Abitur Wilhelm II. 1876/77 in Kassel
Margret Lemberg, CIVIS GERMANUS SUM. Wilhelm II. und seine Zeit im Friedrichsgymnasium in Kassel, in: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, Bd. 61, Marburg 1997, S. 987-1016
Die vorliegende online-Publikation des Beitrags von Margret Lemberg erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Die Arbeitsstelle Archivpädagogik am Hessischen Staatsarchiv Marburg dankt Frau Dr. h.c. Lemberg für Ihre Unterstützung und Hilfe.
Margret Lemberg, CIVIS GERMANUS SUM [1] Wilhelm II. und seine Zeit im Friedrichsgymnasium in Kassel, in: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, Bd. 61, Marburg 1997, S. 987-1016
"Die Scheu [...] verschwand aber bald gänzlich vor der Liebenswürdigkeit, mit welcher der Prinz uns allen begegnete. [...] Er erzählte von seinen Erlebnissen, erkundigte sich teilnehmend nach den unsrigen und zog einige von uns in seinen näheren Umgang. [...] Die gewaltige gesellschaftliche Kluft, welche das Leben einst zwischen uns aufrichten musste, wurde gar nicht empfunden; wir fühlten uns als Kameraden."[2]
Mit diesen Worten beschreibt Johannes Schlichteisen das Verhalten des 15jährigen Prinzen Wilhelm, als dieser im Oktober 1874 als Schüler in die Obersekunda des Königlichen Gymnasiums in Kassel eintrat. Man darf jedoch den Anlaß und das Datum der überaus positiven Äußerungen nicht übersehen. Sie sind einer Rede entnommen, die Schlichteisen im Jahre 1889 gehalten hat: Wilhelm II. war erst seit wenigen Monaten Deutscher Kaiser, und Schlichteisen, der mit dem Prinzen in einer Klasse gesessen hatte, war stolz darauf, einen öffentlichen Vortrag über den jungen Kaiser halten zu dürfen, der ihn zudem in seinen näheren Umgang gezogen hatte.
Kritischer beurteilten die Lehrer den Knaben, als der eigene Vater, Kronprinz Friedrich, wenige Wochen nach dem Eintritt seines Sohnes in das "Lyceum Fridericianum" in Kassel der Schule einen Besuch abstattete. Die Lehrer rühmten, so der Kronprinz in einem Brief an seine Gemahlin, "sein natürliches zutrauliches Entgegenkommen, [sie] haben bis jetzt nichts Hochmütiges oder Selbstzufriedenes, wohl aber die Neigung, jedes einigermaßen günstige Urteil auszubeuten, wahrgenommen. Außerdem finden sie, daß er leicht von dem zu handelnden Thema abspringt und mit Redefluß auf andere Gebiete übergeht."[3]
Unabhängig davon, wie Mitschüler oder Erwachsene das Verhalten des jungen Prinzen beurteilten, der Besuch einer öffentlichen Schule durch einen Prinzen aus einem regierenden Haus war ein bis dahin nicht gekanntes Ereignis im Deutschen Reich. Es war selbst beim mediatisierten Adel üblich, die Kinder durch Hauslehrer erziehen und die Jungen als externe Schüler die Abiturprüfung ablegen zu lassen, wenn diese eine Universität in Preußen besuchen wollten. Wenn fürstliche Eltern mit heranwachsenden Söhnen einen Wert in einem Lernen mit Gleichaltrigen sahen, richteten sie für einige Jahre eine kleine Privatschule ein und forderten adelige Verwandte auf, ihre Knaben zusammen erziehen zu lassen, vergleichbar etwa mit den Ritterschulen des 17. und 18. Jahrhunderts. Entsprechend war die Aufregung groß, als der Entschluß des Kronprinzenpaars und des Erziehers Dr. Georg Hinzpeter publik wurde, die beiden ältesten Prinzen Wilhelm und Heinrich öffentlichen Schulen in der Provinz anzuvertrauen.
Nun ist es nicht die Absicht dieses Aufsatzes, die Erziehungsmethoden und politischen Intentionen der königlichen Eltern und des Prinzenerziehers auszubreiten; das hat John C. G. Röhl in seinem umfangreichen Buch "Wilhelm II. Die Jugend des Kaisers 1859-1888" ausführlich getan; hier soll nur ein von Röhl unbeachtetes Schriftstück näher untersucht und veröffentlicht werden, das der 17jährige Prinz höchstwahrscheinlich ohne die Hilfe seines Erziehers Hinzpeter oder eines anderen Erwachsenen verfaßt hat. Es ist sein für die Anmeldung zum Abitur im Januar 1877 geschriebener Bildungsgang, eine Art erste Selbstbiographie, wie ein Mitschüler diese Art der Darstellung so treffend bezeichnet hat. Normalerweise werden die Lebensläufe, Abiturarbeiten und Protokolle der mündlichen Prüfungen nicht derart lange aufbewahrt, doch die "Prinzenklasse" bedeutete eine solche Ausnahme, daß alle Akten der 17 Schüler bis heute im Hessisches Staatsarchiv Marburg liegen.[4]
Prinz Wilhelm besuchte, nach intensiven Vorbereitungen durch seinen Zivil-Erzieher Hinzpeter und durch die zukünftigen Lehrer des Gymnasiums in den Wochen unmittelbar vor dem Eintritt in das Gymnasium, ab Oktober 1874 die Obersekunda, wurde mit seinen Klassenkameraden Ostern 1875 in die Unterprima und Ostern 1876 in die Oberprima versetzt. Die unter ihrem Direktor Dr. Gideon Vogt gut geführte und viel besuchte Schule schaute auf eine stolze Vergangenheit zurück. Sie war am 23. April 1779 als "Lyceum Fridericianum" von Landgraf Friedrich II. gegründet worden und hatte die alte Lateinschule abgelöst. Nach internen Veränderungen 1822 wurde die Schule 1840 eine rein staatliche Einrichtung. Mit der Annexion Kurhessens im Jahre 1866 wurde die Schule der Aufsicht des Provinzialschulkollegiums unterstellt und erhielt die Bezeichnung "Königliches Gymnasium zu Cassel, genannt Lyceum Fridericianum". Sein Bildungsziel, der "auf menschliche Grundprobleme und Werte ausgerichtete humanistische Charakter", blieb unverändert erhalten. Die Pädagogen wie alle Gebildeten der Zeit waren davon überzeugt, daß nur von den großen römischen und griechischen Autoren grammatikalische und rhetorische Fertigkeiten, ästhetisches Feingefühl und ethische Werte zu lernen seien.[5]
Während der 2 1/2 Jahre am Königlichen Gymnasium wurde Prinz Wilhelm, wie die königlichen Eltern es ausdrücklich gewünscht hatten, wie jeder andere Schüler behandelt. Das schloß natürlich nicht aus, daß die Klasse vor dem Eintritt des Prinzen verkleinert - die sieben schlechtesten Schüler kamen in eine Parallelklasse - und der desolate Zustand des Klassenzimmers verbessert wurde. Doch der Anstrich der Wände, die besseren Möbel und das Waschbecken mit fließendem Wasser kamen ja auch den 16 Mitschülern zugute. Prinz Wilhelm mußte anfangs wie jeder neue Schüler auf dem letzten Platz sitzen und rückte seiner Leistung entsprechend auf den 10. Platz vor. Diesem Leistungsstand nach sind alle schriftlichen Arbeiten abgeheftet und ebenso die Zeugnisliste angeordnet worden; nicht alphabetisch an der Stelle von "P" wie Preußen, wie der Kaiser sich zu erinnern glaubte[6], sondern als Nr. 10 in der Reihenfolge der Gesamtbewertung erhielt der Prinz sein Abiturzeugnis. [Abbildung Nr. Abizeugnis ]
