Carl-von-Ossietzky Straße
von Nils Gischler
Die Carl-von-Ossietzky-Straße befindet sich im Marburger Stadtteil Stadtwald. Benannt wurde sie nach dem Publizisten, Freimaurer und Träger des Friedensnobelpreises Carl von Ossietzky (1889–1938); er starb an den Folgen der KZ-Haft. Unter den Nationalsozialisten verfasste er pazifistische, anti-monarchistische Artikel in seiner bekannt gewordenen Zeitschrift „Weltbühne“. (1)
Carl von Ossietzky. Ein pazifistischer Kampf
Jugend und Ausbildung
Am 3. Oktober 1889 wurde Carl von Ossietzky von Rosalie Marie und als Sohn von Carl Ignatius geboren. Er wuchs in Hamburg auf, bis kurz darauf im Alter von drei Jahren sein Vater stirbt. Da er es durch seine schlechten Noten in den naturwissenschaftlichen Fächern es nie schaffte, einen Realschulabschluss zu erhalten, blieb ihm eine akademische Laufbahn verwehrt.
Statt für Naturwissenschaften, hegte er immer eher ein Interesse für Literatur und so entschied er sich im alter von 17 Jahren dazu, sich für eine Stelle in der hamburger Justizverwaltung zu bewerben. Als er bei dieser angenommen wurde, begann er neben seiner Arbeit dort viele kulturelle Veranstaltungen zu besuchen und Gedichte zu schreiben.
Nur ein Jahr später, 1908, trat er der Deutschen Friedensgesellschaft und der demokratischen Vereinigung Hellmut von Gerlachs und Rudolf Breitscheids bei. Schon zu dieser Zeit zeigte sich die politische Orientierung Ossietzkys. Der Monismus war die in seinen Augen fortschrittlichste politische Richtung.
1911 schaffte er es zum ersten Mal sich bei einer Wochenzeitung „Das freie Volk“, einzubringen, welche das Publikationsorgan der demokratischen Vereinigung war. Am 19. August 1913 heiratete er seine Frau Maud Lichfield Woods, welche ihn bei seiner journalistischen Karriere unterschtützte.
Erster Weltkrieg
Auch Carl von Ossietzky wurde zu Beginn des Ersten Weltkrieges von der allgemeinen Kriegsbegeisterung mitgerissen. Von 1916-1918 wurde er an die Westfront geschickt. Seine eindringlichen Erlebnisse in Verdun brachten ihn dazu, zukünftig gegen den Krieg vorzugehen. So begann er nach Ende des Ersten Weltkrieges Artikel gegen die Romantisierung und Fortsetzung des Krieges zu schreiben.
Weimarer Republik
Er zog wenig später nach Berlin und wurde dort zum Generalsekretär der deutschen Friedensgesellschaft gewählt. Dies nimmt viel Zeit von ihm in Anspruch, weshalb er 1920 seine Stelle kündigte, um sich hauptberuflich dem Journalismus widmen zu können. Dafür fing er an bei der Berliner Volks-Zeitung zu arbeiten, bei der er von 1922-1924 der verantwortliche Redakteur war. Weiterhin hielt er an seinen pazifistischen Denken fest und engagierte sich in der „Nie wieder Krieg“-Bewegung.
Um Menschen die Möglichkeit zu geben, sich selber demokratisch und pazifistisch zu engagieren, gründete er mit einem weiteren Volkszeitungs-Redakteur (Karl Vetter) die Republikanische Partei (RPD). Da diese Partei unter den schon lange existierenden und etablierten Parteien wie der SPD oder KPD nicht genügend Anklang fand, um ein Mandat zu erhalten, wurde diese bald aufgelöst. Nach langjährigen Versuchen Siegfried Jacobsohns Carl von Ossietzky davon zu überzeugen, sich ebenfalls der Berliner Wochenzeitschrift „die Weltbühne“ anzuschließen, brachte Carl von Ossietzky 1926 erstmals einen politischen Leitartikel unter ihr heraus.
Nach dem Tod Jacobsohns wird von Ossietzky zum Chefredakteur der Zeitung ernannt. Als radikaler Vertreter des demokratischen Denkens wurde er zu einem Feindbild der Republikaner und Sozialdemokraten,
1929 wurde von Ossietzky zu einer 18-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt, da er in seinem Artikel „Windiges aus der deutschen Luftfahrt“ geheime Aufstellungen der Luftstreitkräfte der deutschen Reichswehr veröffentlicht hatte. Im Mai 1932 trat von Ossietzky die Haftstrafe an, welche aber schon im Dezember aufgrund einer Weihnachtsamnestie frühzeitig beendet wurde.
Nationalsozialismus
Am 28. Februar, der Nacht des Reichstagsbrandes, wurde er von der Gestapo verhaftet und erneut in das Berlin-Spandau Gefängnis gebracht. Nachdem er am 6. April in das KZ-Lager Sonnenburg überführt wurde, widerfuhren ihm, so wie auch den anderen Insassen, schwere Misshandlungen. 1934 wurde er in das KZ-Lager Esterwegen überführt.
Nobelpreiskampagne
Schon 1934 versuchten Freunde von Ossietzky ihn für den Friedensnobelpreis zu nominieren, was allerdings scheiterte, da die Antragsfrist bereits abgelaufen war.
