2. 180 Marburg 3593: Juden und Emigranten Bd. 3 1934-1943
Die Dokumente, die in diesem Ausstellungsraum zu sehen sind, stellen eine Auswahl aus der Landratsamtsakte 180 Marburg 3593 dar. In dieser Akte befindet sich Schriftwechsel des Landrats in Marburg aus den Jahren 1934-1943, der sich mit Juden und Fragen ihrer Rückkehr aus dem Ausland sowie ihrer Auswanderung bis hin zu den Deportationen befasst. Bei der Auswahl der Dokumente wurde darauf geachtet, sowohl die staatlichen Maßnahmen als auch Einzelschicksale aus dem Landkreis Marburg zu erfassen. Da nicht alle Dokumente im Rahmen dieser Einführung vorgestellt werden können, sollen einige zentrale Themen mit dazugehörigen und exemplarisch ausgewählten Dokumenten behandelt werden.
Ein erster Themenbereich ist die Rückkehr von Juden aus dem Ausland, welche ihnen zunehmend erschwert wurde. Im Jahr 1934 konnten sie, wie Ruth Spier nach ihrer Rückkehr aus Paris, vernommen werden, um festzustellen, inwieweit es sich um „Emigranten“ handelte (Dokumente 1, 1.1, 1.2, 1.3). Zwei Jahre später verfügte die Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Kassel in einem Schreiben vom 8. April 1936, dass Juden bei ihrer Rückkehr in „Schutzhaft“ zu nehmen seien (Dokument 12).
Ein weiterer Themenbereich ist die Auswanderung von Juden. Als ein Fall aus dem Jahr 1938 kann die Auswanderung von Adolf Hess aus Wehrda genannt werden, dem die Eintragung seiner Haftstrafe in sein Führungszeugnis erlassen wurde, um in die USA einreisen zu können (Dokumente 23, 23.1, 23.2, 23.3, 23.4, 23.5) [1].
Des Weiteren wurde regelmäßig erfasst, wie viele Juden aus welchem Grund fortgegangen bzw. angekommen waren. Durch die Verfügungen des Regierungspräsidenten in Kassel vom 13. Februar 1937 und 7. September 1937 (Dokumente 22, 22.2) war der Landrat in Marburg verpflichtet, die Zahlen für seinen Landkreis zu melden. Diese Listen für die Jahre 1937-1939 wurden in diesen Ausstellungsraum aufgenommen (Dokumente 22.1, 22.3, 22.4, 22.5, 22.6, 22.7, 22.8).
Schließlich sind die Deportationen ein zentrales Thema. Vollständig aufgenommen wurden die Deportationslisten, in denen nach Gemeinden in alphabetischer Reihenfolge geordnet die aus dem Landkreis Marburg deportierten Juden erfasst sind (Dokumente 33, 33.1, 33.2, 33.3, 33.4, 33.6, 33.7, 33.8, 33.9, 33.10, 33.11, 33.12, 33.13, 33.14, 33.15). Insgesamt gab es drei Deportationen aus dem Landkreis Marburg. Am 8. Dezember 1941 erfolgte die erste Deportation in ein Ghetto in der lettischen Hauptstadt Riga, wobei die Juden aus dem Landkreis Marburg zuvor in ein Sammellager nach Kassel gebracht worden waren. Die zweite Deportation am 31. Mai 1942 führte über Lublin in die Vernichtungslager Izbica/Sobibor [2] und die dritte Deportation am 6. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt [3].
Zum Ablauf der zweiten Deportation am 31. Mai 1942 gibt auch ein Schreiben von SS-Sturmbannführer Lüdcke von der Staatspolizeistelle in Kassel vom 22. Mai 1942 Auskunft, dem darüber hinaus eine Namensliste der deportierten Juden beigelegt ist (Dokumente 38, 38.1). Des Weiteren finden sich Angaben über die Vorbereitungen der dritten Deportation aus dem Landkreis Marburg am 6. September 1942 in dem Ausstellungsraum mit Dokumenten aus der Landratsamtsakte 180 Marburg 4830 mit dem Titel "Verhandlungen über die dritte Judenevakuierung aus Marburg 1942-1944" (Einführung in den Ausstellungsraum mit Dokumenten aus der Akte 180 Marburg 4830).
Bearbeitet von Katrin Rack
[1] Vgl. auch Händler-Lachmann, Barbara, Händler, Harald, Schütt, Ulrich, Purim, Purim, ihr liebe Leut, wißt ihr was Purim bedeut? Jüdisches Leben im Landkreis Marburg im 20. Jahrhundert, Marburg 1995, S. 195.
[2] Gottwaldt, Alfred und Schulle, Diana, Die "Judendeportationen" aus dem Deutschen Reich 1941-1945, Wiesbaden 2005, S. 211-213
[3] Für die Angaben zu den drei Deportationen vgl. Händler-Lachmann, Barbara, Händler, Harald, Schütt, Ulrich, Purim, Purim, ihr liebe Leut, wißt ihr was Purim bedeut? Jüdisches Leben im Landkreis Marburg im 20. Jahrhundert, Marburg 1995, S. 227. Siehe auch Gottwaldt/Schulle, Die "Judendeportationen", 2005 (wie Anm. 2)
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