Auf allen anderen Gebieten herrschte natürlich wenig "Gleichheit": Prinz Wilhelm lebte anders, er hatte Dienstboten und einen Militär- und Zivil-Erzieher, er ritt im Sommer von Schloß Wilhelmshöhe hinunter in die Schule[7], sein Umgang war trotz aller Anstrengungen Hinzpeters ein anderer, alle Lehrer waren bestrebt, die Mängel des Knaben nicht zu auffällig zu machen und die sichtbaren Wissenslücken in Privatstunden zu schließen oder ihm sogar einen möglichen Vorsprung zu geben. Und trotzdem ist das Unternehmen "Kassel" und das Verhalten des Prinzen zu bewundern, begab er sich doch unter die Kontrolle einer Öffentlichkeit, die nicht durchweg wohlwollend eingestellt war. Hinzu trat, daß von ihm unabhängige Lehrer seinen Wissensstand beurteilten und gleichaltrige Knaben ausgiebig Möglichkeit hatten, ihn zu durchschauen. Außerdem nahm er eine Arbeitsbelastung ohnegleichen auf sich: Die Prinzen - Heinrich besuchte die Realschule in Kassel[8] - standen um 5.00 Uhr auf, Wilhelm erhielt noch vor Schulbeginn Privatstunden, um 8.00 Uhr begann der sechsstündige Unterricht, der bis 4 Uhr nachmittags dauerte, unterbrochen von einer zweistündigen Mittagspause, in der neben der Mahlzeit privat Fechten oder Reiten gelehrt wurde. Daran schloß sich der Privatunterricht in Französisch und Englisch, in Geschichte oder Nachhilfestunden an. Einladungen, das sogenannte Geschichtskränzchen, Essen mit geladenen Bürgern und Besuche im Kasseler Hoftheater schluckten den Rest an freier Zeit. Längere Ausritte, Schlittschuhlaufen oder Schwimmen waren genau geplante Ereignisse, da nur der Mittwoch- und Samstagnachmittag schulfrei waren. An diesen freien Nachmittagen erhielt Wilhelm Unterweisung im Zeichnen und mußte auf Hinzpeters Anregungen hin Kasseler Fabriken und andere Arbeitsstätten besichtigen und Arbeiterunterkünfte besuchen.
Vor diesem Hintergrund ist der 30 Seiten umfassende "Bildungsweg" des Prinzen [Abbildung Nr. Bildungsweg ] überaus interessant. Obgleich alle 17 Schüler denselben Auftrag erhalten hatten, nämlich bis zum 9. Oktober 1876 eine Selbstbiographie anzufertigen, gleicht natürlich kein Lebenslauf dem eines anderen Schülers. Nicht nur die äußeren Umstände waren jeweils andere - Herkommen, Beruf des Vaters, Wohnortwechsel, Schulbesuche, Reisen -, auch dieselben Ereignisse, nämlich die Kriege 1866 und 1870/71 und die bis dahin gemeinsam verbrachten 2 Schuljahre werden unterschiedlich gesehen. Und trotzdem ist den Bildungsgängen der Jungen aus bürgerlichen Häusern vieles gemeinsam, der Lebenslauf des Prinzen dagegen singulär. Viele der Jungen reflektieren die Erinnerungen an die Kindheit und den Einfluß der Erzählung der Erwachsenen auf ihr Erinnern, betonen den intellektuellen Einfluß des Vaters oder das Verwöhnen durch die Großeltern; wichtig ist ihnen auch, ob sie Geschwister und Spielgefährten hatten oder als Einzelkinder groß wurden. Sie sprechen über körperliche Schwächen, über Krankheiten, die sie wochen-, ja monatelang am Schulbesuch hinderten, und beurteilen genau den Unterricht bei ihren Privatlehrern - nur die wenigsten hatten in den ersten Jahren eine öffentliche Schule besucht.
Sie sind auch in der Lage, den Begriff "Bildung" aufzuschlüsseln und zwischen der Bedeutung der Natur (Wälder, Flüsse, Seen, Tiere) für ihre Entwicklung auf der einen Seite und der der Kultur auf der anderen zu unterscheiden: Theater, Museen, Baudenkmäler aber auch das eigene Klavierspiel empfanden sie als prägend. Auch die Blicke auf das Gymnasium und den behandelten Unterrichtsstoff sind bei allen unterschiedlichen Vorlieben der einzelnen Schüler ungewöhnlich ähnlich. Man gewinnt als Leser eine guten Überblick über den Lesestoff im Fach Deutsch (3 Unterrichtsstunden) (Lessing, Schiller, Goethe, viele Balladen, deutsche Sagen, Shakespeare in Übersetzung) und über die Methoden des Unterrichts in Latein (8 Stunden) und Griechisch (6 Stunden ab Untertertia), der aus viel Grammatik und Übersetzungsübungen bestand; aber die Jungen lasen auch, z.T. in Auszügen, bedeutende literarische Werke (Caesar, Sallust, Cicero, Ovid, Horaz, Homer, Sophokles, Demosthenes). Seltsamerweise spielen Mathematik und Physik - immerhin mit 6 Stunden in der Woche relativ gründlich unterrichtet - in den Lebensläufen kaum eine Rolle.
Die Identifikation mit den Inhalten des Faches Geschichte (Antike, Mittelalter, Dreißigjähriger Krieg) ist erstaunlich hoch. Das Erlebnis des Krieges 1870/71 überlagert jedoch alles; er hatte bei allen Schülern, die in der Zeit schon in Kassel gewohnt hatten, einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Das Gefühl für nationale Einheit dominiert; das geht so weit, daß einige eingestehen, die Ereignisse von 1866 (die Annexion Kurhessens durch Preußen) nachträglich in einem anderen Lichte zu sehen. Andererseits berichten sie jungenhaft begeistert von Siegesnachrichten, Truppentransporten am Bahnhof und der Gefangenschaft Napoleon III. auf Wilhelmshöhe. Gemeinsam ist ihnen auch ein gewisser selbstkritischer Blick für die eigene Leistung, ja eine leichte Ironie, wobei der Stolz auf einen guten Stand in der Klasse dem nicht widersprechen muß. Formal, nicht inhaltlich völlig aus dem Rahmen fällt der "Bildungsgang" eines Schülers mit Namen August Herzog; Herzog schreibt seinen gesamten Text in vierfüßigen Jamben und fügt noch lateinische und griechische Passagen ein. Zum Schluß bedenken die meisten den vergangenen Lebensabschnitt und machen sich Gedanken über ihre persönliche Zukunft. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die 17-18jährigen Jünglinge unterschiedslos, im Vertrauen auf die Verschwiegenheit der Schule, sich und ihr Werden "preisgegeben" haben.
