Heinrich Bullinger, Das "Zweite Helvetische Bekenntnis" (Confessio Helvetica posterior) (1561) Das "Zweite Helvetische Bekenntnis" (Confessio Helvetica posterior) verfasste Heinrich Bullinger 1561 zunächst als persönliches Bekenntnis. Ein Exemplar seiner 1566 gedruckt vorliegenden Bekenntnisschrift übersandte Bullinger im März 1566 auch an Philipp von Hessen, in der Hoffnung, dass das als Konsenspapier gedachte Dokument auch in Deutschland breite Zustimmung, so wie in Frankreich und England, finden werde. Die Confessio Helvetica posterior wurde von allen reformierten Kirchen der deutschsprachigen Schweiz (mit Ausnahme von Basel, das nach Bullingers Auskunft aber schriftlich zugestimmt habe) einschließlich Genf angenommen, ebenso wie von den Reformierten in Schottland, Polen, Österreich und Ungarn. Bullingers Schrift wurde -neben dem Heidelberger Katechismus- zu dem am weitesten verbreiteten reformierten Bekenntnis.
Kapitelübersicht I. Die Heilige Schrift, das wahre Wort Gottes II. Die Auslegung der Heiligen Schriften, die Kirchenväter, die allgemeinen Kirchenversammlungen und die Überlieferungen III. Gott in seiner Einheit und Dreieinigkeit IV. Bilder Gottes, Christi und der Heiligen V. Anbetung, Verehrung und Anrufung Gottes durch den einzigen Mittler Jesus Christus VI. Die Vorsehung Gottes VII. Die Erschaffung aller Dinge, die Engel, der Teufel und der Mensch VIII. Der Fall und die Sünde des Menschen und die Ursache der Sünde IX. Der freie Wille und die andern Fähigkeiten des Menschen X. Die göttliche Vorherbestimmung und die Erwählung der Heiligen XI. Jesus Christus, wahrer Gott und Mensch und einziger Heiland der Welt XII. Das Gesetz Gottes XIII. Das Evangelium Jesu Christi; die Verheissungen; Geist und Buchstabe XIV. Die Buße und Bekehrung des Menschen XV. Die wahre Rechtfertigung der Gläubigen XVI. Der Glaube; die guten Werke und ihr Lohn; das „Verdienst“ des Menschen XVII. Die katholische (allgemeine) und heilige Kirche Gottes und das einzige Haupt der Kirche XVIII. Die Diener der Kirche; ihre Einsetzung und ihre Pflichten XIX. Die Sakramente der Kirche Christi XX. Die heilige Taufe XXI. Das heilige Abendmahl des Herrn XXII. Die Gemeindegottesdienste und der Kirchgang XXIII. Die Kirchengebete, der Gesang und die sieben Gebetszeiten (die kanonischen Stunden) XXIV. Die Feiertage, das Fasten und die Auswahl der Speisen XXV. Der Jugendunterricht und die Krankenseelsorge XXVI. Das Begräbnis der Gläubigen, die Fürsorge für die Toten, das Fegfeuer und die Erscheinung von Geistern XXVII. Die Gebräuche, die Zeremonien und die Mitteldinge XXVIII. Das Kirchengut XXIX. Der ledige Stand, die Ehe und der Hausstand XXX. Die Obrigkeit Inhalt[Auszüge] I. Kapitel: Die Heilige Schrift, das wahre Wort Gottes Wir glauben und bekennen, dass die kanonischen Schriften der heiligen Propheten und Apostel beider Testamente das wahre Wort Gottes sind, und dass sie aus sich selbst heraus Kraft und Grund genug haben, ohne der Bestätigung durch Menschen zu bedürfen. Denn Gott selbst hat zu den Vätern, Propheten und Aposteln gesprochen und spricht auch jetzt noch zu uns durch die Heiligen Schriften. Und in dieser Heiligen Schrift besitzt die ganze Kirche Christi eine vollständige Darstellung dessen, was immer zur rechten Belehrung über den seligmachenden Glauben und ein Gott wohlgefälliges Leben gehört. [...] Wenn also heute dieses Wort Gottes durch rechtmäßig berufene Prediger in der Kirche verkündigt wird, glauben wir, dass Gottes Wort selbst verkündigt und von den Gläubigen vernommen werde, dass man aber auch kein anderes Wort Gottes erfinden oder vom Himmel her erwarten dürfe: