Krummbogen
von Finn-Louis Schmidt
Der heutige Krummbogen ist das Verbindungsstück zwischen Bahnhofstraße und Wilhelm-Röpke-Straße und damit sehr wichtig für die Verkehrsanbindung zum Hauptbahnhof.
Erstmals aufgetaucht ist der Name Krummbogen 1284 in einer anderen Form als „crumewach“ . Hierbei handelt es sich um einen Flurnamen, welcher sich vom damaligen Verlauf der Lahn, von der Furt auf Höhe des heutigen Hauptbahnhofs, bis Weidenhausen herleiten lässt.
Ab 1284 war der heutige Krummbogen eine der wichtigsten Straßen für den Gütertransport, da dieser ein wichtiges Verbindungsstück zwischen einer Handelsstraße und der Weidenhäuser Brücke war, welche direkt in die Stadt führte.
Hintergrund zum Krummbogen
1920 erfolgte auf Antrag des Ehrenbürgers Friedrich Siebert die Umbenennung des Krummbogens in Hindenburgstraße. Grund für die Umbenennung war die Ehrung Hindenburgs als „Schützer der Ostmark“ und „Sieger von Tannenberg“. Eigentlich sollte sich die Hindenburgstraße nahe der Straßen der Helden von 1870, wie Bismarck und Moltke befinden. Da dies dort jedoch nicht möglich war, wurde am 1. Oktober 1917 der Beschluss gefasst, den Krummbogen in Hindenburgstraße umzubenennen, da man dort auf die wenigsten Schwierigkeiten mit der Umbenennung stieß und man ohnehin eine größere Rolle für die Straße plante.
1936 wurden diese Pläne dann umgesetzt und der Krummbogen wurde zum Hindenburgring ausgebaut, welcher sich nun von der heutigen L3089 bis zur Bahnhofstraße erstreckte. Damit diente er nun auch als Verbindung zwischen Haupt- und Südbahnhof.Des weiteren bekam die Umbenennung in Hindenburgring durch den Nationalsozialismus mehr Aufmerksamkeit, da Hindenburg als Reichspräsident Hitler zur Machtergreifung verholfen hatte und als großer Feldherr perfekt in die NS-Ideologie passte.
Mit der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg und der daraus resultierenden Besetzung Marburgs durch amerikanische Truppen, folgte im Jahr 1945 die Rückbenennung des Hindenburgrings. Ein Teil bekam dabei erneut den Namen Krummbogen. Grund für die Rückbenennung war vermutlich Hindenburgs Haltung als Militärbefürworter, Monarchist und seine Taten als Reichspräsident, die ihn zum Wegbereiter für den Zweiten Weltkrieg gemacht hatten, da Hitler nach Hindenburgs Tod die alleinige Macht auf sich vereinigen konnte.
Dennoch war Hindenburg für die damaligen Bürger ein sehr geschätzter und angesehener Mann, mit welchem viele, insbesondere die Ostpreußen, noch Sympathien hatten, weshalb 1954 ein Antrag zur Wiederrückbenennung gestellt wurde. Begründet wurde der Antrag genau damit, dass Hindenburg immer noch viel Liebe, Ansehen und Sympathien seitens der Bürger genoss und die Stadt, in welcher diese wichtige Persönlichkeit der deutschen Geschichte begraben ist, eine Straße mit seinem Namen haben sollte. Dieser Antrag wurde allerdings abgelehnt, da Hindenburg als Reichspräsident in einer so kritischen Zeit Fehler gemacht hatte, welche verheerende Folgen hatten.
Wer war Hindenburg?
