Hessen Loewe
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Privilegien, Pogrome, Emanzipation: Deutsch-jüdische Geschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart
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Judenordnung Landgraf Philipps für die Landgrafschaft Hessen, 1539
Urheber
Landgraf Philipp von Hessen
Datum
1539
Bestand/Sign.
Friedrich Battenberg, Judenverordnungen in Hessen-Darmstadt, Wiesbaden 1987, S. 59-61
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Judenordnung Landgraf Philipps für die Landgrafschaft Hessen, 1539

Späterer Druck: Kleinschmidt 1, S. 120 f. Nr. 32; danach: Günther, S. 75-79. Nach handschriftlicher Vorlage im StA Darmstadt (verl): Müller, Judenfrage, S. 29-32.

Ordenung unser, Philipsen, von Gottes Gnaden Landtgrave zu Hessen, wie und was gestalt die Juden nun hinfürter in unsern Fürstenthumb, Graveschaften und Gepie­ten gelitten und geduldet werden sollen.

[1]   Erstlichen sollen die Juden unsern Amptleuten, auch den Pfarrherrn yedes Orts, da sie gesessen sein, mit dem Eyde versprechen, bei den iren keyn Lesterunge wider Christum unsern Herrn und seine heylige Religion zu treiben, noch zu gestatten, sonder sich des alleyn zu halten, das inen Moses und die Propheten vorgegeben haben; und das sie auch die iren mit keyner Satzunge irer talmutischen Lerer, welche dem Gesetz und den Propheten nit gemeß seien, beschweren wöllen, damit durch die talmutischen, gottlosen Gedichte die armen, guthertzigen Juden von unser waren Religion nit zum fürnemsten abgehalten werden.

[2]   Zum andern sollen sie, die Juden, geloben und versprechen, nirgent newe Syn­agogen aufzurichten, sonder sich alleyn der alten und vorgebaweten mit aller Stille zu gebrauchen.

[3]   Zum dritten sollen sie versprechen, mit niemants der unsern von der Religion zu disputieren in eynichen Weg, dann alleyn mit denen Predigern, die wir darzu beson­ders verordnen werden.
[4]   Zum vierden, das sie zu den Predigern, die man inen insonderheit verordnen würdt, sampt iren Weibern und Kindern kommen und Predig hören sollen und wöl­len.

[5]   Zum fünften sollen [sie] zimlicherweise kaufen und verkaufen, doch in den Stet­ten und Orten, da keyn Zünfte sein oder da sie die Zünfte leiden. Doch sollen sie ir Wahr nit vertewren, sondern umb eynen zimlichen billichen Pfennig geben, wie es inen unsere Beampten oder Burgermeyster und Rath setzen würden; und sollen keyn Wahr verkaufen, sie seie inen dann zuvor durch unsere Beampten, Burgermey­ster oder Rath gesetzt worden.

[6]   Zum sechsten sollen [sie] alle ire Händel uffrichtig treiben, mit keynem ungebür­lichen Handel oder Vinantzen umbgehn. Wo eyner solches uberfüre und unrechte Händel triebe, den sollen unsere Beampten darumb nach Gelegenheyt und ernstlich strafen, nemlich mit Verfallung aller seiner Güter. Und der, so solchen Falsch sehe von den Juden, am ersten und mit Grunde anzeygt, soll haben den zehenden Pfen­nig von solchen verfallenen und verwirckten Gütern.

[7]   Zum siebenden sollen [sie] keynen judischen Gesuche oder Wucher treiben und unsere arme Leuthe nicht ubernemen. Würden sie aber eynem eynen Gülden, zwen oder drei oder mehr leihen, sollichs solle geschehen in Beisein unserer Amptleut oder Amptknecht oder mit Wissen eynes Raths, und [es soll] davon nach billicher Widernüge derselbigen, als nemlich von eynem hundert Gulden eyn Jar lang fünf Gulden, oder was man sunst den Christen zu geben pflegt, gegeben werden. Würde aber eyn Jude darüber Wucher und Gesuch treiben, so solle er die Hauptsumma seines ausgelihenen Gelts und die Helft aller seiner Güter verfallen haben und darzu vier Wochen mit dem Thurn gestraft werden.