Und auch jetzt müssen wir auf das Wort selber achten, das gepredigt wird, und nicht auf den verkündigenden Diener; ja, wenn dieser sogar ein arger Bösewicht und Sünder wäre, so bleibt nichtsdestoweniger das Wort Gottes wahr und gut. [...] II. Kapitel: Die Auslegung der Heiligen Schriften, die Kirchenväter, die allgemeinen Kirchenversammlungen und die Überlieferungen Der Apostel Petrus hat erklärt, die Auslegung der Heiligen Schriften sei nicht dem Belieben jedes Einzelnen anheimgestellt (2.Pet. 1,20). Deshalb billigen wir nicht alle möglichen Auslegungen. Also anerkennen wir auch nicht ohne weiteres als wahre und ursprüngliche Auslegung der Schriften, was man die Auffassung der römischen Kirche nennt, das heißt eben, was die Verteidiger der römischen Kirche schlechtweg allen zur Annahme aufzudrängen suchen. Vielmehr anerkennen wir nur das als recht gläubige und ursprüngliche Auslegung der Schriften, was aus ihnen selbst gewonnen ist - durch Prüfung aus dem Sinn der Ursprache, in der sie geschrieben sind, und in Berücksichtigung des Zusammenhanges, ferner durch den Vergleich mit ähnlichen und unähnlichen, besonders aber mit weiteren und klareren Stellen. [...] Deshalb lassen wir uns in strittigen Punkten der Religion und des Glaubens weder durch bloße Sätze der Kirchenväter oder durch Konzilsbeschlüsse, noch viel weniger durch angenommene Gewohnheiten oder durch die Menge derer, die derselben Meinung sind, noch durch die Einrede des Besitzes während langer Zeit in die Enge treiben. Darum anerkennen wir in Sachen des Glaubens keinen anderen Richter als Gott selbst, der durch die Heiligen Schriften verkündigt, was wahr und was falsch sei, was man befolgen und was man fliehen müsse. [...] III. Kapitel: Gott in seiner Einheit und Dreieinigkeit [...] Nichtsdestoweniger glauben und lehren wir, dass dieser unendliche, eine und unzerteilte Gott unzertrennt und unvermischt unterschieden sei in Personen: Vater, Sohn und Heiliger Geist, [...]Nach Natur oder Wesen sind sie nämlich miteinander so verbunden, dass nur ein einziger Gott ist und das göttliche Wesen dem Vater, dem Sohne und dem Heiligen Geiste gemeinsam ist. IV. Kapitel: Bilder Gottes, Christi und der Heiligen Weil nun Gott unsichtbarer Geist und unendlichen Wesens ist, kann er auch nicht durch irgendeine Kunst oder ein Bild dargestellt werden; deshalb scheuen wir uns nicht, mit der Heiligen Schrift bildliche Darstellungen Gottes lauter Lug und Trug zu nennen. Wir verwerfen daher nicht bloß die heidnischen Götzenbilder, sondern auch Bilder, die von Christen verehrt werden. Denn obschon Christus menschliches Wesen angenommen hat, hat er das nicht deshalb getan, um Bildhauern und Malern als Modell zu dienen. Er hat gesagt, er sei nicht gekommen, Gesetz und Propheten aufzulösen (Mt. 5,17). Im Gesetz und in den Propheten werden aber Bilder verboten (5.Mose 4,16 und 23; Jes. 40,18ff.). [...]Wir finden auch, der selige Bischof Epiphanius habe wohl getan, als er ein Bild von Christus oder irgendeinem Heiligen, das er auf einem Vorhang an der Kirchentüre fand, zerschnitt und wegnahm, weil er erkannt hatte, dass es gegen die Heilige Schrift gehe, wenn in der Kirche Christi das Bild eines Menschen hange. V. Kapitel: Anbetung, Verehrung und Anrufung Gottes durch den einzigen Mittler Jesus Christus Wir lehren dass man den wahren Gott allein anbeten und verehren soll. Diese Ehre geben wir keinem andern nach dem Befehl des Herrn: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen“ (Mt. 4,10).. [...] Darum beten wir nicht die himmlischen oder göttlichen Heiligen an, geben ihnen nicht göttliche Ehre, rufen sie auch nicht an, noch anerkennen wir sie als unsere Fürsprecher und Mittler vor dem Vater im Himmel.