Paul Ludwig Hans Anton von Hindenburg wurde am 2. Oktober 1847 in Posen geboren, wo er auch insgesamt 4 Jahre zur Schule ging. Als Sohn eines Offiziers beschritt auch Hindenburg eine militärische Laufbahn, weshalb er von 1859 bis 1863 die Kadettenanstalt in Wahlstadt besuchte. Anschließend zog es ihn ab 1863 direkt auf die Hauptkadettenanstalt in Berlin. Durch seine militärische Laufbahn gewann der Name Hindenburg zunehmend an Bedeutung, weshalb er 1866 als Leutnant bei der Schlacht von Königgrätz und später im Deutsch-Französischen Krieg mitkämpfte. Unter Kaiser Wilhelm II. wurde Hindenburg 1877 in den Großen Generalstab und wenig später zum Hauptmann befördert. Mit der Zeit stieg Hindenburg weiter auf, ehe er 1911 als kommandierender General von Magdeburg (ab 1903) aus dem militärischen Dienst mit dem Schwarzen Adlerorden verabschiedet wurde.
Nach seiner Reaktivierung im Ersten Weltkrieg ging der Aufstieg Hindenburgs weiter und so bildete er, nach seinen großen Erfolgen im Krieg, zusammen mit Ludendorff die Oberste Heeresleitung, wodurch er die gesamte Kontrolle über die militärischen Streitkräfte hatte. Mit Ende des Krieges und der damit verbundenen Niederlage des Deutschen Reiches, verbreitete Hindenburg als Begründung für die Niederlage des Deutschen Reichs die Dolchstoßlegende, woraufhin er sich zurückzog, bis er am 26 April 1925 zum Reichspräsidenten gewählt wurde. Ein Amt, welches er bis zu seinem Tod am 2. August 1934 in Neudeck ausübte.
Was belastet Hindenburg?
Paul von Hindenburg hat als Reichspräsident und Feldmarschall viele Fehler gemacht, die immer wieder für Diskussionen um seine Person gesorgt haben und sorgen.
Der folgenschwerste Fehler war mit ziemlicher Sicherheit die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, womit er den Nationalsozialisten den Weg zur Machtübernahme ebnete und die Weimarer Republik untergehen ließ.
Ein weiterer Fehler als Reichspräsident war das Außerkraftsetzen der Grundrechte im Februar 1933 mittels der Reichstagsbrandverordnungen, in Folge derer es zu Verhaftungen von Gegnern der Nationalsozialisten kam.
Auch seine monarchistische Haltung steht für eine Tradition, die verhindert hat, dass es Frieden geben konnte, weshalb man diese hinsichtlich der Entwicklung unserer Gesellschaft zu einer Demokratie vergessen möchte.
Des weiteren war er auch derjenige, der nach der Niederlage des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg, die Dolchstoßlegende verbreitet hat, um die Niederlage zu erklären. Damit hat er jedoch eine unschuldige Zielgruppe zum Sündenbock gemacht, weshalb er mit verantwortlich für die Morde an diesen ist, die von aufgebrachten Bürgern begangen wurden.
Diese politische Lüge, die deutschen Soldaten seien eigentlich unbesiegt und hinterrücks von Demokraten und Juden erdolcht worden, hatte ebenso Einfluss auf die Politik der Nazis , denn diese Legende gab ihnen eine Zielgruppe, die jeder damals für den Verrat an ihrem eigenen Land hasste (Novemberverbrechen), wodurch die Nazis mit ihrer Politik gegen diese Gruppe von „Volksverrätern“ das Volk auf ihre Seite bringen konnten.
Was entlastet Hindenburg ?
Trotz seiner Fehler als Reichspräsident war Hindenburg, wie auch am Rückbenennungsantrag von 1954 zu sehen ist, ein geliebter und geschätzter Mann, was er seinen militärischen Erfolgen vor und im Ersten Weltkrieg zu verdanken hat.
Des weiteren sind seine Versuche Hitler als Reichskanzler zu umgehen, indem er, wie beispielsweise bei der Wahl am 31. Juli 1932, in der die NSDAP mit 37,4% der Stimmen zur stärksten Kraft gewählt wurde, durch das Notstandsverordnungsrecht den amtierenden Reichskanzler beibehielt, durchaus positiv zu erachten.
Auch bei der nächsten Wahl, in der Hitlers NSDAP erneut eine große Mehrheit der Stimmen erhalten hatte, umging er Hitler, da dieser keine parlamentarische Mehrheitsregierung bilden wollte, sondern ein Präsidialkabinett bevorzugte.