Grundsätzlich anders liest sich die Darstellung des Prinzen. Anfangs gewinnt man den Eindruck, er bleibe aus Unvermögen bei Äußerlichkeiten stehen und sei unfähig, etwas über sich und seine geistige Entwicklung zu schreiben. Auch eine ärmliche Sprache mit ständigen Wortwiederholungen (machte) und leeren, übersteigerten Wendungen (herrlich, wunderbar oder einstmaliger, aber jetzt zerstörter Macht und Herrlichkeit) oder der für unsere Ohren hochtrabend klingende, vermutlich aber übernommene, häufig wiederkehrende Begriff: begann das Studium der lateinischen Sprache oder fing ich meine mathematischen Studien an, stören erheblich. Doch aus diesen ungelenken Formulierungen, der mangelnden Beherrschung der Interpunktion und der etwas altertümlichen Rechtschreibung (sehn, gehn, thun, marschiren, Kammerad) kann man mit einiger Sicherheit schließen, daß keiner den Text des Prinzen korrigiert oder gar geschönt hat[9].
Hat man jedoch den gesamten Text gelesen, wird einem klar, daß dieser besondere Schüler von klein auf lernen mußte, eine Rolle zu spielen, und unter der Devise auf seine 17 Lebensjahre zurückblickte, so wenig wie möglich von sich preiszugeben. So fällt kein Wort über seine qualvolle Kindheit und frühe Jugend, die fast einer Kindesmißhandlung gleichkam[10]. Durch einen Fehler von Geburt an war sein linker Arm lahm, er konnte, wie ein Kasseler Mitschüler berichtete, "nicht einmal ein Buch damit halten"[11]. Um diesem Arm Leben zu geben und dessen Wachstum zu stärken, erhielt schon der Säugling Massagen, kalte Bäder und Elektrisierungen; der Arm kam in eine Armstreckmaschine, man beugte das Gelenk und band den rechten Arm an den Leib des Kindes, damit er den linken zu gebrauchen lerne. Als der Prinz mit vier Jahren einen Schief- oder Drehhals bekam, wurde er täglich stundenlang in eine Kopfstreckmaschine gesteckt und schließlich der sogenannte "Kopfnicker" am Hals durchgeschnitten. Gravierende Gleichgewichtsprobleme zeigten sich ständig beim Gehen und Spielen. Diese körperlichen Schwierigkeiten wuchsen sich zum Trauma aus, da seine Mutter ihn nicht so akzeptieren wollte, wie er war. Sie schämte sich seiner, redete und schrieb über ihre Enttäuschung und zeigte keinerlei Verständnis für die normalen Überreaktionen des körperbehinderten, von Ärzten gequälten Jungen. Die übersteigerte Aufmerksamkeit, die sein "Fehler" auch optisch erregte, bewirkte Kompensationen unterschiedlicher Art: Der Prinz entwickelte ein übersteigertes Selbstwertgefühl, verhielt sich als junger Mann allen Familienangehörigen gegenüber überaus kühl und versuchte krampfhaft zu gefallen, was ja auch Schlichteisen ungewollt ausdrückt.
Wenn andere Jungen von Vater, Mutter und Großeltern und deren Einfluß schreiben konnten, verbot sich das für den ältesten Sohn aus der Ehe der englischen Prinzessin Victoria und des Kronprinzen Friedrich. Er litt ständig unter der Verachtung seiner Mutter allen preußischen Einrichtungen gegenüber; während der Prinz seinen Großvater, Kaiser Wilhelm I., verehrte, lehnte seine Mutter diesen liebenswerten und vornehmen "Soldaten" ab. Entsprechend ahnte Wilhelm, daß es einfacher war, gar nichts über die Familie zu schreiben. Genauso verfuhr er mit seinen zahlreichen Geschwistern. Da deren Existenz allseits bekannt war, konnte er sie übergehen. Was sie taten oder er ihnen angetan hatte, ging keinen etwas an. Der eigene Prinzenhaushalt und die häufig abwesende Mutter trugen auch nicht sonderlich dazu bei, die Atmosphäre einer gemeinsamen Kinderstube entstehen zu lassen.
Daß er England und seine häufigen Aufenthalte am englischen Hof oder auf der Isle of Wight nur unter dem Aspekt der See, der Schiffe und des Flottenwesens sah, wäre für einen normalen Jungen durchaus akzeptabel; der Sohn der englischen Königstochter Victoria jedoch sollte nach dem Willen seiner Mutter wie selbstverständlich die viel fortschrittlichere englische Machtverteilung zwischen Krone und Ober- und Unterhaus als eigenes Vorbild nehmen und die liberaleren Ideen der Eltern in Preußen und damit im neuen Deutschen Reich verwirklichen. Nichts davon spiegelt der Lebenslauf. Aus vielen Äußerungen weiß man zudem, daß die Erziehung seiner Mutter kontraproduktiv gewirkt hat, Wilhelm lehnte England ab. Hinzu kam, daß er sich durch die vielen Briefe seiner Mutter an Königin Victoria über ihn und sein Verhalten bloßgestellt und abgelehnt fühlen mußte. Doch andere Bemerkungen wirken wie ein Vorgriff auf seine spätere Leidenschaft für Nordlandfahrten (Kein Reiseziel erfreute mich mehr als wenn es ans Meer ging) und auf die forcierte Flottenpolitik des Deutsche Reichs (Ueberhaupt versuchte ich so viel ich nur konnte meine Kenntnisse in Bezug [auf] das Flottenwesen zu bereichern). Vermutlich ist der Ausbau der Flotte in Konkurrenz zu England weit stärker ein Beispiel für das "persönliche Regiment" des jungen Kaisers als allgemein angenommen.
Wer in großen Häusern, Schlössern oder Hotels lebt, wie der preußische Prinz, wird schwerlich in der Lage sein, naiv über den Einfluß von Feld, Wald und dem nahen Bach zu reflektieren, wie es die bürgerlichen Mitschüler taten, und sein Staunen über ein bedeutendes Bauwerk hielt sich entsprechend auch in Grenzen, wohnte er doch in einem Barockschloß mit klassizistisch ausgestatteten Räumen. Einen Anklang an die Begeisterung der Mitschüler findet man vielleicht bei seinen Beschreibungen der antiken Bauwerke Südfrankreichs, wobei vor allem der Cannes-Aufenthalt ihn beeindruckt haben muß. Auch die Reitstunden, die andere Schüler als etwas Besonderes erwähnen, sind für einen Knaben, der mit zwei Jahren sein erstes Pony geschenkt bekam, etwas Selbstverständliches.
Anders hingegen wirken seine Erinnerungen an seine durch die jugendliche Homer-Lektüre ausgelöste Begeisterung für die heldischen Krieger der Ilias und deren Waffen. Den Kriegsgott Ares lehnte er - trotz seiner Begeisterung für das Soldatentum - sicherlich deshalb ab, weil dieser in der griechischen Mythologie als brutal und mordlustig beschrieben wird; als Helfer im Krieg und edlem Kampf dienten Zeus oder Athene. Schade ist nur, daß Wilhelm hier, wie an anderen Stellen auch, die Zeitenfolge nicht eingehalten hat, so daß man anfangs geneigt ist, die Erzählung aus der Kindheit in die Kasseler Zeit zu verlegen. Daß sein Berufswunsch, ein Soldat zu werden, in eklatantem Widerspruch zu seiner Körperbehinderung stand - oder aber als Beweis einer perfekten Kompensation gelten konnte -, war ihm sicherlich nicht bewußt. Seine Mitschüler berichteten voller Bewunderung, welche Fertigkeit der Prinz mit seinem gesunden rechten Arm erreicht habe: Er könne schneller ein Gewehr laden, als sie mit zwei gesunden Armen[12]. Seine begeisterten Erinnerungen an den Deutsch-Französischen Krieg entsprechen durchaus denen seiner bürgerlichen Mitschüler, nur daß der Preußenprinz keine Truppentransporte am Bahnhof bewundern konnte, sondern, seinem Rang entsprechend, echte Trophäen bestaunen und beim Einzug in Berlin mitreiten durfte.