[...] VI. Kapitel: Die Vorsehung Gottes Wir glauben, dass durch die Vorsehung dieses weisen, ewigen und allmächtigen Gottes alles im Himmel und auf Erden und bei allen Geschöpfen erhalten und geleitet werde. [...] VII. Kapitel: Die Erschaffung aller Dinge, die Engel, der Teufel und der Mensch [...] Wir erklären aber, dass der Mensch aus zwei, und zwar verschiedenen, Elementen bestehe, doch in einer Person: nämlich aus der unsterblichen Seele, die, wenn sie vom Leibe getrennt wird, weder schläft noch stirbt, und aus dem sterblichen Leibe, der immerhin am jüngsten Gericht wieder von den Toten auferweckt werden wird, so dass der ganze Mensch von da an, sei's im Leben, sei's im Tode, ewig bleibt. Wir verwerfen die Anschauung aller derer, die darüber spotten oder mit spitzfindigen Reden die Unsterblichkeit der Seele in Zweifel ziehen, oder sagen, die Seele schlafe, oder sie sei ein Teil Gottes. Kurz, wir verwerfen sämtliche Meinungen aller derer, die über die Schöpfung, über Engel und böse Geister und über den Menschen, von dem abweichende Lehren aufstellen, was uns durch die heiligen Schriften in der apostolischen Kirche Christi überliefert ist. VIII. Kapitel: Der Fall und die Sünde des Menschen und die Ursache der Sünde Am Anfang war der Mensch von Gott zum Ebenbilde Gottes geschaffen in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit, gut und fehlerlos. Weil er aber auf Antrieb der Schlange und durch eigene Schuld von dieser Güte und Rechtschaffenheit abfiel, geriet er unter die Macht der Sünde, des Todes und mannigfaltiger Übel. Und so wie er nun nach dem Sündenfall geworden war, sind eben alle, die von ihm abstammen, der Sünde nämlich, dem Tode und mannigfaltigen Übeln verfallen. Unter Sünde verstehen wir aber jene angeborene Verderbtheit des Menschen, die von unseren Voreltern auf uns alle übertragen und fortgepflanzt wurde. Durch sie sind wir versunken in verkehrte Begierden, abgewandt vom Guten, aber geneigt zu allem Bösen, erfüllt mit aller Schlechtigkeit, Misstrauen , Verachtung und Hass gegen Gott und können aus uns selbst nichts Gutes tun, ja nicht einmal denken. Indem wir uns also jahraus jahrein ständig mit bösen Gedanken, Worten und Werken gegen Gottes Gesetz versündigen, bringen wir schlechte Früchte hervor, wie es ein schlechter Baum nicht anders kann (Mt. 12,33ff.). Aus diesem Grunde sind wir ganz nach unserem Verdienst dem Zorne Gottes verfallen und werden gerechten Strafen unterworfen; so wären wir auch alle von Gott verstoßen, wenn uns nicht der Erlöser Christus wieder hergestellt hätte. [...] Wir anerkennen also, dass alle Menschen mit der Erbsünde behaftet sind. Wir anerkennen, dass alles andere, was daraus entsteht, Sünde genannt werde und wirkliche Sünde sei, mit was für einem Namen man es immer benennen wolle, [...] IX. Kapitel: Der freie Wille und die andern Fähigkeiten des Menschen In dieser Sache, die in der Kirche immer vielen Streitigkeiten gerufen hat, lehren wir, dass die Lage oder der Stand des Menschen als ein dreifacher anzusehen sei. Da ist der Stand, in dem der Mensch am Anfang vor dem Sündenfall gewesen ist: nämlich unbedingt fehlerlos und frei, so dass er im Guten verharren, sich aber auch für das Böse entscheiden konnte; er hat sich jedoch für das Böse entschieden und hat sich und das ganze Menschengeschlecht mit Sünde und Tod verkettet, wie es bereits ausgeführt worden ist. Darauf ist zu betrachten, wie der Mensch nach dem Sündenfall gewesen ist. Zwar wurde dem Menschen nicht der Verstand genommen oder der Wille geraubt, als ob er