11. Der Kapp-Putsch
Der Kapp-Putsch der Rechten und linke Versuche, die Revolution weiter zu treiben
Zeitgleich mit der Radikalisierung von links, die sich im Frühjahr 1919 in einer reichsweiten Streikbewegung entladen hatte, formierte sich auch der Widerstand der radikalen Rechten gegen die Weimarer Republik. Organisatorisch bot das Lager ein buntes Bild. Seit Februar 1919 machten der aus dem Alldeutschen Verband hervorgegangene Deutsche Schutz- und Trutzbund, seit Oktober 1919 der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund mit antisemitischen Parolen gegen die „Judenrepublik“ mobil. Anklang fanden sie bei kleinen Selbstständigen, Angestellten und Beamten, vor allem aber auch in der DNVP und der Reichswehr, die seit dem Sommer 1919 überwiegend aus früheren Freikorps bestand.
Nach Inkrafttreten des Versailler Vertrags am 10. Januar 1920 gingen Teile der Reichswehr auf Konfrontationskurs zur Reichsregierung. Die Reduzierung der Heeresstärke, der Kriegsschuldparagraph und die Aussicht, dass Deutschland möglicherweise die alliierte Forderung nach der Auslieferung von „Kriegsverbrechern“ oder ihrer Aburteilung durch ein deutsches Gericht nachkommen könnte, brachten das Fass für sie zum Überlaufen. Am 13. März 1920 putschten unzufriedene Reichswehroffiziere und Freikorpsmänner sowie ultrarechte Politiker, die ein autoritäres Regime mit ständestaatlichen Zügen anstrebten, unter der Führung des ostpreußischen Generallandschaftsdirektors Wolfgang Kapp, des Kommandierenden Generals des Reichswehr-Gruppenkommandos I Berlin, Freiherr von Lüttwitz, und des Korvettenkapitäns Ehrhardt gegen die Reichsregierung. Da die Reichswehr eine neutrale Position bezog, sah sich die Regierung genötigt, Berlin zu verlassen.
Der am 15. März 1920 im Namen des Reichspräsidenten, der sozialdemokratischen Minister und des SPD-Parteivorstands proklamierte und unter Federführung der Gewerkschaften durchgeführte Generalstreik sowie die Verweigerungshaltung der Ministerialbürokratie nötigten die Putschisten, die sich auf keine einheitliche Massenbewegung stützen konnten, schon nach wenigen Tagen zur Aufgabe. Am 17. März traten die Anführer des Putsches zurück und flüchteten aus Berlin.
Auch in Hessen hatte die Arbeiterschaft prompt reagiert: Bereits am 13. und 15. März war es in Frankfurt und Offenbach zu Großdemonstrationen gekommen; in Darmstadt hatte sich die durch Putschgerüchte aufgeheizte Lage am 14. März erst beruhigt, nachdem die dort stationierten Reichswehrtruppen ihre Loyalität gegenüber der verfassungsmäßigen Regierung erklärt hatten. Am 16. März missbilligte auch der anfangs zögerliche Kasseler Oberpräsident das „unsinnige Vorgehen“ der Berliner Verschwörer.
Im Industrierevier an Rhein und Ruhr kam es Mitte März 1920 zur Machtübernahme durch die sogenannte Rote Ruhrarmee, den bewaffneten Arm einer weit über die KPD-Anhängerschaft hinausreichenden proletarischen Massenbewegung, die sich zunächst erfolgreich gegen die Sicherheitspolizei und die Freikorps zur Wehr setzte. Ab dem 2. April besetzte die Reichswehr das Ruhrgebiet und schlug die Insurrektion gegen die verfassungsmäßige Staatsgewalt mit drakonischer Härte nieder. Auch in Thüringen gingen Studenten- und Freikorps sowie aus Zeitfreiwilligen bestehende Reichswehrverbände gewaltsam vor. Traurige Berühmtheit erlangte der Gewaltexzess von Mitgliedern des Marburger Studentenkorps, die am 25. März 1920 im thüringischen Mechterstädt 15 Arbeiter erschossen.
Der Generalstreik hatte am Ende zwar wesentlich zum Scheitern des gegenrevolutionären Kapp-Putsches beigetragen und war insofern erfolgreich gewesen. Andererseits hatte er aber auch eine Eigendynamik entwickelt, der die Gewerkschaften und die Sozialdemokraten machtlos gegenüberstanden. Die radikale Linke hatte ihn in einen bewaffneten Kampf münden lassen, aus dem nicht die Arbeiterschaft, sondern das Militär als Sieger hervorging.
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