Transkription
Zevers, den 23ten Dezember 1870
Liebe Eltern und Frau!
Ohne einen Brief von Euch erhalten zu haben, seit dem letzten Geldbrief drängt es mich doch wieder einige Zeilen zu schreiben, weil ich weiß wie sehr Ihr auf Nachricht von mir wartet, und weil wier morgen auf Vorposten kommen, ich also in vier Tagen nicht schreiben kann, auch hat sich ein Ereigniß bei uns zugetragen, welches ich Euch gerne mitheilen möchte.
Wier sitzen nämlich den 21ten des morgens früh beim Kaffe trinken am Tisch, welcher am Fenster steht, auf einmal kommt eine Granate, und schlägt ober dem Fenster ein, und in dem selben Moment fliegen uns die Glasscherben um den Kopf, ebenfalls die Kaffe Tassen sammt dem Kaffe, so daß keiner den andern mehr sah, und ein wahres Wunder, daß wier so glücklich davon gekommen sind, eine Glasscherbe ist mier wieder den Arm geflogen, welcher so gleich anschwoll, jetzt aber schon wieder gut ist.
Acht Mann sind von unserm Battalion verwundet, außer den Civilisten.
Es sind noch wenige Häuser da, die nicht demoliert sind. Wier Niederkleer sind durch Gottes Hülfe noch alle gesund und munter.
Weiter weiß ich Euch keine Neuigkeiten zu schreiben, und will jetzt schließen, und ich empfehle Euch und mich dem Schutz Gottes, der mich nun schon so oft und wunderbar errettet hat.
Gruß an meine Schwiegerältern und Schwägerin und alle Freunde und Nachbarn. Und in der Hoffnung, daß mein Brief Euch bei guter Gesundheit antrifft, wie er mich verlassen hat, und daß Euch der Herr ein glückliches Neujahrs Fest feiern läßt,
Verbleibe ich Euer Fritz
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