Selbst der Kulturkampf findet seinen Niederschlag im Bildungsgang mit Attacken gegen Rom. Es ist verständlich, daß Wilhelm als zukünftiger Kaiser sich mit den großen Herrschergestalten des Mittelalters identifiziert - Geschichte war bis in unsere Tage Fürstengeschichte -, doch für ihn verbindet sich mit Friedrich Barbarossa hauptsächlich der Gedanke, Päpste ein- und absetzen zu können[13]. Bei all seiner Hochachtung für das in seinen Augen "heile" Mittelalter und für das neue Reich ist es verwunderlich, daß er keine der großen Sedanfeiern, die er in Kassel miterlebt hat, erwähnt. Bei dem Festzug am 2. September 1875 trug er sogar die von seiner Mutter der Schule gespendete Fahne[14].
Am eindrucksvollsten klingen seine Sätze über Demosthenes. Zwar wirkt seine Aburteilung des Cicero und des Horaz etwas übertrieben, und man mag schon an die wütenden Verdikte des späteren Kaisers denken, doch die anderen Schüler urteilen in der Tendenz ähnlich, wenn auch dezenter, demnach wird sich hier vermutlich die Meinung eines einflußreichen Lehrers widerspiegeln. Seine emphatische Hymne auf den griechischen Redner ist deshalb so interessant, weil alle Zeitgenossen nach 1888 die rhetorische Begabung Kaiser Wilhelms II. anerkennen mußten. So klingen seine Formulierungen im Bildungsgang: alle Hindernisse, die sich ihm [Demosthenes] in den Weg stellten, besiegte er, wie eine Aufforderung zur Nachahmung. Und gerade Skeptiker, ja Gegner mußten dem häufig unüberlegt und geradezu taktlos wirkenden Kaiser zugestehen, daß er - wie Demosthenes - frisch von der Leber weg ohne Konzept reden konnte (klar, einfach, wahr) und bei seiner schnellen Auffassungsgabe in Minuten eine schwierige Sachlage erfassen und grandios "verkaufen" konnte. Daß Wilhelm II. genauso schnell das Interesse an einer Sache verlieren konnte, war eines der Hauptübel, mit dem schon Hinzpeter nicht nur in Kassel zu kämpfen hatte. Sein Erzieher ließ übrigens kein Mittel unversucht, um seinen Schüler zu einem Redner in der Nachfolge Demosthenes' auszubilden, denn noch in Kassel muß er anfangs nach Aussage eines Mitschülers, seines Freundes Siegfried Sommer, des einzigen jüdischen Schülers in der Klasse, "furchtbar rasch, dadurch undeutlich [gesprochen haben], auch mache er viel Gesticulationen dabei"[15]. Bei Diskussionsrunden mit Mitschülern, durch kleine Vorträge und Deklamationen übte der Prinz sich während der Kasseler Jahre mit Erfolg.
Zwei Passagen fallen jedoch deutlich aus dem Rahmen: Einmal ist es der Eintritt in die öffentliche Schule - hier wird der Prinz plötzlich zum unsicheren 15jährigen Jungen -, zum anderen die überlegte und überlegene Beschreibung seines Prag- und Wienbesuchs ein Jahr zuvor. Der 14jährige Knabe hatte seine Eltern im April zur Weltausstellung nach Wien begleiten dürfen, zum Ärger Hinzpeters, der das übersteigerte Selbstbewußtsein des Prinzen anschließend zu spüren bekam, und Wilhelm war sich der Rolle, die er zu spielen hatte, völlig bewußt. Den Kasseler Lehrern zeigte er, wie kenntnisreich er über die Stätten des Dreißigjährigen Krieges und über die damaligen Politiker reden konnte. Er benutzt sogar das stilistische Mittel eines Inneren Monologs. In Wien "spielte" er den zukünftigen Herrscher, indem er betont, er habe versucht zu lernen, seine Kenntnisse zu bereichern und [...] eine wichtige Freundschaft mit dem Kronprinzen Rudolf angeknüpft.
Völlig anders und vermutlich ohne Pose beschreibt der Prinz seine Angst vor der Schule: Denn ich sagte mir, daß ich nun unter hunderte von ganz fremden Knaben kommen, daß ich von ganz fremden Lehrern unterrichtet, und beurtheilt werden sollte; und fürchtete natürlich, ich möchte ihnen mißfallen, oder nur als halber Mensch angesehn werden. Genauso nachvollziehbar ist seine Unsicherheit beim ersten Auftritt vor der Klasse. Das peinliche Gefühl, für Augenblicke aus der Gruppe herausgehoben zu sein, kennt jeder normale Schüler. Doch wo hätte Prinz Wilhelm die Beherrschung einer solchen Situation gelernt haben können? Bisher war er in Potsdam der Einladende gewesen, und die adeligen Knaben oder Kadetten, die mit den Prinzen spielen durften, waren in Ehrfurcht erzogen. In Kassel war das gründlich anders. Der Prinz war der Neue und kam in eine geschlossene Gruppe. Die Darstellung in seinem Bildungsgang klingt deshalb durchaus überzeugend: Als nun endlich der Tag des Eintritts kam und ich mit meinem Ordinarius auf den Schulhof kam, da war es mir keineswegs wohl zu Muthe, und ich fühlte mich sehr unbehaglich. Denn ich wußte, daß Jedermann mich ansah und, wie die Welt es immer thut, nach dem Aussehn gleich das Urtheil fällte; und doch konnte ich keinem ordentlich ins Gesicht sehn, da ich noch dazu sehr blöd war. Aber beinah noch heißer wurde mirs zu Muthe, als der Herr Director mich in meine Klasse - die Obersecunda - führte und zu mir einige ermunternde Worte sprach, denn nun stand ich dicht vor den Knaben, und sie konnten meine Mängel und Fehler sehn. Wilhelm will hier sicherlich indirekt auf den Anblick seines lahmen, kürzeren Arms hinweisen, denn welche Fehler und Mängel hätte man ihm sonst ansehen können außer den Pickeln, die seine Mutter an ihm beklagte?
