Platz der weißen Rose
von Juliane Gerlach
Wir befinden uns im Jahre 1942/1943: in der Zeit des Schreckens, der Angst und Ungewissheit
Doch trotz Krieg und NS-Zeit gab es mutige Widerstandsgruppen, die ihr Leben in Kauf nahmen, um für Wahrheit, Freiheit & Gerechtigkeit zu kämpfen
„[Weil] ich bestrebt sein wollte, als Staatsbürger dem Schicksal meines Staates nicht gleichgültig gegenüber zu stehen, entschloss ich mich, nicht nur in Gedanken, sondern auch in der Tat meine Gesinnung zu zeigen.“
Hans Scholl
Verhörprotokolle München, 20. Februar 1943
Die weiße Rose, einer der bekanntesten Widerstandsgruppen (1941-1943), Kernmitglieder waren die Geschwister Scholl, sowie Christoph Probst, Alexander Schmorell und Willi Graf, Hinrichtung dieser fünf erfolgte 1943 unter anderem wegen Verteilung von Flugblättern und Ermutigung der deutschen Bürger zum Widerstand
Was war die weiße Rose?
Die weiße Rose war eine der bekanntesten bürgerlichen Widerstandsgruppen in München zur Zeit des Nationalsozialismus. Mit deren Widerstand wollten sie ein Zeichen setzen und gegen das NS-Regime von Adolf Hitler, gegen den Unrechtsstaat, die Kriegspolitik und den Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgehen. Sie forderten die Nazidiktatur heraus und riskierten ihr Leben, auch wenn sie es nur minimal schaffen würden, ihre Ideale Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit zurückzuerobern.
Die Ursprünge des Namens dieser Widerstandsgruppe ist unbekannt, allerdings antwortete Hans Scholl laut Protokoll der Gestapo, die fragte wie er auf den Namen gekommen sei, mit diesen Worten:
"Ich ging von der Voraussetzung aus, dass in einer schlagkräftigen Propaganda gewisse feste Begriffe da sein müssen, die an und für sich nichts besagen, einen guten Klang haben, hinter denen aber ein Programm steht. Es kann sein, dass ich gefühlsmäßig diesen Namen gewählt habe, weil ich damals unmittelbar unter dem Eindruck der spanischen Romanzen von Brentano 'Die Rosa Blanca' gestanden habe."
Kernmitglieder & Gründer
Die weiße Rose war zu Beginn der Gründung eher ein Freundeskreis statt einer Organisation und bestand aus den Medizinstudenten Christoph Probst und Alexander Schmorell, welche Willi Graf und Hans Scholl während dem Studium 1941/42 an der Münchener Universität kennenlernten. 1942 begann auch Sophie Scholl, die Schwester von Hans, ihr Philosophie- und Biologiestudium und kam mit den Freunden ihres Bruders in Kontakt. Zu fünft trafen sie sich zu Lese- und Diskussionsabenden und besuchten gemeinsam die Vorlesungen des Philosophie-Professors Kurt Huber, der schon mit den Nazis in Konflikt geraten war und später ebenfalls ein aktives Mitglied der Gruppe wurde.
Die Geschwister Scholl
Hans Fritz (geboren am 22. September 1918) war zu Beginn seiner Jugendjahre Vertreter des Nationalsozialismus. Während seiner Gymnasialzeit in Ulm ist er Anhänger der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), betrat ein Jahr später die Hitler-Jugend (HJ) und übernahm dort gegen den Willen seiner Eltern eine Leitungsposition. Er nahm am Reichsparteitag der NSDAP teil und leistete nach seinem Abitur 1937 ein halbes Jahr Arbeitsdienst bei Göppingen. Sowohl der Arbeitsdienst, als auch der bei der HJ erfahrene Fanatismus und die Forderung nach bedingungsloser Unterordnung führten bei ihm allmählich zur Ablehnung des nationalsozialistischen Regimes. Durch den Beginn seines Medizinstudiums lernte er die regimekritischen Studenten Schmorell und Probst kennen und gründete 1942 die Gruppe.
