Der geistig etwas verwirrte Hermann Range, Angestellter bei der westphälischen Verwaltung in Rollshausen, versucht sich auf seine Weise am Aufstand gegen die westphälische Herrschaft zu beteiligen. Er läßt den vorliegenden fingierten Brief des Kurfürsten aus Prag verbreiten.
Ein angeblicher Brief des Kurfürsten aus der Emigration
Einen günstigen gruß zu vor.
Meine liebwerdeste Freunde, ich unterSchriebener bin überzeit [überzeugt] und habe in bewegung gepracht, das Sie meine unterThanen mit Recht getrey [getreu] gewesen sind. Bis daher, und meine liebe Kinder, so bleibet mir nun getrey, und follget meiner Stimme, so soll euch alles belohnt werden. Meine liebe Kinder, so will ich euch nun erinnern, daß ein jeder auf mer[k]sam ist und bedenkt, wo durch der Krieg seinen anfang hatt, wo durch als durch die Schwere abgabe der unterthanen, ist es anjetzo nicht in der gantzen welt so, rufet diß mein gebott in der gantzen Welt aus, wie unten erwent [erwähnt] ist und seit nun standthaft und unerschrocken, streitet nun tapfer um folgente Freiheit und Frieden, wie folget:
1tens: Die Freiheit besteht darin, daß euch sollen, meine unterthanen, erlaßen sein alle abgaben und dienste, sie mögen auch erdacht werden, wie sie wollen, sie mögen auch zu gehören, wem sie wollen. Ebenfals das Holtz Frey sein und alle Profeßionen. Auch die Brandeweins Brenner, über Haubt alle abgaben fallen mir ab und der Gemeinde zu, auch sollen durch die Hern Maire und Monicepahlrahte alles bestritten werden.
2tens: Sollen alle glieder in der Gemeinde verbunden sein, um diese Freiheit zu streiten und zu erlangen
3tens: Sollen die H. Maire eine jeder Gemeinde in Viertheile theilen. das Ersttheil ist, die am besten abkommen können, und so weiter.
4tens: Die Hr. Maire müßen ein Roll aufstellen, welche sich zu unteroffeziehr auch offeziehr schicklich sind, auch welche können bey die Erste glaße [Klasse] gehn, und auch die beyden andern Glasen bleiben.
5tens: Alle glieder der gemeinde, die ir Leben Verlieren, sollen, die hinterblie[b]nen sollen aus der Gemeinds Caße ernähret werden, auch die Eltern [...] sollen auch davon wieder vergütet werden.
6tens: Alle abgabe von stund an sollen aufgehört haben, Es sey Contribution oder Persenalsteier [Steuer] oder Consupsionsteier [...]. Sie mögen auch nahmen haben, wie sie wollen, sollen von stundt an nach dieser bekandmachung aufgehört haben, und wer es doch geben will und thuts, der soll hernach ohn verhör gleich todt geschoßen werden, die Hr. Maire und Monicebalität müste dan erlaubniß darzu geben, und wann dan die erlaunbniß darzu geben, die sollen ader alle verbrent werden ohne verhör mit ihrer gantze Vamiligen [Familie].
7tens: Was die H. Maire und Monicebalität, Vor einen wehlen zu einen unteroffecir oder offecir, der darff garnicht nein sagen, [...] es wird gar kein Vorwand gestattet.
8tens: Alle Glieder von 15 Jar bis zum Hohen alter sollen den Mairen Schweren (schwören), bey der Freiheit zu halten, und an welchen Mair es abgegeben wird, ehe er es den Monicibalrath vor laßen thut, müsen sie ihm Handgeliebniß thun, auch zu Schweren, wann es der Maire verlangt, (...) daß auch ja kein Constubirter folgt, alles komt zur Freiheit.
9tens: Der Jenige orths erheber, der wieder diese ver ordnung handelt, deßen straff ist gar nicht zu bestimmen, wie er soll behandelt werden.
10tens: Ich, Churfürstlicher Durchlaucht von Heßen, Ich rufe Meine Kinder, vor allem die es komt zu: seit standthaft, wan ihr meiner vorgeschriebene Regeln folgt, so denke ich nicht, daß ihr viel leid verliehren sollet. Vor gewehr sorget nicht, ich schaff auch gewehr genug, laß auch Spies machen, daß kein gavallerie kann einhauen, und etwas gewehr wird doch noch da sein, vor dem Verliehren last euch garnicht grauen, ich weiß gewiß, ihr gewint, und habt uhrsach, euch zu währen; es sind doch mehr unterthaner als Vorgesetzten, dan daß Schrabben der Vorgesetzen nimt sonst kein Ende.
11tens: Die Hr. Maire lesen den Eid vor: Ich gelobe und Schwere zu gott dem Allmächtigen, was mir jetzt ist vorgehalten worden, und ich wohl verStanden habe, nichts das geringste davon sage auch so lange, als sich mein Blut in mir reget, vor mich und meine nachkömliche, um die Freiheit zu streiten, und auch für die gantze Erde, getreulich nachkommen wolte, da zu hilf mir Gott unsers erlößers willen amen. Brach 17 ten Novemb. 1809
Cuhrfurst von Hessen
schreibt es ab
Nota Ein Jeder Maire schickt es versiegelt fort, aber ja nicht liegen gelaßen, sonst folgt die Straf, wie vor erwent [erwähnt] ist, dann wer diß geschrieben hat, und es liegen bleibt, der Steckt auch ein Hauß an, [...] ein jeder richte sich darnag.
Nota, solte ja ein Prediger oder Schullehrer Monicebalrath sein, und will ja dieses aufhalten, oder will es melten, die sollen mit ihrer ganzn Vamilige verbrent werden.
Eiligs zu besorgen
StAM Best. 265, 3. Nr. 26, Criminalgericht des Werra Dep. Marburg, Untersuchungsprotocoll. [Die von dem Märeadjoint Herrmann Range zu Rollshausen, Cantons Treysa geschehene Verfertigung und Verbreitung aufrührerischer Schriften und Proclamationen betreffend]. Die Zeichensetzung ist im obenstehenden Abdruck normalisiert, um das Verständnis zu erleichtern.
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