Doch nach dem bestandenen Abitur war in seinem Dank an den Direktor Vogt für eine Preisverleihung von Demut und Zaghaftigkeit wenig zu spüren. Prinz Wilhelm hatte eine der drei sogenannten Richterschen Denkmünzen für die würdigsten und fleißigsten Abiturienten erhalten. "Sie können sich nicht denken, welche Freude mir durch die Verleihung dieser Medaille bereitet wird. Ich weiß nämlich, daß ich sie verdient habe. Ich habe redlich gethan, was in meinen Kräften stand."[16]
Kein heutiger Leser mit dem Wissen um die Ursachen des Ersten Weltkriegs wird jedoch in der Lage sein, das Motto Wenn das Wort nichts nützt, dann entscheide das Schwert und den pathetischen Schluß ohne leichtes Schaudern zur Kenntnis zu nehmen. Doch sollte man gerechterweise versuchen, die Zeit um 1876 zu bedenken. Die Kriege, die Wilhelm in seinem kurzen Leben miterlebt hatte, waren beide in ihrem zeitlichen und örtlichen Umfang begrenzt gewesen und zudem für Preußen/Deutschland siegreich beendet worden, so daß für ihn - wie für die Zeitgenossen - die Vorstellung selbstverständlich war, daß "Krieg" ein legitimes Mittel der Politik sei. Das "Deutsche Reich" war gerade 5 Jahre alt und noch keineswegs zu einer Nation zusammengewachsen. Bisher verlangten die Regierungen von ihren Untertanen ein loyales Verhalten, keine nationale Identifizierung mit dem Staat. Zwar hatte Preußen durch Bevölkerung, Staatsgebiet und Wirtschaftskraft ein deutliches Übergewicht im Reich, aber eigentlicher Inhaber der Souveränität waren die verbündeten 22 Monarchen und 3 Städte, nicht das Volk. Der föderative Charakter der Reichsverfassung sah einen Kaiser und nur einen Reichminister, den Reichskanzler, vor. Demnach war Wilhelms Wunsch (der eines jeden Patrioten) aus seiner Sicht als zukünftiger Kaiser durchaus berechtigt. Auch der uns Nachgeborenen anachronistisch vorkommende Ausruf: Gott schütze unseren Kaiser! war in der damaligen Zeit der normale Abschluß jeder offiziellen Feier, vergleichbar mit "Gott erhalte Franz den Kaiser" oder "God save the Queen".
Der Bildungsgang des Prinzen Wilhelms von Preußen (Kassel, 9. Oktober 1876)
Editorische Vorbemerkung
Im Vorwort seiner Lebenserinnerungen "Aus meinem Leben 1859-1888"[17] nennt Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1926 als seine wichtigste Quelle für die Beschreibung seiner Kindheits- und Schuljahre seinen Lebenslauf (Curriculum vitae), "den ich gleich meinen Mitschülern im Oktober 1876, einige Monate vor unserem Abiturexamen, einreichen mußte. Ohne dieses Schriftstück könnte ich wichtige Abschnitte meines Werdens kaum rekonstruieren; ich führe es deshalb häufig an Stellen an, wo mir mein Gedächtnis keine Stütze bietet." Aus diesen Bemerkungen kann man schließen, daß Wihelm II. ein Konzept seines Lebenslaufes mit nach Doorn genommen hatte, denn das im Hessischen Staatsarchiv Marburg liegende Exemplar ist die Reinschrift[18].
Bei der nun folgenden Wiedergabe des Bildungsganges [Transkription M. Lemberg] wird durch das Druckbild gezeigt, welche Passagen der Kaiser benutzt hat - sie sind als angeblich wortwörtliche Übernahmen aus seinem "Curriculum vitae" in seinen Memoiren durch Anführungszeichen gekennzeichnet - und welche Sätze nur im Original stehen. Die linke, kursiv gedruckte Kolumne [in der Online-Version in Blau] ist der Text aus den Abiturakten, die rechte [in der Online-Version in Schwarz] die Version aus den Lebenserinnerungen. Die Passagen des Lebenslaufes des Abiturienten, die der Kaiser später unberücksichtigt ließ, werden hingegen in der ganzen Breite der Textseite abgedruckt.
Nicht nur die Tatsache, daß Wilhelm II. und sein Mitarbeiter recht großzügig mit der Quelle umgegangen sind, sie stilistisch geglättet und ganze Passagen ergänzt haben, in denen er auch seinen Bruder Heinrich erwähnt, ist interessant, noch aufschlußreicher sind die Partien des Lebenslaufes, die er als 68jähriger Mann übergangen hat. So fehlen die für seine Kasseler Lehrer gedachten Erklärungen bzw. Entschuldigungen, warum seine Kenntnisse nicht so sicher sind, als sie es hätten sein können. Auch die Beschreibung seines ersten Schultages in Kassel, aus der man seine Befangenheit und Unsicherheit ablesen kann, sind dem Erwachsenen vermutlich eher peinlich. Etwas seltsam mutet eine Fußnote des Kaisers mit folgender Formulierung an: "Ich kann diese Stellen heute nicht ohne stille Heiterkeit lesen", die sich auf eine Passage bezieht, die er 1927 ergänzt und nicht im Jahre 1876 als 17jähriger in Kassel geschrieben hatte, wie die Fußnote suggeriert.
Die Folgen des Kasseler Schulbesuchs
Nach dieser ausführlichen Beschäftigung mit dem Lebenslauf und dessen Abdruck im Vergleich mit den Passagen aus den "Lebenserinnerungen" des Kaisers in Doorn erhebt sich die Frage, ob der Schulbesuch in Kassel Spuren im Leben des Prinzen hinterlassen hat. Da ist einmal vordergründig die Freude des späteren Kaisers daran, seine Reden mit lateinischen Zitaten zu garnieren[20].Ernsthafter gesehen, basiert sicherlich sein großes Interesse an der Antike, speziell an Ausgrabungen in Korfu, auf dem langjährigen Unterricht im Griechischen und Lateinischen. Auch sein Engagement für die Bewahrung und Rekonstruktion der Relikte der Römerzeit im Reich zeigten mehr als normale Anteilnahme eines Regenten[21].
Vermutlich ist auch das anfängliche Eintreten des Kaisers für die Arbeiter und deren wirtschaftliche Lage auf Kasseler Fabrikbesuche zurückzuführen; er hatte im Unterschied zu vielen Fürsten seiner Zeit auf Hinzpeters Anregung hin Werkstätten von innen gesehen. Genauso wird es mit dem starken naturwissenschaftlichen Interesse gewesen sein, das der spätere Kaiser gezeigt hat. Hinzpeter legte großen Wert darauf, daß die Prinzen über den Unterricht hinaus über die Entwicklung der Technik belehrt wurden und von den neuesten Erfindungen auf dem Gebiet der Biologie und Physik erfuhren. Die ärmliche Ausrüstung der eigenen Schule versuchte Wilhelm zu verbessern, indem er dem Gymnasium im Schuljahr 1875/76 eine "Holtzsche Elektrisiermaschine mit vielen dazu gehörigen Apparaten schenkte"[22].
Außerdem ist dieser Schulbesuch in Kassel für die Akzeptanz der öffentlichen Schulen im Reich von besonderer Bedeutung, denn seitdem wurde es für die Söhne des höheren Adels üblich, ein Gymnasium zu besuchen. Das "Königliche Gymnasium zu Cassel" erlebte geradezu einen Boom von gräflichen und fürstlichen Schülern aus Hessen, Waldeck und den vielen kleinen Fürstentümern östlich der preußischen Provinz Hessen-Nassau.
