Vermerk des Marburger Bürgermeisters Troje über die Aktionen des Soldatenrats am 10. November 1918.
Aktionen des Soldatenrates in Marburg im November 1918
Marburg (Lahn) Rathaus
Vermerk 10.11.[19]18
Heute früh kurz nach 5 Uhr meldete mir der Polizei-Kommissar Knauff, daß diese Nacht das Rathaus von Soldaten des aufständischen Soldatenrats besetzt sei. In der Stadt sei alles ruhig und Ordnung werde gehalten.
Am Nachmittag vorher war schon gemeldet, daß Frau Dresler geklagt habe, daß sie den Soldaten rote Bändchen verkaufen müsse. Um 7 Uhr morgens begab ich mich nach Anmeldung zum Rathaus. Am Eingang der Marktstraße befand sich schon ein Posten, ebenso vor dem Rathaus, in dessen Polizeilokal neben unserem Polizeibeamten Jäger lagen. Ein Maschinengewehr stand am Brunnen. Ich begab mich auf mein Amtszimmer, wo um 7 1/2 die Oberjäger Hermann und Keilich erschienen als Vertreter des Soldatenrats. Sie erklärten: Dieser sei von Angehörigen des Bataillons begründet, ehe er von der Marine hier eingerichtet würde. Die Bedingungen ständen fest und seien von dem stellvertr. Kom[mandierenden] General unterschrieben. Plündern u. Raub würden mit dem Tode bestraft. Freiheit, Leben u. Eigentum gewährleistet. Magistrat u. Polizeiverwaltung hätten im Einvernehmen mit dem Soldatenrat zu arbeiten. Patrouillen der Stadtwehr seien nicht nötig, vielmehr übernähmen diese Polizei und Soldaten. Ein Aufruf mit den Bedingungen werde alsbald vorgelegt werden.
Um 8 1/4 wurde von der Wache die Rote Fahne auf dem Rathaus gezogen (Wimpel), der Adjutant des Bat. bestätigte die Bildung des Soldatenrats.
beglaubigt
Troje
Vermerk 10.11.[19]18
Betr. die beiden Mag. Sitzungen vom Vorm. 9 1/4 und Nachm. um 3 Uhr
In der Sitzung um 9 1/4 gab die überwiegende Mehrzahl ihre Ansicht dahin kund, daß man sich der Gewalt fügen müsse, um Blutvergießen zu vermeiden. Im Übrigen solle versucht werden, einen Text für die mitzuunterzeichnende Erklärung des Soldatenrats zu erhalten, welcher den Magistrat u. die Pol[izei] Verwaltung diesem nicht unterstellt.
In der Sitzung um 3 Uhr wurde von mir berichtet, daß die Oberjäger Hermann, Weber, Bernhardt um 3/4 1 Uhr mir die gedruckt anliegende Erklärung vorlegten, jedoch mit dem Zusatz militärischer und polizeilicher Gewalt. Dieser Zusatz sei im Einverständniß der 3 Vertreter gestrichen und sodann die Erklärung durch "Der Magistrat Troje" links unterzeichnet, rechts vom Soldatenrat.
Der Magistrat billigte das Verfahren.
Beglaubigt
Troje
10.11. [19]18 Vermerk: Stadtrat Pörsch teilte mit, daß er u. Erdenberger vielleicht zu Soldatenrats-Mitgl. vorgeschlagen würden. Pörsch ist gebeten, dafür einzutreten und den betr. zu übermitteln, daß der Studenten-Aussch. etwa 2 Stimmen im Sold. Rat zu haben wünscht. Tr.
Arbeiter- und Soldatenrat.
a. Vertreter des Batallions:
Vorsitzender: | Jäger Poersch Jäger Erdenberger Jäger Gisler, Jäger Weishaupt, Vizefeldw. Hermann. |
b. Vertreter des Lazarettes: Landst[urmmann] Strathen
c. " der Studentenschaft: Steindorf
d. " " Arbeiterschaft: Schreiner Rösler
e. " " Bürgerschaft: Schreinermstr. Rose
f. " " Bahnhofskommandantur: Oberjäger Fischer.
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