5. Das Ende der Nachkriegszeit
Die Jahre zwischen 1962/63 und 1966 markieren in vielerlei Hinsicht einen Epochenwechsel: Im politischen System der Bundesrepublik zeigten sich die Grenzen der autoritären Demokratie am deutlichsten in der Spiegel-Affäre im Herbst 1962. Diese Krise erschütterte die inneren Strukturen der Bundesrepublik wie kaum ein anderes Ereignis seit ihrer Gründung. Der plötzlich wieder zum Vorschein kommende Obrigkeitsstaat weckte tiefgreifende Zweie an er Stabilität der rechtsstaatlichen Ordnung. Zugleich aber erwies sich die öffentliche Meinung in einem bisher nicht gekannten Maße als ein Machtfaktor, dem sich die Regierenden nicht entziehen konnten. Adenauer hatte seine politischen Zenit jetzt endgültig überschritten, und ein Ende der CDU-Vorherrschaft in der Bundesrepublik begann sich abzuzeichnen.
Die Kanzlerschaft Erhards von 1963-1966, die Aden bis zum Schluß verhindern wollte, brachte wohl einige Auflockerungen, bedeutete aber insgesamt nicht mehr als eine Übergangsepisode. Symptomatisch war daß Ludwig Erhard, der „Vater“ des Wirtschaftswunders, politisch an der ersten Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik scheiterte. Auch im wirtschaftlichen Bereich griffen die alten Konzepte nicht mehr: Erhards Vision von dem Spiel der freien Kräfte hatte sich spätestens mit dem Eintritt der Rezession 1965/67 als illusorisch erwiesen. Der Staat mußte nunmehr aktiv in den Konjunkturablauf eingreifen. Und auch außenpolitisch wußte die CDU keine Antworten auf den Wandel der weltpolitischen Konstellation und den Übergang zur internationalen Entspannung. Programmatisch und personell bot sich die SPD jetzt immer deutlicher als Alternative an. Der Übergang zur Großen Koalition von CDU und SPD im Dezember 1966 bedeutete insofern in vielerlei Hinsicht eine Epochenwende. Die Ära Adenauer war endgültig zu ihrem Abschluß gekommen.
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