Doch im Gegensatz zu diesen positiven Seiten steht es mit einem eigentlichen Dank des Kaisers an sein Gymnasium und an die damaligen Lehrer und ihre Unterrichtsmethoden nicht gut. Zwar hatte Wilhelm noch als Prinz am 100jährigen Bestehen des Gymnasiums im Jahre 1879 teilgenommen; es gab eine Fahne des Kaisers, Buchgeschenke für gute Schüler, Fotos und Gemälde der kaiserlichen Familie, ein Ruderboot, ein Stipendium und Einladungen der ehemaligen Lehrer auf Wilhelmshöhe. Doch seine Philippika, die er zur Eröffnung der Berliner Schulkonferenz im Dezember 1890 hielt, kam einer Aburteilung des Kasseler Gymnasiums gleich, da der Kaiser immer wieder betonte, er wisse, wovon er spreche, habe er doch eine solche Schule von innen gesehen.
Diese Rede vernichtete den Direktor der Anstalt, Gideon Vogt, bei dem der Kaiser griechische Poetik gelernt hatte, physisch und psychisch. Vogt faßte diesen Rundumschlag nicht nur als persönliche Kränkung auf; als die Presse im Reich sich genüßlich über das Kasseler Gymnasium hermachte[23], sah er zusätzlich den Ruf seiner guten Schule gefährdet. Wilhelms II. Kritik entzündete sich hauptsächlich an der Überbetonung der alten Sprachen; seiner Meinung nach sei der deutsche Aufsatz und die vaterländische Geschichte in den Mittelpunkt des Unterrichts zu rücken[24].
Um dieses Urteil besser zu verstehen, kann wieder der Bildungsgang helfen bzw. das, was ihm fehlt. Der Prinz spricht nämlich, im Gegensatz zu seinen Mitschülern, mit keinem Wort über den Deutschunterricht oder über die Privatlektüre deutscher Schriftsteller. In seinen Memoiren behauptete er in 50jährigem Abstand zwar, daß der Unterricht bei seinem zeitweiligen Klassenlehrer Dr. Heußner "etwas trocken"[25] gewesen sei, doch das kann nicht der eigentliche Grund gewesen sein. Vielmehr, so scheint es, hatte Dr. Heußner die undankbare Aufgabe zu erfüllen, dem selbstbewußten jungen Mann, dem es überaus schwer fiel, einen Fehler einzugestehen, ständig auf sein Unvermögen hinzuweisen, denn Heußner unterrichtete nicht nur in der Schule, sondern versuchte auch durch Nachhilfestunden in Deutsch und Latein den Prinzen für den Schulalltag zu befähigen.
Aus dem spröden, ungelenken Stil des Lebenslaufs und vor allem aus seinem Deutschaufsatz im Abitur (Parzivals Charakter in seiner Entwicklung[26]) [Abbildung Nr. DA ] läßt sich ermessen, wie schwer die Aufgabe gewesen sein muß, Wilhelm zu zeigen, daß er zwar mit Überzeugungskraft sprechen, aber weniger gut schreiben oder gar einen Gedanken konsequent verfolgen konnte. Der Prinz hat in seiner Abiturarbeit eigentlich nur den Inhalt des Epos wiedergegeben, von der charakterlichen Entwicklung Parzivals, wie andere Jungen sie einfühlsam niedergeschrieben haben, ist bei ihm nichts zu lesen. Aus der Antwort Heußners auf Fragen des Direktors, ob man es verantworten könne, des Prinzen wegen das Abitur bis zum 27. Januar zu "absolvieren", d.h. um einen Monat vorzuverlegen - Wilhelm wurde am 27. Januar 1877 volljährig -, läßt sich einiges über das Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer ablesen:
ad. 2. Da jedoch die deutschen Aufsätze von jeher eine schwache Seite dieser Classe waren und ganz besonders die Arbeiten des Prinzen Wilhelm selbst noch an erheblichen Mängeln leiden, [soll der deutsche Unterricht um eine wöchentliche Lehrstunde vermehrt werden.]
ad. 4 [Eine spätere Prüfung] für die Schüler, deren Kenntnisse jetzt noch besonders lückenhaft sind, abzuhalten, scheint mir nicht ratsam, da erstens Prinz W. selbst zu diesen letzteren zählt, seine Mitschüler dies wol wissen, und ihr Gerechtigkeitsgefühl eine völlige Gleichstellung in dieser Hinsicht verlangt[27].
Aber nicht nur das persönliche Unvermögen im Fach Deutsch lastete der junge Kaiser auf der berühmten Schulkonferenz dem Friedrichsgymnasium in Kassel an, sondern es trat zu der Überwindung eines privaten Traumas die deutlich formulierte Absicht, die Schule, d.h. die Fächer Deutsch und Geschichte, zu instrumentalisieren, um das Nationalgefühl schon im Klassenzimmer zu wecken, junge "Deutsche" statt junge "Römer" zu erziehen. Die berühmten Sätze, die solch weitreichende Folgen hatten, lauteten: "Wer selbst auf dem Gymnasium gewesen ist und hinter die Coulissen gesehen hat, der weiß, wo es fehlt. Und da fehlt es vor Allem an der nationalen Basis. Wir müssen als Grundlage für das Gymnasium das Deutsche nehmen; wir sollen nationale junge Deutsche erziehen und nicht junge Griechen und Römer. [...] Der deutsche Aufsatz muß der Mittelpunkt sein, um den sich Alles dreht. Wenn einer im Abiturexamen einen tadellosen deutschen Aufsatz liefert, so kann man daraus das Maß der Geistesbildung des jungen Mannes erkennen und beurtheilen, ob er etwas taugt oder nicht."[28]
Vermutlich hatte der Prinz nach seinem Abitur nie erfahren, wie sein Aufsatz beurteilt worden war, denn er sprach - ohne es zu wissen - sich 1890 selbst den Rang eines Mannes ab, der etwas taugt. Dr. Heußners Notenbegründung lautet nämlich:
Die Arbeit liefert keine recht eingehende und gründlich motivierte Charakteristik Parzivals. Manche Angaben sind nicht genau und selbständig, nicht Alles präzis und in rechtem Zusammenhang entwickelt. Einleitung und Schluß sind ungeordnet, die Darstellung nicht immer ganz genau. Die Interpunktion unsorgfältig. Doch verdient der Aufsatz im Ganzen noch das Prädikat befriedigend [29]. So waren auch meistens die Classenleistungen des Prinzen[30]. [Abbildung Nr. DA LETZTE SEITE ]
Die vom Kaiser auf der Schulkonferenz von 1890 außerdem geforderte verstärkte Behandlung der vaterländischen Geschichte sollte die Betonung der besonderen Leistungen seiner Vorfahren auf dem preußischen Thron hervorheben, um die sozialistischen Ideen schon in der Schule zu "untergraben". So forderte er vehement: "Sie [die Schule] muß die neue und die neueste Zeitgeschichte mehr als bisher in den Kreis der Unterrichtsgegenstände ziehen[31] [...] und der Jugend zum Bewußtsein bringen, wie Preußens Könige bemüht gewesen sind, in fortschreitender Entwicklung die Lebensbedingungen der Arbeiter zu heben, von den gesetzlichen Reformen Friedrichs des Großen und von der Aufhebung der Leibeigenschaft an bis heute. Sie muß ferner durch statistische Tatsachen nachweisen, wie wesentlich und wie konstant in diesem Jahrhundert die Lohn- und Lebensverhältnisse der arbeitenden Klassen unter diesem monarchischen Schutze sich verbessert haben"[32]
Mit dieser Tendenz begann eigentlich die Politisierung der Fächer Deutsch und Geschichte. Obgleich die geladenen Mitglieder der Schulkonferenz eher an organisatorischen Fragen interessiert waren (Vereinheitlichung der Höheren Schulen, einheitliche Reifeprüfungen, Universitätszugang auch für Absolventen der Realgymnasien), setzte die Schulbehörde einen Teil der kaiserlichen Wünsche zwei Jahre später in die Tat um: Der Deutschunterricht wurde im Gymnasium auf Kosten der alten Sprachen einheitlich auf drei Wochenstunden erhöht, mit dem Abitur des Realgymnasiums konnte man die meisten Fächer studieren, und vor allem die nach der Schulkonferenz erschienenen Lesebücher entwickelten sich fast zu nationalen Andachtsbüchern[33].