Mit diesem letzten Versuch wird deutlich, dass Hindenburg trotz seiner monarchistischen Haltung, die Weimarer Republik schütze, was zusammen mit den zeitlichen Umständen, mit denen er als Reichspräsident umgehen musste, seine Fehler relativiert.
Heutige Diskussionen
Bis heute ist die Personalie Hindenburg Gegenstand intensiver Diskussionen. Zwar haben viele Städte in den vergangenen Jahren ihre Straßen, welche nach dem ehemaligen Reichspräsidenten benannt waren, umbenannt, jedoch gibt es auch immer noch Straßen und Plätze, die seinen Namen tragen.
Aktuell wird beispielsweise in Mainz um die Umbenennung der dort liegenden Hindenburgstraße und des Hindenburgplatzes diskutiert, eine Diskussionen, welche jetzt schon seit geraumer Zeit läuft, jedoch noch keine Ergebnisse lieferte. Deshalb bleibt es abzuwarten, ob die Stadt Mainz es Frankfurt, München und Trier gleich tut und auch ihre Erinnerungen an Hindenburg entfernt.
Doch nicht nur in Mainz werden solche Diskussionen geführt, auch die Stadt Darmstadt führt seit 2004 Diskussionen um die Personalie Hindenburg und ist sich unsicher, ob dem ehemaligen Reichspräsidenten noch die Ehre eines Straßennamens gebührt. Deshalb hat die Stadt 2007 die Anwohner um ihre Meinung gefragt, wobei herauskam, dass 98% den Straßennamen behalten wollen. Dabei blieb es dann auch zunächst, bis am 8.5.2019 eine Mehrheit im Darmstädter Magistrat einer Umbenennung zustimmte und eine Umbenennung der Straße für das Jahr 2020 anstrebte, welche jedoch selbst im Jahr 2022 noch nicht umgesetzt wurde.
Auch in Marburg bleibt Hindenburg Gegenstand politischer Debatten. (1)
Uns werden wohl auch weiterhin Diskussionen um Hindenburg begleiten, da es immer unterschiedliche Meinungen zu dieser Person geben wird.
Fußnoten
(1) https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/streit-um-das-grab-von-paul-von-hindenburg-in-marburg-17909288.html 11.7.22, 14:24
Quellen
- https://archivschule.asprit.de/DE/forschung/kursprojekte/marburger-strassennamen/krummbogen.html
- https://www.welt.de/print/welt_kompakt/frankfurt/article131781195/Wie-stehen-wir-zu-Hindenburg.html
- https://www.swp.de/lokales/ulm/gruene-gegen-hindenburgring-28346554.html
- https://www.geschichtsforum.de/thema/hindenburgs-personlichkeit-und-rolle-im-ww-i-in-der-weimarer-republik-und-deren-ende.25909/
- https://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/513/der-korrupte-kriegsverbrecher-7275.html
- https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/weimarer-republik-346/332906/zerstoerung-der-demokratie-1930-1933/
- https://www.bpb.de/themen/erster-weltkrieg-weimar/ersterweltkrieg/
- https://www.youtube.com/watch?v=9D-Pcx5WMNA
- https://www.youtube.com/watch?v=ErSO_z2SYtE
- https://www.youtube.com/watch?v=CB7kYw60M1M
- https://www.youtube.com/watch?v=xbBPcwMrhrI
- https://www.bgr-darmstadt.de/2020/01/redebeitrag-zur-umbenennung-der-hindenburgstrasse/
- OP Marburg/Ostkreis vom 29.04.2022, S.4.
Bildnachweis
Bild 1 Krummbogen heute https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Krummbogen,_1,_Marburg,_Landkreis_Marburg-Biedenkopf.jpg
Bild 2 Paul von Hindenburg https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_von_Hindenburg#/media/Datei:Bundesarchiv_Bild_183-R17289,_Paul_v._Hindenburg.jpg (Bundesarchiv, Bild 183-R17289 / CC-BY-SA 3.0)
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