5. Zusammenhang der revolutionären Umtriebe mit dem Benehmen von Stände – Mitgliedern und Staats- Dienern. (§ 5)
§. 5.
Man würde sich jedoch täuschen, und das sonst so treue und besonnene Volk der Deutschen verkennen, wenn man die damals in Süddeutschland durch die bedenklichsten Symptome fast allgemein sich kundgebende Aufregung der Gemüther ausschließlich der Zügellosigkeit der Presse und den Umtrieben einer Handvoll, meist obscurer Demagogen zuschreiben wollte. Wenn aber die grundlosen Klagen und Beschwerden der Presse in den aus der Wahl und dem Vertrauen des Volks hervorgegangenen ständischen Kammern ein Echo fanden, wenn jenes sah, wie viele seiner Vertrauten allen Verfügungen und Entwürfen der Regierung tadelnd, hemmend und beschränkend entgegen traten, und wenn selbst öffentliche Diener und Behörden - Organe der Staatsgewalt – ungestraft dieser entgegenzuwirken wagten; so konnten die Beispiele solcher Autoritäten nicht verfallen, auf die Masse des Volkes den tiefsten, dem Ansehen und der Wirksamkeit der Regierungen nachtheiligsten Eindruck zu machen, und den vorerwähnten Umtrieben den kräftigsten Vorschub zu leisten. Leider war aber alles dieses nur zu sehr der Fall. In den, zum Theil unter dem Einflusse der revolutionären Presse, gewählten Stände – Kammern trat gerade zu einer Zeit, deren krankhafte Erscheinungen für alle wahren Patrioten die dringendste Aufforderung enthielt, den für Erhaltung der öffentlichen Ruhe und gesetzlichen Ordnung besorgten Regierungen den eifrigsten Beistand zu leihen, letzteren nicht selten eine dem Auslande nachgeahmte, auf Volksgunst und Befriedigung widriger Leidenschaften berechnete, systematische Opposition entgegen, welche sich in den heftigsten Ausfällen auf die Staatsverwaltung, unstatthaften Drohungen und Steuer Verweigerung und wiederholten Angriffen auf die deutsche Bundesverfassung gefiel, und, während sie ihre Rechte und Befugnisse über die verfassungsmäßigen Schranken auszudehnen suchte, häufig die wohlmeinendsten Absichten und Maasregeln der Regierungen vereitelte. Während der jedem Unbefangenen klar vor Augen liegende, beispiellose Misbrauch der politischen Drucker – Presse jede weitere Ausführung über die Nothwendigkeit ihrer Beschränkung entbehrlich machte, ertönten die ständischen Kam[m]ern von den dringensten Petitionen um unbeschränkte Preß – Freiheit, und die bestehende Öffentlichkeit der Verhandlungen schien manchem Abgeordneten nur das Mittel, durch maaßlosen Gebrauch der Rede – Freiheit auch außerhalb der Kammer unlautere Zwecke zu erreichen. Ein Blick auf die ständischen Verhandlungen jener Periode in Bayern, Württemberg, Baden, beiden Hessen und Nassau, und auf die bei Auflösung mehrerer „vergeblicher Landtage“ von den betreffenden Regierungen erlassenen Manifeste beweist zur Genüge die traurige Wahrheit des hier Gesagten. Nicht minder notorisch ist, dass öffentliche Behörden und Beamte, von denen manche selbst früher an geheimen politischen Verbindungen Theil genommen hatten, mit der Parthey der „Liberalen“ sympathisirten und deshalb,- im Hinblick auf ihre vor willkührlicher Entlassung und Zurücksetzung gesicherte Existenz um das Misfallen ihrer Oberen unbekümmert,- theils die zum Schutze der bürgerlichen Gesellschaft vor revolutionären Umtrieben erlassenen Gesetze und Verordnungen nicht mit dem gehörigen Eifer und Nachdruck vollzogen, theils die Parthie der Demagogen offen zu nehmen sich erkühnten. Wir erinnern dießfalls nur an die am 26. März 1832 stattgehabte Befreiung des Behufs seiner Ausweisung aus dem königlichen Rheinkreise auf dem Transporte begriffenen Journalisten Georg Fein aus Braunschweig durch einen eigenmächtigen Beschluss des Friedensrichters Klein zu Anweiler, und an das oben erwähnte Erkenntniß des Appellationsgerichts in Zweybrücken vom 14. April 1832, durch welches der revolutionäre Preß – Verein für gesetzmäßig erklärt ward,- zwei bekannte Beispiele, denen wir, wenn es nötig wäre, aus den von uns eingesehenen, in verschiedenen deutschen bundesstaaten verhandelten Untersuchungs – Akten noch mehrere andere anreihen könnten. Diese beunruhigende Lage der Dinge in Deutschland veranlasste die Bundestagsbeschlüsse vom 28. Juni und 5. Juli 1832, welche,- obwohl sie im wesentlichen nichts Neues bestimmen, sondern nur den festen Entschluß sämtlicher Bundesregierungen verkünden, die bereits durch die Bundesakten und die Wiener Schluß – Akte festgestellten Gerechtsame des Bundes gegen die Eingriffe der ständischen Kammern und gegen den Misbrauch der Presse zu handhaben, so wie die gesetzliche Ordnung und Ruhe im deutschen Bunde gegen die Umtriebe von Aufwieglern zu wachen,- von der Parthey, gegen die sie gerichtet waren, durch eine Masse der heftigsten Flugschriften, Protestationen, Petitionen und Adressen bestritten und angegriffen wurden; wodurch sich die hohe Bundesversammlung bewogen fand, durch Beschluß vom 9. August 1832 die zuversichtliche Erwartung auszusprechen, „daß die Regierungen, in deren Staaten derley Akte der Auflehnung gegen die im Staats – Oberhaupte vereinigte Staatsgewalt sich ereignen, gegen die Urheber und Verbreiter solcher Protestationen, Petitionen und Adressen die Untersuchung einleiten, und nach den Gesetzen verfahren werde“, was dann auch vielfältig geschehen ist.
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