Alle "humanistischen" Gymnasien fühlten sich auf die Anklagebank gesetzt, das Königliche Gymnasium zu Kassel jedoch wurde in Zeitungsartikeln und pädagogischen Aufsätzen als böses Exempel herausgegriffen. Das pädagogische Porzellan, das der Kaiser zerschlagen hatte, versuchte die Schulbehörde in Berlin zu kitten. Hinzpeter, der als erfahrener Pädagoge ermessen konnte, was sein ehemaliger Schüler mit diesem Verdikt angerichtet hatte, trat direkt auf der Schulkonferenz in einer Rede für das in Verruf gebrachte Kasseler Gymnasium ein. Wie wichtig das Gymnasium diese Form der Ehrenrettung genommen hat, läßt sich aus dem "Programm vom Schuljahr 1890/91" erkennen. Hier heißt es: "Die Chronik des Friedrichs-Gymnasiums vom Schuljahr 1890/91 darf nicht mit Stillschweigen übergehen, daß eine Anzahl von Tagesblättern aus den Berichten über die Eröffnung der im Dezember 1890 in Berlin abgehaltenen "Verhandlungen über Fragen des höheren Unterrichts" Anlaß nehmen zu dürfen geglaubt hat, den guten Ruf des Gymnasiums in Bezug auf seine Lehrordnung und seine Leistungen in unterrichtlicher und erziehlicher Hinsicht herabzusetzen und die Amtsführung seines Direktors zu verdächtigen." In den dann folgenden Ausführungen betont die Schule, daß sie, wie alle Schulen, unter ständiger Aufsicht gestanden und stets die vollste Anerkennung der Behörden gefunden habe. Bisher habe man es nie für nötig erachtet, einen offiziellen Bescheid zu veröffentlichen; doch in der augenblicklichen Situation hielte man es für angemessen, ein Schreiben des Unterrichtsministers den Eltern mitzuteilen.
In diesem Brief autorisiert das Ministerium die Kasseler Schule, Auszüge aus der Rede des ehemaligen Prinzenerziehers Hinzpeter vorab zu veröffentlichen. Dort hieß es u.a.: "Meine Herren, nach den erstaunlichen Beschreibungen der Gymnasien, [...] die wir hier haben anhören müssen, glaube ich, wäre es der richtige Moment, über ein Experiment, was ich zu machen berufen war, zu berichten. Ich meine das s. Z. so vielberedete Experiment, den Thronfolger des deutschen Reiches auf die Schulbank zu bringen. Als es sich in den 60er Jahren darum handelte, den Weg vorzuzeigen, den die Erziehung des damaligen jungen Prinzen Wilhelm zu nehmen hatte, da wurde als Prinzip aufgestellt, es solle die Erziehungsweise gewählt werden, die die sicherste Gewähr biete für eine harmonische Ausbildung der Geisteskräfte des jungen Knaben mit Beiseitesetzung jeder andern Rücksicht, die früher hätte vorwalten dürfen. Es konnte kein Zweifel darüber bestehen, daß zur Erreichung eines solchen Zieles nur die altklassische Gymnasialbildung gewählt werden könne, die so vielen Generationen der herrschenden Klasse die höchste Bildung hatte gewähren können. [...] Er sollte dort suchen die strenge Disciplin des Geistes, die der altsprachliche Unterricht der Gymnasien allein imstande schien zu gewähren, er sollte suchen eine gewisse Übung in der Lösung geistiger Aufgaben und ein gewisses Streben nach wahrem Erkennen und Wissen. Daneben hoffte man auch, es solle sich ihm dort eine historische Weltanschauung ausbilden mit einem gewissen Verständnis für die Verhältnisse seiner Zeit. - Ich will nichts ändern, nichts hinzufügen, ich möchte nur erklären: Alle Beteiligten haben s.Z. dankbar anerkannt und, soweit sie noch leben, erkennen sie es noch heute dankbar an, daß das Gymnasium zu Cassel an diesem doch sehr eigenartigen und sehr eigentümlich gestellten Schüler seine Schuldigkeit redlich gethan hat (Zustimmung), und daß es die großen Hoffnungen, die auf dasselbe gesetzt worden sind, in hohem Maße erfüllt hat (Beifall)."[34]
Anmerkungen:
[1] | Diesen lateinischen Satz rief Kaiser Wilhelm bei der Grundsteinlegung der Saalburg seinem Volk zu. Siehe: Kaiser WILHELM II., Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878-1918, Leipzig/Berlin 1922, S. 152. |
[2] | Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin-Dahlem (BPH) Rep. 53 A II Nr. 6a, fol. 2, 5; Vortrag von Dr. SCHLICHTEISEN: Kaiser Wilhelms II. Schulzeit, 1889, Abschrift. Zitiert nach: Y. WAGNER, Prinzenerziehung in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, Phil. Diss. Frankfurt 1994, S. 238. (= Europäische Hochschulschriften / 03). |
[3] | Zitiert nach: J. C. G. RÖHL, Wilhelm II. Die Jugend des Kaisers 1859-1888, München 1993, S. 240. |
[4] | StAM Best. 152 Nr.91, 93, 95, 99 und Best. 152 Acc. 1938/39 Nr. 1990 (Verwaltungsbericht). Herrn Archivoberrat Dr. Günter Hollenberg, Marburg, möchte ich dafür danken, daß er mich auf die einschlägigen Akten im Hessischen Staatsarchiv Marburg hingewiesen hat. |
[5] | 200 Jahre Friedrichsgymnasium, 400 Jahre Lateinschule, Kassel 1979, S. 24. |
[6]
| Kaiser Wilhelm II., Aus meinem Leben, 1859-1888, Berlin/Leipzig 81928, S. 141. Prinz Wilhelm erhielt folgende Noten auf seinem "Zeugnis der Reife": Deutsch = befriedigend, Lateinisch = befriedigend nach mündl. Prüfung, Griechisch = befriedigend nach mündl. Prüfung, Französisch = gut nach mündl. Prüfung, Religionslehre = gut nach mündl. Prüfung, Mathematik = befriedigend nach mündl. Prüfung, Geschichte und Geographie = gut nach mündl. Prüfung, Physik = im ganzen gut. Die ersten sieben Schüler waren von jeder mündlichen Prüfung befreit. - Siehe auch: "Ich bin Ich". Wilhelm II. - Kassel und das Friedrichsgymnasium, Geschichtswerkstatt am FG, Kassel 1992. - Herrn Dr. Volker Losemann, Marburg, möchte ich für Informationen über das Friedrichsgymnasium in Kassel danken. |
