Der Bibliothekar Otto Böckel, der einen eigenen Verlag und eine Zeitschrift zur Verbreitung seiner antisemitischen Gedanken gründete, konnte 1887 das erste Reichstagsmandat seiner Partei erringen.
Auszug aus Otto Böckels Rede "Die Juden, die Könige unserer Zeit"
[...] Die Judenfrage steht über den politischen Parteien; sie ist eine nationale Frage, die jeden Deutschen ohne Unterschied der Confession und der Parteirichtung berührt. Ob konservativ, liberal, fortschrittlich oder ultramontan, alle sind sie von den Juden bedroht. Es ist ein großer Fehler der antisemitischen Bewegung gewesen, daß sie sich in das Fahrwasser der Parteien hat herabziehen lassen: von dem Tage, wo der Antisemitismus in's Schlepptau der Conservativen gerieth, datirt der von den Juden so oft vorgeführte Rückgang der antisemitischen Bewegung. - Diesen Fehler müssen wir heute gut machen, wir müssen den Antisemitismus frei von jeder Parteirichtung predigen; jeder Deutsche ist bei der Judenfrage interessirt, nur durch Mitwirkung von Männern aller Parteien kann sie gesetzlich gelöst werden.
Man hat viel darüber gestritten, wie eine Lösung der Judenfrage zu denken sei. Nun, mit einem Schlage werden solche brennenden Fragen überhaupt nicht gelöst. Aber der Weg zur Lösung ist deßhalb doch recht wohl findbar. Jede Lösung der Judenfrage muß damit beginnen, daß staatsrechtlich in die Verfassung anerkannt wird: Es giebt in Deutschland zwei verschiedene Nationen: Deutsche und Juden; erstere sind die Herren des Landes, letztere sind Gäste, die zwar das Gastrecht, niemals aber das Recht der Herren besitzen dürfen. (Brausender Beifall)
[...] Der Schlüssel zur Judenfrage liegt in dem Umstand, daß die Juden eine fremde Race sind, die anders denkt, anders fühlt, anders handelt, als wir und in Folge dessen ganz naturgemäß auf anderen gesetzlichen Boden gestellt werden muß. Ueber den Begriff der Race kommen wir mit aller "Hummanität" nicht hinaus; Blut ist kein Wasser, Völker und Staatsmänner, die nicht mit den in der Natur begründeten Raceverhältnissen rechnen, gehen an diesem Mißverständniß zu Grunde.
Ein solches Mißverständniß war die Judenemancipation. Man glaubte stillschweigend annehmen zu können, daß ein Jude ein Deutscher sei oder werden könne. Man ordnete die staatsmännische Klugheit und Vorsicht allgemeinen Betrachtungen unter und schuf auf diese Weise traurige Verhältnisse, die ein kluger Politiker voraussehen konnte. War doch selbst der sehr freisinnige Volkstribun Hecker ein Gegner der Judenemancipation, die er für ein Unding erklärte! Wir haben heute an dem Fehler der Judenemancipation schwer zu tragen. [...]
Im Parlament muß die Judenfrage immer und immer wieder diskutirt werden, bis das ganze deutsche Volk die Aufhebung der Emancipation nicht mehr als "Intoleranz", als "Verfolgungswahn", sondern als zwingende Nothwendigkeit zur eigenen Rettung ansehen lernt. Wir in Hessen werden vorangehen; bei der Reichstagswahl im Herbst 1887 werden wir in 7 Wahlkreisen reine und unverfälschte Antisemiten aufstellen. Gottlob, wir sind nicht ohne Aussicht. Wir müssen und werden in einigen Kreisen durchberchen. (Brausender Beifall) Unterstützen Sie in Berlin uns bei diesem schweren Kampf für's Vaterland. (Jubelnde allseitige Zustimmung) Wenn wir in Hessen gesiegt haben, dann kommt auch die Befreiung Berlins vom Judenjoche an die Reihe. (Allgemeiner Beifall) Lassen Sie mich zum Abschied Ihnen noch die Versicherung zurufen, daß wir in Hessen nicht wanken und die Fahne hochhalten werden. (Beifall) Stehen auch Sie in Berlin einig zusammen, unsere Sache ist noch nicht verloren, nur seien Sie einig, einig. (Minutenlang andauernder Beifall. Brausende Hochrufe)
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