Elisabeth-von-Thadden-Straße
von Amelie Wilhelm
Bedeutung der Person und der Straßennamensgebung in Marburg
Elisabeth von Thadden ist am 29. Juli 1890 in Ostpreußen genauer gesagt in Mohrungen, heutiges Polen, zur Welt gekommen. Im Jahr 1909 verstarb ihre Mutter. Von Thadden übernahm mit gerade mal 19 Jahren die Führung des Gutshaushaltes und kümmerte sich dazu noch um ihre vier jüngeren Geschwister. Aufgrund der Wiederverheiratung ihres Vaters zog sie 1921 nach Berlin, wo sie die sogenannte „soziale Frauenschule“ besuchte.
Nach ihrer Ausbildung arbeitete sie als Erziehungsleiterin im Kinderdorf Heuberg auf der schwäbischen Alb, 1925 wechselte sie an das Landerziehungsheim Schloß Salem.
Zwei Jahre später gründete Elisabeth von Thadden selbst ein evangelisches Landerziehungsheim für Mädchen im Wieblinger Schloss in der Nähe von Heidelberg, das bis heute besteht und Elisabeth-von- Thadden-Schule heißt.
Das pädagogische Konzept der Mädchenschule orientiert sich an der Reformpädagogik mit christlicher Prägung. Der Standort führte am Anfang des Krieges (1939) zu Problemen, weshalb die Schule nach Bayern verlegt wurde. Sie stand bis zur Verstaatlichung 1941 auch Externen, wie zum Beispiel jüdischen Schülern, offen. In Bayern kam es zu Vorfällen von Bespitzelung. Auf Anweisung der Nationalsozialisten (NS) wurde der Unterricht 1941 eingestellt. Der Unterricht entsprach nicht den nationalsozialistischen Vorgaben.
Wegen ihrer liberal-sozialen Einstellung gegenüber Juden und Andersdenkenden wurde Elisabeth von Thadden von der Mutter einer Schülerin denunziert. Sie hatte ihren jüdischen Schülerinnen und deren Familien geholfen, das Land zu verlassen. Auf der Geburtstagsfeier ihrer Schwester waren mehrere Spitzel anwesend, die daraufhin Anschuldigungen gegen den Solf-Kreis erhoben, in dem Elisabeth Mitglied war. Der Solf-Kreis war eine liberal-konservative Gruppe, die dem NS-Regime kritisch gegenüber stand. (1)
Die Widerstandskämpferin flüchtete vor der Anzeige und weiteren Beschuldigungen nach Meaux in Frankreich, um unterzutauchen. Jedoch gelang dies nur für drei Jahre, da sie am 12. Januar 1944 verhaftet wurde. Es folgten lange Verhöre, bis von Thadden schließlich im Sommer 1944 zum Tode verurteilt wurde. Im September des selben Jahres wurde sie im Konzentrationslager von Ravensbeck ermordet.
Elisabeth von Thadden ist nicht die einzige Widerstandskämpferin, die in Marburg mit einem Straßennamen geehrt wird. Am Stadtwald sind viele bedeutsame Widerstandskämpfer des 2. Weltkriegs zu finden, wie zum Beispiel Georg Elser, die Gruppe „Weiße Rose“ und Dietrich Bonhoeffer.
Anmerkungen
(1) Der Solf-Kreis war eine Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus, die von Regimekritikern der teils liberalen, teils konservativen deutschen Eliten getragen wurde. Er entstand aus ehemaligen Angehörigen des SeSiSo-Clubs, die sich zu Teegesellschaften in der Berliner Wohnung von Hanna Solf, der Witwe von Wilhelm Solf, zusammenfanden. Der Solf-Kreis leistete keinen aktiven Widerstand in Form eines geplanten oder versuchten Umsturzes. Er diente dem Meinungsaustausch von Regimegegnern und stand in Kontakt zu anderen Oppositionsgruppen in Wehrmacht und Auswärtigem Amt. Darüber hinaus gab es Verbindungen zu der kommunistischen Uhrig-Römer-Gruppe und zum Kreisauer Kreis, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Solf-Kreis.
Quellennachweis
https://elisabeth-von-thadden-schule.de/unsere-schule/elisabeth-von-thadden/lebenslauf (20.05, 17:40)
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_von_Thadden_(Widerstandsk%C3%A4mpferin) (20.05, 16:50)
https://www.marburg.de/portal/seiten/marburger-beruehmheiten-mit-strassennamen-900001879-23001.html (14.05, 14:25)
https://www.guestrow-tourismus.de/veranstaltungen/erinnern-an-elisabeth-von-thadden/ (22.05.22, 19:02)
Bildnachweis
Stolperstein für Elisabeth v. Thadden vor dem Haus Carmerstr. 12 in Berlin-Charlottenburg
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