Auch 1935 wurde Ossietzky der Nobelpreis nicht übergeben, da die nationalsozialistische Regierung einen starken Druck auf die norwegische Regierung ausübte. Der Preis wurde daraufhin keinem anderen übergeben. Die mittlerweile große Kampagne um Ossietzky sorgte dafür, dass der unter Tuberkulose leidende, mittlerweile schwerkranke, in ein Staatskrankenhaus in Berlin verlegt wurde.
Am 23. November 1936 wurde ihm schließlich der Nobelpreis des Jahres 1935 vergeben. Von der Regierung, selbst von Herrmann Göring, was Druck auf ihn ausgeübt worden, den Preis nicht anzunehmen. Schließlich jedoch nahm von Ossietzky den Nobelpreis an.
Kurz nach der Verleihung wurde er in das Krankenhaus Nordend verlegt, wo er schließlich am 4. Mai 1938 an den Folgen der schweren Misshandlung in der Haft und der Tuberkulose, die er sich in dem KZ-Lager zugezogen hatte, starb.
Persönliches Fazit
Carl von Ossietzky war einer von wenigen in Deutschland, die sich nicht von dem Strom haben mitreißen lassen, welcher letztendlich in das Verderben des Zweiten Weltkriegs führte. Er bildete sich nicht nur seine eigene Meinung, sondern kämpfte für seine Ansichten und dafür, dass der Frieden bewahrt wird.
In meinen Augen wurde er so zu einem Symbol für die Freiheit und dafür, seine Meinung zu äußern und für seinen Standpunkt zu kämpfen. Diese Aspekte gehören heute zur Grundlage der deutschen Demokratie. So ist er ein Vorbild, das auch für Menschen eine Bereicherung sein kann, die keine direkten Bezüge zu ihm haben.
Auch wenn Carl von Ossietzky also keine Verbindung zu Marburg hat, freue ich mich, dass diese Straße im Stadtwald nach ihm bennant wurde. Durch sie wird man daran erinnert, immer zu sich selbst zu stehen.
Fußnoten
(1) „Selbst in ihrer Hochphase hatte die Weltbühne nur eine geringe Auflage von rund 15.000 Exemplaren. Publizistisch drang sie dennoch durch. Beispiele dafür sind die Aufdeckung der Fememorde innerhalb der Schwarzen Reichswehr sowie Berichte über die heimliche Aufrüstung der Reichswehr, die später zum sogenannten Weltbühne-Prozess führten. Auch der von Tucholsky geprägte Satz „Soldaten sind Mörder“ führte zu einer Anklage gegen den damaligen Herausgeber Ossietzky.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Weltb%C3%BChne
Glossar
- Monismus: philosophisch-religiöse Lehre von der Existenz nur eines einheitlichen Grundprinzips des Seins und der Wirklichkeit
- „ Nie wieder Krieg“- Bewegung: Der Aktionsausschuss mit dem Leitmotiv „Nie wieder Krieg!“ konstituierte sich am 1. Juli 1920 unter dem Vorsitz des FdK. Er organisierte die jährlichen Großdemonstrationen des Antikriegstages, denen sich zahlreiche andere pazifistische Organisationen anschlossen.
- Die Republikanische Partei Deutschlands (RPD) war eine deutsche Kleinpartei, die nur 1924 öffentlich in Erscheinung trat.
- Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ist die älteste parlamentarisch vertretene Partei unseres Landes. Im Kaiserreich war sie die politische Vertretung der Arbeiterbewegung und wurde von der Regierung verfolgt.
- Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) entstand am Jahresende 1918 aus einem Zusammenschluss des Spartakusbundes mit kleineren linksradikalen Gruppen. Ihr Ziel war die Errichtung des Kommunismus in Deutschland.
- Der Reichstagsbrand war der Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933. Der Brand beruhte auf Brandstiftung. Am Tatort wurde Marinus van der Lubbe festgenommen.
- Hermann Göring war ein führender deutscher nationalsozialistischer Politiker und Kriegsverbrecher. Ab Mai 1935 war er Oberbefehlshaber der Luftwaffe. Ab 1936/1937 übernahm er die Führung der deutschen Wirtschaft und des Reichswirtschaftsministeriums.
Quellen
- https://www.freimaurer-marburg.de/index.php?option=com_content&view=article&id=7&Itemid=9 (26.05.2022)
- https://www.ndr.de/geschichte/koepfe/Carl-von-Ossietzky-Ein-mutiger-Pazifist,carlvonossietzky100.html (31.05.2022)
- https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/biografien/personenverzeichnis/biografie/view-bio/carl-von-ossietzky/ (22.05.2022)
- https://de.m.wikipedia.org/wiki/Carl_von_Ossietzky (31.05.2022)
- https://www.dhm.de/lemo/biografie/carl-ossietzky (31.05.2022)
Bildnachweis
Carl von Ossietzky als Häftling des NS-Regimes im KZ Esterwegen (1934)
https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_von_Ossietzky#/media/Datei:Bundesarchiv_Bild_183-93516-0010,_Carl_von_Ossietzky.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-93516-0010 / Walter Sohst, Heiner Kurzbein / CC-BY-SA 3.0), 11.07.2022
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