Die Truppen der preußischen Armee haben am Sonntag, den 13. Mai 1866 den Marschbefehl bekommen und sich aus dem Hauptquartier von Wetzlar verabschieden müssen. Auch Friedrich Ludwig aus Niederkleen verläßt ungewollt die Heimat.
Transskription
Westhoven, den 23ten Mai 1866
Liebe Eltern!
Ich ergreife die Feder um Euch zu schreiben, wo wir eigentlich aus Wetzlar hingekommen sind und wo wir uns jetzt herumtreiben. Am Sonntagmorgen um 7 Uhr sind wir am Wetzlarer Bahnhof eingestiegen und sind gefahren mit der Bahn bis nach Cöln, wo wir ausgestiegen sind und nach dem Dorf Westhoven, welches eine Stunde von Cöln entfernt liegt, einquartiert worden sind. die andern Companien liegen all weiter entfernt von uns, und man kann jetzt nicht mehr so zusammen kommen wie in Wetzlar. Mein Quartier liegt ganz dicht am Rhein, und man kann die vielen Dampfschiffe sehen, die täglich den Rhein auf und herunter fahren.
Es ist eine sehr schöne Gegend dort, schöne Frucht und schöne Weinberge, und doch gibt’s weiter nichts zu essen als Bohnen und Kommißbrot, was mit einem großen Messer wie ein Strohmesser in Stücke geschnitten wird. Ich und der Scheuer und Lenz liegen zusammen im Quartier, und das ist noch eins von den besten in dem Nest, was mit Recht so genannt kann werden, denn kein ordentlich Haus sieht man da nicht, und bei all ihrem vielen Beten und Plappern kommen sie zu doch nichts.
Ich war auch schon einmal zu Cöln und im Cölner Dom, und Ihr könnt Euch denken, wie ich erstaunt bin über solchen ein Kunstwerk. Wir werden wahrscheinlich bald wieder wegmarschieren und an die sächsische Grenze kommen, was mir sehr lieb wär‘, denn in der Gegend bin ich’s jetzt schon müd‘.
Ich hab‘ schon gehört, daß wir alsbald wieder demobil werden, und dann sehen wir uns, so Gott will, wieder.
Wenn Ihr mir nächstens schreibt, so schreibt Ihr auf den Brief die Adresse: An den Jäger Ludwig bei 4ten Companie Rheinisches Jäger - Bataillon Nr. 8 der 15. Division zugeteilt, Feldpostbrief.
In der Hoffnung, Daß dieser Brief Euch bei guter Gesundheit antreffen wird, verbleibe ich, Euer Fritz.
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