Der Ausschnitt aus der "Kasseler Post" vom 21. Mai 1933 beschreibt die Bücherverbrennung in Kassel am 19. Mai 1933. Hier, wie in anderen Orten, waren die Täter Schüler und Studenten.
Ungeist auf dem Scheiterhaufen
Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund verbrennt einige Tausend Bände Schundliteratur auf dem Friedrichsplatz.
[...] Wir haben eine Zeit hinter uns, in der ein artfremder Geist, der sich das Mäntelchen der Kunst umhing, die Seele des deutschen Volkes zielbewußt und ungestört vergiften konnte. Ein Remarque durfte ungestraft die Ehre des deutschen Soldaten besudeln [...]. Zum Zeichen, daß diese Zeit ein für allemal vorbei ist, daß das deutsche Volk und vor allen Dingen die deutsche Jugend sich voller Abscheu von den "literarischen" Machwerken von Juden und Judengenossen abwendet, werden jetzt überall in Deutschland die Büchereien von dem Schund und Schmutz gesäubert, der in ihnen leider zu oft nur die Hauptrolle spielte.
Auch in Kassel hat der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund sich zum Werkzeug dieser Säuberungsarbeit gemacht als Bekenntnis dafür, daß sich die akademische Jugend, die dereinst einmal im kulturellen Leben führend sein will und soll, sich ihrer Verantwortung gegenüber Volk und Staat bewußt ist. In den letzten Tagen wurden aus den Leihbüchereien der Stadt Kassel mehrere Tausend Bücher und Schriften beseitigt, und am Freitag abend wurden sie im Beisein einer riesigen Menschenmenge den Flammen überantwortet.
30 000 Kasselaner im Flammenschein
Bei Einbruch der Dunkelheit marschierten SA- und SS-Kolonnen unter Vorantritt des SA-Musikzuges der Standarte 173 zum Friedrichsplatz, wo sie bereits von einer nach Zehntausenden zählenden Volksmenge erwartet wurden. Schnell war in der Nähe des Denkmals ein Viereck gebildet, in dessen Mitte der Inhalt einer großen Zahl von mit Tausenden von Büchern gefüllten Wäschekörben zu einem großen Haufen aufgestapelt wurde. Nach kurzen Begrüßungsworten des Sturmführers Constein vom NSDStB nahm zunächst
Schriftleiter Brasseler
das Wort. [...] Weil wir Nationalsozialisten wollen, daß der deutsche Mensch wieder deutsch denkt, wollen wir ihn dazu erziehen, daß er nur deutsche Bücher liest. [...] Wir kennen zwar Menschen, die mehr Wert auf literarisch-ästetische Genüsse legen als auf wahre deutsche Bildung. Ihnen sei aber gesagt, daß der SA-Mann, der jahrelang in oft blutigem Kampf um die Wiederherstellung des nationalen Deutschlands gestanden hat, es nicht verstehen würde, wenn dem literarischen Gift weiter Gelegenheit gegeben würde, in das deutsche Volk einzudringen. Aber auch der deutsche Arbeiter wird die Säuberungsaktion verstehen, denn er kann verlangen, daß der deutsche Kopfarbeiter Opfer bringt, indem er auf literarische- ästhetische Genüsse verzichtet [...].
In dieser Geisteswende kehren wir jungen Menschen uns voll Verachtung und Ekel ab von den Erzeugnissen der letzten Jahre von den literarischen Machwerken eines Tucholsky und eines Remarque, die versuchten, alles was groß war, in den Dreck zu ziehen. Wir wenden uns ab von einem Hasenclever und einem Ossietzky, wir wenden uns ab von einem Karl Marx, der den Giftgedanken des Klassenhasses dem deutschen Arbeiter einträufelte.
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