Es soll auch keyn Jude keynem Man alleyn, on Vorwissen seiner Haußfrawen, auch keynem Weibe alleyn, on Vorwissen ires Mannes, und on Beisein unserer Amptleu­te, Amptknechte oder Burgermeyster und Raths, etwas leihen. Geschehe aber sol­lichs, so solle derjhenig, so das Gelt entlehenet hat vom Juden, nicht schuldig sein, dem Juden was widerzugeben. Sonder der Jude soll dieselbig Hauptsumma sampt dem halben Teyl aller seiner Güter verloren haben, und darzu noch sovil, als die Hauptsumma desselben gelihenen Gelts gewesen, halb uns und halb den Beampten und Burgermeyster und Rath zu Straf geben, und darzu viertzehen Tage in Thurn gelegt werden.

[8]   Zum achten sollen sie eynen Eydt zu Got schweren, keynem Burger, Statthalter, Rathsamptman, Burgermeyster oder Diener oder derselbigen Weibern etwas zu schencken, auch nit eynen eynigen Pfennig oder Pfennigswerth, bei Straf ires Leibs und Lebens, damit unsere Beampten nit also durch Gaabe gestochen und den Juden dester eh ire Vinantzen, unbillichen Wucher und ungepürliche Händel gestatten und zusehen. Würde auch darüber eyner unser Beampter Geschenck von Juden nemen und ire Vinantzen oder ungepürliche Händel zusehen, der sol von uns darumb un­nachlessig gestraft werden.

[9]   Zum neunten. Welcher Jude eyn Christenweib oder Jungfraw schendet oder be­schleft, den sollen unsere Beampten am Leben darumb strafen.

[10]   Zum zehenden. Welcher Jude gestolen Gut kauft oder daruff leihet, den sollen unsere Beampten am Leben strafen. Und damit sich der Jude im selbigen versehen könne, so soll er keynem uff etwas leihen oder dasselbig abkaufen, der Jude hab sich dann zuvor erkündigt, woher sollich Gut komme, und ob auch derjenig, so sollich Gut verkaufen oder daruff entlehnen will, sollichs zu thun Macht habe oder nit.

[11]   Zum eilften. Es sollen auch unsere Amptknecht, Burgermeyster und Rath gantz und gar keynen außlendischen Juden gestatten oder zulassen, etwas in unsern Lan­den und Gepieten zu kaufen oder zu verkaufen, weder wenig oder vil.

[12]   Zum zwölften sollen unsere Beampten, Burgermeyster und Rath mit Fleiß dar-uff sehen, das sich die Juden diser Artickul also gehalten.

[13]   Zum dreitzehenden wöllen wir den Juden zulassen, das sie sonderliche Perso­nen under inen haben, die beneben unsern Amptknechten mit zusehen, das die Ju­den sich rechtschaffen und diser Articul gehalten. Welcher sich aber deren nit halten würde, das sie denselbigen unter sich selbst auch nach irer Satzungen strafen mö­gen.

[14]   Zum viertzehenden wöllen wir haben, das sie uns den Schutzpfennig geben, weß sie mit uns uberkommen werden, und sonderlich eyn yeder, nach dem er ver­mag.

Verbum domini manet in aeternum.




Anm.: Ein Druckexemplar hat sich offenbar nicht erhalten. Eine Abschrift befand sich im StA Darm­stadt, Abt. 11/2 Nr. 4, mit dem Vermerk: Gedruckt zu Marburg bei Christian Egenolff (Angaben nach Müller, Judenfrage, S. 32).

 

 


Aufgabe:

 

Dieser Ausstellungsraum verfolgt die Geschichte des Zustandekommens der hessischen Judenordnung. Alle Quellen bisher zeigen, wie umstritten in diesen Jahren die Haltung der Protestanten zu den Juden war. Die hier skizzierten Auseinandersetzungen zeigen die Versuche unterschiedlicher Akteure, ihre Vorstellungen in der Judenordnung durchzusetzen. Welche/r der Akteure konnte, Ihrer Meinung nach, Einfluss auf die letztendlich verabschiedete Ordnung nehmen und zu welchem Grad?   

 

 

 




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