Briefe eines Familienvaters von der Westfront (August 1917) und aus englischer Kriegsgefangenschaft (Juli 1919) an seine Frau.
Auszüge aus zwei Briefen eines Soldaten aus dem Jahre 1917 und dem Sommer 1919 an seine Frau
8. August 1917 [an der Westfront]
[...] Man hat zu nichts mehr Lust, alles ekelt einen an. Der Krieg geht eben zu lange und so gar keine Aussichten auf irgendwelche besseren Zeiten. Man munkelt schon wieder von einer Ablösung. Wer weiß, wo es dann wieder hin geht. Daß man so gar kein Verständnis hat in den oberen Kreisen für Frieden. Dabei ist doch am Ausgang des Krieges nicht mehr zu zweifeln und kostet doch nur ungeheures Blut und wie manches Leid wird noch über so manche Familie kommen. [...] Dazu kommt noch das schlechte Wetter hier, jeden Tag Regen. Und dann ein Schmutz, man kann keinen Schritt gehen, ohne daß man Stiefel anzieht. Dazu kommt noch so mancherlei Ärger. Heute haben sie mir ein Paar Strümpfe gestohlen. [...] Bei der Division, wo wir versorgt waren, gab es in den 6 Tagen nur 5 mal Rüben, dazu am letzten und vorletzten Tag Brot, wo man noch das reine Stroh daran fand. Dasselbe muß zu mindestens 50% Strohmehl enthalten haben. Man kommt sich manchmal so gar nicht mehr als Mensch vor.
27. Juli 1919 [aus britischer Kriegsgefangenschaft]
[...] Noch immer ist keine Aussicht vorhanden, daß wir wieder nach Hause kommen. [...] Ich habe keine Hoffnung mehr, daß es so bald sein wird. Vor Oktober rechne ich auf keinen Fall, glaube sogar, daß wir noch Weihnachten hier sitzen und warten werden, bis es unserer Regierung vielleicht gefällig sein wird, sich um uns zu kümmern. Die alte Regierung hat uns 4 Jahre was vorgemacht und die neue lügt noch mehr als die alte. Jedenfalls kommt eine Rückkehr der Gefangenen, ehe der Friede nicht von 3 Mächten ratificiert ist, überhaupt nicht in Frage. Du wirst ja nun wissen, was Du zu glauben hast. Jedenfalls ist alles, was die Zeitungen im Auftrag der Regierung über die Rückkehr der Gefangenen bisher geschrieben haben, Schwindel. Unserer Regierung liegt bei den gegenwärtigen Verhältnissen gar nichts daran, 800 000 Menschen mehr im Lande zu haben. Dies ist der Dank des Vaterlandes.
[Der Soldat wurde Ende Oktober 1919 aus der englischen Gefangenschaft entlassen.]
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