanauer Nachträge Nr. 6000 c.

Zit. nach Uta Löwenstein, Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg 1267-1600, Bd. 1, Wiesbaden 1989, S. 261

 

Transkription:

Wolgeborner genediger Her Eurer Gnadt sy mayn Vnder-/thnigen willigen dinst alle Zeit Zuvoran bereydt Gnediger/ Her irh werdt bericht durch Moße Juden zeigen, diß briefs/ Wiewol er seyn steuher vnd Zinß Euwer Gnadt vnd Euwer/  genaden mitverwanten vßsgericht vnd betzalt, darumb er von/ Eurer Gnadt mitsampt der andern mitverwanten getrost/ vnd gefreyhet ist, zu Mintzenburg wann vnd beschirmbt/ soll sein mitsampt sein weyb vnd kinder haben gethan/ dannocht aber vnd wider solichs alles hat der arst Juncker/ Wylhelm weyß er vnd seyne haußfrau disem gegenwer-/ digem [gegenwärtigen] Mosße seyn ehelich geborene dochter genannt Bele/ von seynem Haus gefürt worden vnd in seyn Schloß ver-/ schlossen vnd mitsambt worden von gedachtn Moße/ deß [?] wider alle natürliche auch geistliche gesatz vnnd/ ordenunng ist iym sein fleysch vnd blut zuverhalten vnd/ beschlissen dan der Landtfriden außen ist, daß man keynich/  vnerkant des Rechtn sein leib oder gudt gewaltigklich/ in schlosser oder Häuser sol enthaltn sunder ir eyner/ den anderen sol lossenn pleyben  ec. Zum andern seint/  wir Judenscheit waythers vnd mehr gefreidt von Rö-/ mischer Kay..lich Mayt. Darzu von den stul zu Rom das/ man vnser Kinder von vns zu keyn Krist glauben soll/ infüren [entführen] oder verschlissen ec. Zum drittn hat die/ yzige Romisch Kay.lich Mayt. als vnser aller gnedigst/ Her Ein sundere grosse gnadt vnd freyheiten gemeynen/ Jüdenscheit deutzer Nation gegeben. Sy vnd ire weyber,/ Kinder, Haben güther, Besunder in schutz vnd schirm ge-/ nomen vor solichenn vnd desglichen gewalt zu beschirmen/ wir dan dießelbige glaubwirdige abschrifft Euer/

S.2.

Gnaden hiebey genediglich vernmen werden das Key.lich/ Mayt. Große stroff und peen. Nämlich fünffzig margk/ ledigs golt darüber gesetzt halb in Mayt. Und halb/ gedachtn Juden ec. Des nun Euwer Gnade wolvernemen/ werden gedachtn freyheiten inhalts das Eyn oder inwas/ wörden stants [Stand] er sey,, dieselbige pflichtigk zuhaben vnd/ vns dabey zu schirmen indrostlicher hoffenung so vorge-/dachter Edelman von Ewern Gnaden ermant wurt [wird], Er/ gedachten Moße sein fleyß vnd plut [Fleisch und Blut] zu seynen handen/ widerstellen  wurde vnd sol, ec. Zum vierdenn/ Dweil ewerr Gnadt mit sampt eweren Gnaden/ Bruder kinder fermunder als meyneGnedige Hern/ auß gerechten pflicht billich ire Burger mit sampt/ seyner kinder Haben güter zu schirmen schuldig seiy/vnd mit gedachtenn Edelman oder anderen gesatz irs/ eigene vornemen in iren heuser dyssem gegenwardigen/ Mosse sein kindt mit gewalt vorzuhalten, will sich/ Euwer Gnaden sampt vnd sunder eß abgezelte(n) artickeln/ und keyr..liche freyheit mit gedachtm wilhelm weysse/ zuverschaffn das er den gedachtn Moße sein kindt an/ alle irrung wider zuhanden soll bey hermannung/ des burgkfriden auch der landtfriden darzu dize/ die Romisch Kay..lich Mayt freyheit vnd gebir [Gebühr /  außgangen im achtzehenstn tag des monats may./ wo sich aber gedacht Edelman aff solichs vnser/ beruffung vnd Ewer Gnaden handelung vnd anzei-/ gung nit wolt gedachtem Mosse seyn kindt zu-/handen stellen vnd villicht mit eß zihen vnd mit/ neben[?] weyber Reden

[Anm. auf der linken Seite: oder des kind Rede]

  woltn behelffn des ich mich / nit vrsach dan er der Recht princepall disser/ sach gedachtes kindts wider angezeigthe freyheytn/

S.3

Burgk und Lantfriden in seynem Schloß enthaltn hott,/ darumb er sich nit entschuldigen mag, mußt irh dan als/ von wegen vnd auß beuelch [Befehl] veroden von kay..lich Mayt/ Auch von eyner gemeyne Judenßheit in dissem handell gegen/ gedachtn Junckern mit keyserlichen Rechtn vürnemen/ an ordt vnd Endt, do sich daß gebent darzu umb den/ benfall [Befehl?] in gedachte freyheitn begriffen domit gedacht/ Juncker vnd alle die in disser sach verhafft werden/ Priffen [prüfen] vnd vernemen sollen, das die Judenscheit vnd/ ire Kinder haben guther beschirmbt vnd dermassen/ gegen vns sampt oder sunder nit vurgenomen sol werden, / wie wir dan in deutzer Nation allenthalben im helgn/ Reich fürstthumen vnd herschafftn vß obengezeigtn/ artickeln beschirmbt vnd beschutzt werden vnd solch ge-/walt vnd vurnemens nit gehant worden hirumb/ in Euwer Gnaden sampt vnd sunder meyn vnntherdenige [untertänige] / Bitt von gedachtem Moschiß wegen als Euwer Gnaden/ Bürger ernstlich mit gedachtn Edelman zu handelen vnd/ ins solichs wy gehort vorzuhaltn domit irh als auß/ beuelch [Befehl] nit verursacht wurdt der Romisch Kay..lich Mayt./ oder in irem abwesen parlament anzuzeigen vnd anzu-/ Ruffn, domit gedacht Moschsse die Key.lich freyheitn/ Burgk vnd lantfried priffn mag vnd sol, hab ich/ im bestn solichs gegen Euwer Gnaden angezeigt, domit/ Euwer Gnaden dester Trostlicher gedachtes Mosse kan/ vnd magk schirmen vnd beholffn sein wy angezeigt. / Datum Montags nach Margrethe Anno MDXXX


Euwer Gnaden

Gehorsamer Jeßell

Jud von Rossum

Gemeyner Judischen

Regirer*


S.4 (Adressierung)

Dem wolgebronen Hern hern/ Balthasernn Grauen [Grafen] zu hanaw/ vnd Hernn zu Myntzenburgk/ meynem gnedigst herrenn/

Jud belang

* Zwar findet man die Bezeichnung „Regierer“ bei anderen Dokumenten, sowohl von Josel selbst als auch bei solchen, die an ihn gerichtet waren. Allerdings brachte die Verwendung dieses Titels Josel in Schwierigkeiten mit dem Kaiser. Er wurde nämlich angeklagt, weil er den Titel ohne Berechtigung anführte, und musste eine Geldstrafe zahlen.


1  Judenprivileg von Innsbruck, gegeben von Kaiser Karl V., 18. Mai 1530, siehe > Dokument

 




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