[7] | Yvonne Wagner sieht darin eine "Ernüchterung", die Hinzpeter seinem Zögling bereitete. Der Prinz war ein begeisterter Reiter und der Ritt von Wilhelmshöhe eher ein Vergnügen. Wilhelm und Heinrich verfügten über 4 Reitpferde und 2 Wagenpferde. Hier, wie an anderen Stellen, fällt es der Verfasserin sichtlich schwer, nicht von heute aus zu denken. Auch ihre Bemerkung, Hinzpeter "brachte weitere Vorteile in Erfahrung", nämlich daß sich Wilhelmshöhe als Sommerresidenz eigne, macht lächeln. Hinzpeter brauchte nicht "in Erfahrung" zu bringen; er hatte schon drei Jahre vorher, 1871, mit den Prinzen dort gewohnt. |
[8]
| In der "Realschule erster Ordnung" wurden neben Latein auch die modernen Sprachen und Naturwissenschaften gelehrt. Nach 6 Jahren erwarb ein Schüler das sogenannte "Einjährige", nach weiteren drei Jahren das Recht, eine Bau- oder Bergbauakademie zu besuchen und einige philologische Fächer an einer Universität zu studieren. Erst 1882 wurden die Lehrpläne revidiert und neben dem Gymnasium das Realgymnasium und die lateinlose Ober-Realschule eingeführt. |
[9] | StAM Best. 152 Nr. 91: Am 2. Dezember 1876 läßt der Vater, Kronprinz Friedrich, bitten, den Bildungsgang (curriculum vitae) seines Sohnes sehen zu dürfen. |
[10] | Der Kaiser nennt in seinen Lebenserinnerungen (Aus meinem Leben, S. 31) dieses körperliche Gebrechen und die Versuche der Heilung durchaus beim Namen, "die das einzige Ergebnis hatten, daß ich in schmerzvollster Weise gequält wurde". |
[11] | SCHLICHTEISEN, wie Anm. 1, zitiert nach: RÖHL S. 239. |
[12] | Ebenda. |
[13] | Die Lehrer berücksichtigten übrigens seine Begeisterung für Friedrich Barbarossa und prüften ihn im mündlichen Abitur in Geschichte u.a. über Barbarossa. StAM Best. 152 Nr. 93. |
[14]
| Königliches Gymnasium zu Cassel, Programm vom Schuljahr 1875/76 [...], Cassel 1877, S. 6. - Siehe auch: W. v. HENDRIKS, Prinz Wilhelm von Preußen. Ein Fürstenbild dem Deutschen Volke gewidmet, Berlin 1888, S. 21: "Und als sich den 1. September die Gymnasiasten an dem städtischen Festzuge hinaus nach der Karlsaue betheiligten, da trug Prinz Wilhelm die neue Fahne und schwenkte sie in Jugendlust inmitten seiner Kameraden." |
[15] | Siegfried Sommer an die Mutter und Schwestern, 10. November 1874, zitiert nach: RÖHL S. 235. Röhl bezeichnet Siegfried Sommer unzutreffend als "Klassenbesten"; tatsächlich nahm Sommer in der Reihenfolge der Gesamtbewertung der Abiturnoten den 13. Platz ein, d.h. er stand noch 3 Plätze unter Prinz Wilhem. Siehe die in der Reihenfolge des Leistungsstandes gedruckte Liste der Abiturienten in: Königliches Friedrichs-Gymnasium zu Cassel Programm vom Schuljahr 1876/77, S. 55f.; hingegen: J.C.G. RÖHL, Wilhelm II.: "Das Beste waere Gas!", Die Zeit vom 25. 11. 1994, S. 13 |
[16] | N.N.: Am Hofe Kaiser Wilhelms II., Berlin 1889, S. 11. |
[17] | Kaiser Wilhelm II., Aus meinem Leben 1859-1888, Leipzig 81928. |
[18]
| Weder im Haus Doorn, das die Archivalien des Kaisers ins Rijksarchief Utrecht abgegeben hat, noch im Rijksarchief Utrecht finden sich die für die Memoiren benutzen Unterlagen. Zwar gibt es einen Bestand Inv.nr. 241: Documents concerning "Aus meinem Leben", 1926-1928, doch er enthält nur Korrespondenzen und Zeitungsausschnitte; es sind ausschließlich Reaktionen auf das Buch des Kaisers. |
[20] | Siehe [Anmerkung 1] |
[21] | Die Rekonstruktion der Saalburg 1898-1907 wäre ohne die Unterstützung des Kaisers nicht möglich gewesen. Siehe: Die Römer in Hessen, Hrsg. D. BAETZ, u. F. R.HERMANN, Stuttgart 1982, S. 472. |
[22] | Programm vom Schuljahr 1875/76, S. 7. |
[23] | Festschrift für das 150. Jubiläum des Staatlichen Friedrichsgymnasium zu Kassel 1779-1929, Kassel 1929, S. 42. |
[24]
| Als Kaiser Wilhelm im Jahre 1901 davon erfuhr, daß ein Lehrer am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin seinen Primanern einen Hausaufsatz mit dem Thema gestellt hatte: "Die Beinstellung der Denkmäler in der Siegesallee", ließ der Kaiser sich vier Aufsätze kommen und versah sie mit wenigen, durchaus akzeptablen Randbemerkungen. Vermutlich hatte er befürchtet, die Schüler hätten sich in den Hausaufsätzen über seine von vielen bespöttelten "Puppen" mokiert. - Siehe dazu: R. E. HARDT, Die Beine der Hohenzollern, Berlin 1960. |
[25] | WILHELM II., Aus meinem Leben, S. 126. Dr. Heußner wurde übrigens Nachfolger Gideon Vogts, nachdem dieser aus Ärger über die Rede des Kaisers um frühzeitige Pensionierung nachgesucht hatte. |
[26] | StAM Best. 152 Nr. 95. |
[27] | StAM Best. 152 Nr. 91; Antwort Dr. Heussners auf den Brief des Direktors Vogt vom 14. August 1876, die Abiturienten-Prüfung vor dem 27. Januar 1877 abzuhalten. |
[28] | Verhandlungen über Fragen des höheren Unterrichts, Berlin, 4. bis 17 Dezember 1890, Berlin 1891, S. 71 f. - Siehe auch: H. J. FRANK, Geschichte des Deutschunterrichts von den Anfängen bis 1945, München 1973, S. 489-491. |
[29] | Nach der Note "im Ganzen befriedigend" kam sofort "mangelhaft". |
[30] | StAM Best. 152 Nr. 95. |
[31] | Da der Prinz erst in die Obersecunda des Gymnasiums eintrat, hatte er persönlich nicht wahrgenommen, daß die neue und neueste Zeitgeschichte, wie er in seiner Eröffnungsrede forderte, durchaus im Curriculum der Untersecunda auftauchte. Der Geschichtsunterricht in der Oberstufe sollte eher einen sogenannten "zweiten" Durchgang darstellen und stärker die Philosophie, Staatsform und Kultur vergleichend betrachten. |
[32] | Verhandlungen über Fragen S. 4. |
[33] | Die Träger dieser Ideen sammelten sich um die "Zeitschrift für den deutschen Unterricht", die Otto Lyon im völkischen Sinne über zwei Jahrzehnte leitete. |
[34] | Königliches Friedrichs-Gymnasium zu Cassel. Programm vom Schuljahr 1890/91 als Einladung zu der am 21. März 1891 abzuhaltenden öffentlichen Prüfung., Cassel 1891, S. 16 f. |
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