Im nordhessischen Raum existierten einige Landesheilanstalten, die als Durchgangsstationen für die Landesheilanstalt in Hadamar dienten, in der kranke und behinderte Menschen systematisch getötet wurden.
Die Kinder-"Euthanasie"
Bereits 1939 beginnt die Erfassung von behinderten Kindern und ihre Tötung in den sogenannten "Kinderfachabteilungen". Die Landesheilanstalt Eichberg - für die Merxhäuser Patienten Zwischenstation nach Hadamar - verfügt über eine solche Abteilung.
Mit einem Transport erwachsener Patienten aus Merxhausen am 12. Juni 1941 kommt die 13jährige E. S. in die "Kinderfachabteilung" der Landesheilanstalt Eichberg. In einer Nachricht des Oberpräsidenten in Kassel an die Landesheilanstalt Merxhausen vom 27. Mai 1941 wird die Verlegung angekündigt: "Im Benehmen mit dem Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden bitte ich, das Kind E. S. [...] alsbald in die Kinderfachabteilung der Landesheilanstalt Eichberg zu verlegen. Die genannte Anstalt ist in Kenntnis gesetzt." Am 12. Juni 1941 teilt die Landesheilanstalt Merxhausen dem Direktor der Landesheilanstalt Eichberg mit, daß die "vorgenannte Kranke [...] mit dem heutigen Transport nach dort überführt" wird. Weitere Dokumente zu diesem Fall, die Aufschluß über das Schicksal dieses Kindes geben könnten, sind nicht vorhanden. Es existieren auch keine Unterlagen darüber, ob noch weitere Kinder aus Merxhausen oder Haina in die Landesheilanstalt Eichberg verlegt wurden.
Zu den Praktiken der "Kinderabteilung" liegt eine Aussage der ehemaligen Oberschwester vor: "Im übrigen wurden die vom Reichsausschuß bezeichneten Kinder getötet. Dies geschah in aller Regel dadurch, daß ihnen Dr. Schmidt eine Injektion von 5 oder 10 ccm Morphium gab. In einigen Fällen habe ich auch selbst die Einspritzung auf Weisung von Dr. Schmidt vorgenommen. In anderen Fällen wieder wurden den Kindern in Wasser aufgelöste Luminaltabeletten eingegeben. [...] Wenn ich nach Zahlen gefragt werde, so möchte ich schätzen, daß die Abteilung von April [1941] bis Kriegsende insgesamt 500 Kinder beherbergt hat. Hiervon mögen rund 200 getötet worden sein, ohne daß ich mich jedoch auf diese Zahl festlegen will. Ich selbst habe wohl in etwa 30-50 Fällen die erwähnten Einspritzungen vorgenommen."
[Die Zitate sind dem Prozeß beim Oberlandesgericht Frankfurt/M zum Ermittlungsverfahren gegen Dr. Heyde u.a. Ks 2/63 GStA, früher 17/59 GStA aus dem Jahre 1960 entnommen.]
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