Der Ausschnitt aus dem ausführlichen Bericht über die erste Stadtverordnetensitzung in der "Oberhessischen Zeitung" vom 4. April 1933 gibt eine Fülle an Beispielen für "Gleichschaltung" wieder.
Die erste Stadtverordneten-Versammlung
Stadtparlament im Zeichen der nationalen Erhebung [...]
Wohl jeder, der die gestrige feierliche Eröffnungssitzung des neuen Marburger Stadtparlaments miterlebte, dürfte den Eindruck gewonnen haben, daß mit dieser Sitzung auch eine Wende in unserem kommunalpolitischen Leben eingetreten ist. Die Sitzung ließ in deutlichster Weise die politische Gleichschaltung zwischen Reich, Ländern und Kommunen erkennen, sie stand im Zeichen der gewaltigen Veränderung, die seit dem 30. Januar im ganzen deutschen Volke vor sich gegangen ist. Rein äußerlich dokumentierte dies schon die festliche Eröffnung des Stadtparlaments und der Verlauf der ersten Sitzung, der geschlossene Einmarsch der Nationalsozialisten als der stärksten Rathausfraktion, aber auch die schwarz-weiß-rote Fahne und die Hakenkreuzfahne, die gestern über dem Marburger Rathaus wehten. [...] Mit mustergültiger Disziplinertheit wurde in kürzester Frist die Tagesordnung erledigt. Da die kommunistische Fraktion, der nach dem Ausgang der Wahl im Marburger Parlament ein Mandat zugefallen war, zur Sitzung nicht mehr zugelassen werden darf, und die sozialdemokratische Fraktion, die über 4 Sitze verfügt, es vorgezogen hatte, der Eröffnungssitzung fernzubleiben, waren in der gestrigen Sitzung außer der Fraktion der NSDAP, die bekanntlich mit 20 Stadtverordneten sowieso die absolute Mehrheit hat, nur noch die drei Stadtverordneten des Kampfblocks Schwarz-Weiß-Rot, der Abgeordnete der bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft und der des Zentrums vertreten. [...]
Ehrenbürger der Stadt
Unter dem Jubel des Hauses wurde dann ein Dringlichkeitsantrag der NSDAP einstimmig angenommen, nach dem Reichspräsident von Hindenburg und Reichskanzler Hitler zu Ehrenbürgern der Stadt Marburg ernannt wurden. Wie Stadtv. Krawielitzki dazu ausführte, werde mit diesem Antrag dokumentiert, daß Marburg sich voll und ganz hinter die Regierung stellt. [...]
Umbenennung von Straßen und Plätzen.
Neue Namen für die städtischen Schulen.
Ein zweiter Dringlichkeitsantrag der NSDAP verlangte folgende Umbenennung von Straßen und folgende Namen für die städtischen Schulen:
Stadtv. Krawielitzki begründete diesen Antrag ausführlich und wies dabei darauf hin, daß die hier umbenannten Straßen bisher einen Namen trugen, dem keine tiefere Bedeutung zukommt. [...] Für den Hitlerplatz habe man absichtlich den bisherigen Friedrichsplatz gewählt, weil dieser in einem Kranz von Straßennamen eingebettet sei, die mit der ruhmreichen Vergangenheit unseres Vaterlandes aufs engste verwachsen sind. [...]Friedrichsplatz - Adolf-Hitler-Platz
Kasernenstraße - Hermann-Göring-Straße
Uferstraße - Bernhard-Rust-Straße
Oberrealschule - Adolf-Hitler-Schule
Südschule - Horst-Wessel-Schule
Nordschule - Schlageter-Schule
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