Seine Widerstandsarbeit wurde durch Einsatz an der Ostfront unterbrochen. Doch gerade diese Erfahrungen und Eindrücke an der Front bestärkten ihn in seinem Widerstand, sodass er seine Arbeit in der Weißen Rose mit Rückkehr in München wieder aufnahm.
Sophie Magdalena (geboren am 9. Mai 1921) glaubte ebenfalls wie ihr Bruder an das von den Nationalsozialisten propagierte Gemeinschaftsideal und trat deshalb im Januar 1934 dem Bund Deutscher Mädel (BDM) bei. Die Werte, von denen dort gesprochen wurde, sprachen das junge Mädchen an: treu und gerade durch das Leben gehen und sich für die Gemeinschaft einsetzen. Auch sie engagierte sich somit in den Jugendorganisationen der NSDAP.
Der Prozess der Abwendung begann bei ihr ebenfalls aufgrund verschiedener Ereignisse: durch Eindrücke aus dem Arbeits- und Kriegshilfedienstes, die Lektüren christlicher Philosophen und den Bekanntmachungen mit Hans regimekritischen Freunden.
Flugblätter
Als junge Erwachsene wollten alle Mitglieder der Weißen Rose aktiv etwas gegen die Diktatur unternehmen. Zum einen, weil sie selbst als kritisch denkende Leute vom NS- Staat ungerecht behandelt wurden und zum anderen, weil sie als Soldaten an der Front und als aufmerksame Menschen in der Heimat sahen, wie verbrecherisch das Regime wirklich war. Deshalb wollten sie nicht mehr schweigen, sondern den Deutschen die Augen öffnen, sie wachrütteln und aufklären. Sie wollten die Wahrheit sagen und zum Widerstand gegen die Verbrecher ermutigen, damit sich der Krieg verkürzt und die Herrschaft der Nazis ein Ende nimmt.
Dazu verfassten die sechs Widerstandskämpfer Flugblätter mit einer Schreibmaschine, vervielfältigten diese und verschickten sie dann zu Tausenden, vor allem im Raum München und dem weiteren Umland, aber auch in österreichischen Städten. Papier, Druckerfarbe und Briefmarken für den Versand zu beschaffen war nur unter großen persönlichen Gefahren möglich, aber das nahmen sie auf sich.
Die letzten 5 Tage – ihr Schicksal
Durch das Schreiben und Verbreiten der Flugblätter riskierten die Mitglieder jeden Tag ihr Leben und es war nur eine Frage der Zeit bis sie gefunden und aufgedeckt wurden. Dies passierte im Februar 1943 und innerhalb von einigen Tagen mussten sie schließlich mit ihrem Leben bezahlen.
Donnerstag, 18. Februar 1943:
- Die zwei Geschwister Hans und Sophie Scholl betraten die Universität München mit einem Koffer gefüllt mit Flugblättern, die sie im Unigebäude auslegen wollten
- Dadurch, dass die Flure der Uni auf Grund von Vorlesungen leer waren, kamen sie gut voran und versendeten bis zu 1000 Flugblätter
- Als Sophie zum Schluss von der Balustrade des Lichthofs einen Stapel voller Flugblätter in die Tiefe warf, wurde der Hausmeister auf sie aufmerksam
- Er nahm sie mit, um sie kurze Zeit später der Gestapo, dem Geheimdienst der Nazi, zu übergeben
- Hans Scholl trug noch einen Zettel bei sich, bei dem es sich um einen von Christoph Probst formulierten Textentwurf für das nächste Flugblatt handelte
- Sophie und Hans gestanden bei der Befragung der Gestapo, dass sie mit den Nazis nichts zu tun haben wollen, aber nahmen die anderen Mitglieder in Schutz
Freitag, 19. Februar 1943:
- Verhaftung von Christian Probst durch die Gestapo
- Sophie gestand erneut, dass sie maßgeblich am Schreiben und Entwerfen der Flugblätter beteiligt war
Samstag, 20. Februar 1943:
- Nach erneutem Verhör von Hans Scholl durch die Gestapo gab er wieder an, alles alleine unternommen zu haben
- Er erklärte außerdem den Namen „Weiße Rose“
- Christoph Probst wurde ebenfalls verhört, erklärte das Vertrauen zur Deutschen Führung verloren zu haben und behauptete, dass der Entwurf des Flugblattes nicht zur Veröffentlichung gewesen wäre
Sonntag, 21. Februar 1943:
- Verhöre gehen weiter
- Alle jungen Männer der Weißen Rose wurden aus der Armee entlassen, um sie somit vor das damals oberste deutsche Gericht bringen zu können: dem Volksgerichtshof
- Persönliche Verurteilung der Widerstandskämpfer durch dessen Präsident Roland Freisler
- Der NS-Apparat arbeitete schnell und somit lagen noch an diesem Tag die Anklageschriften vor
Montag, 22. Februar 1943:
- Verhandlungssaal füllt sich mit Zuschauern und Anhängern Hitlers
- 10 Uhr betrat Freisler den Saal
- 45 Uhr Verkündung des Urteils: Bestrafung mit dem Tode
- Geschwister Scholl bekamen noch einmal Besuch von ihren Eltern, um sich zu verabschieden
- Um 17 Uhr begannen die Hinrichtungen; Hans Scholls letzter Satz: „Es lebe die Freiheit!“
Bis dorthin wurden nur die Geschwister Scholl und Christoph Probst zu Tode verurteilt, doch die Verfolgung der Weißen Rose und des Netzwerkes gingen weiter. Auch die letzten drei Kernmitglieder Schmorell, Huber und Graf wurden gefasst, verurteilt und hingerichtet. Weitere Helfer und Mitwisser wurden in den kommenden Monaten und Jahren zur Haftstrafe verurteilt.
Das sechste Flugblatt gelangte durch Widerstandskreise nach England und im Juli 1943 warfen alliierte Flugzeuge die Flugblätter über deutsche Städte ab, von denen auch welche in Marburg landeten.
Gedenkstätte in Deutschland & Marburg
Obwohl die Widerstandsgruppe und die Geschwister Scholl ihr Ziel, die Kraft aufzubringen und das Naziregime zu stürzen, nicht erreicht haben, gelten sie bis in die Gegenwart als symbolgebendes Beispiel für den Widerstand und stehen in einem darüberhinausgehenden Sinn für Mut, Willensstärke und Opferbereitschaft im Einsatz für humanistisch-demokratische Ideale für die Menschheit.
Deshalb wurden ihnen zur Ehre in ganz Deutschland – und auch hier in Marburg- Gedenkstätten errichtet, damit sie und ihre Taten nie in Vergessenheit geraten und wir immer daran erinnert werden für Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen.
Quellenverzeichnis
https://i.ytimg.com/vi/QMpY54Lcu7s/maxresdefault.jpg (21.5.22)
https://www.qsl.net/dl8gbk/weisserose/Ein_Deutsches_Flugblatt-Manifest_der_Muenchner_Studenten-1.jpg (21.5.22)
https://www.planet-wissen.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse_rose/pwiewissensfrage172.html (21.5.22)
https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Fe_Rose (21.5.22)
https://www.dhm.de/lemo/biografie/sophie-scholl.html (21.5.22)
https://www.dhm.de/lemo/biografie/hans-scholl.html (21.5.22)
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschwister_Scholl (21.5.22)
https://www.bpb.de/themen/nationalsozialismus-zweiter-weltkrieg/weisse-rose/ (21.5.22)
https://www.weisse-rose-stiftung.de/widerstandsgruppe-weisse-rose/ (21.5.22)
Anfragen zu Reproduktionen in hoher Auflösung und druckfähige Vorlagen erhalten Sie von der unter Bestand/Sign. genannten Einrichtung.