nun gar zu Stock und Stein geworden wäre; aber jene Fähigkeiten sind im Menschen so verändert und vermindert, dass sie nicht mehr dasselbe vermögen wie vor dem Sündenfall. Denn der Verstand ist verdunkelt; aus dem freien Willen aber ist ein dienstbarer Wille geworden. Denn er dient der Sünde nicht unfreiwillig, sondern freiwillig. Darum redet man auch von Freiwilligkeit und nicht von Unfreiwilligkeit. Was also das Böse oder die Sünde angeht, so wird der Mensch weder von Gott noch vom Teufel dazu gezwungen, sondern er begeht das Böse aus eigenem Antrieb und hat allerdings in dieser Hinsicht allerfreiesten Willen! [...] Gewiss ist der Geist oder Verstand der Führer des Willens; aber wenn der Führer blind ist, kann man sich ja denken, wohin auch der Wille gelangt. Darum gibt es für den noch nicht wiedergeborenen Menschen keinen freien Willen zum Guten und auch keine Kraft, das Gute zu vollbringen.[...] X. Kapitel: Die göttliche Vorherbestimmung und die Erwählung der Heiligen Gott hat von Ewigkeit her ohne jedes Ansehen der Menschen frei und aus lauter Gnade die Heiligen, die er in Christus selig machen will, vorherbestimmt oder erwählt, nach jenem Apostelwort: „Gott hat uns in ihm erwählt vor Grundlegung der Welt“ (Eph. 1,4). Und ferner: „Gott hat uns errettet und mit heiliger Berufung berufen nicht auf Grund unserer Werke, sondern auf Grund seiner eigenen zuvor getroffenen Entscheidung und der Gnade, die uns in Christus Jesus verliehen worden ist vor ewigen Zeiten, jetzt dagegen geoffenbart worden ist durch das Erscheinen unseres Heilandes Christus Jesus“ (2.Tim. 1,9.10). Also hat uns Gott nicht ohne Mittel - allerdings nicht wegen irgendeines Verdienstes unsererseits sondern in Christus und um Christi willen erwählt, so dass diejenigen auch die Erwählten sind, die bereits durch den Glauben in Christus eingepflanzt wurden.[...] XI. Kapitel: Jesus Christus, wahrer Gott und Mensch und einziger Heiland der Welt Wir glauben und lehren außerdem, dass der Sohn Gottes, unser Herr Jesus Christus, durch den Vater von Ewigkeit her vorausbestimmt und verordnet wurde zum Heiland der Welt. Wir glauben, dass er vom Vater gezeugt sei, nicht nur, da er von der Jungfrau Maria Fleisch und Blut annahm und nicht nur vor der Grundlegung der Welt, sondern vor aller Ewigkeit, und zwar auf unbeschreibliche Weise. [...] Wir verabscheuen deshalb auch die gottlose Lehre des Arius und aller Arianer, die Jesu Gottessohnschaft leugnen, besonders aber die Lästerungen des Spaniers Michael Servet und aller seiner Anhänger, die der Satan wider Gottes Sohn mittelst dieser Männer gleichsam aus der Hölle geschöpft hat und höchst frech und gottlos über den Erdkreis ausgießt. Wir glauben und lehren auch, dass des ewigen Gottes wahrer Mensch ewiger Sohn ein Menschensohn geworden sei aus dem Samen Abrahams und Davids, und zwar nicht durch die Zeugung eines Mannes, wie Ebion gesagt hat, sondern auf reinste Weise empfangen vom Heiligen Geist und geboren von Maria, die immer Jungfrau geblieben ist, wie uns die evangelische Geschichte gewissenhaft berichtet (Mt. 1).[...]: Er ist in einer Person wahrer Gott und wahrer Mensch, nach der göttlichen Natur dem Vater, nach der menschlichen aber uns Menschen wesensgleich und in allem ähnlich, ausgenommen die Sünde (Hebr. 4,15).[...] XII. Kapitel: Das Gesetz Gottes Wir lehren, dass uns durch das Gesetz Gottes der Wille Gottes dargelegt werde, nämlich, was wir tun oder lassen sollen, was gut und gerecht, oder was böse und ungerecht sei. Deshalb bekennen wir, dass das Gesetz gut und heilig sei. Dieses Gesetz ist einerseits durch den Finger Gottes in die Herzen der Menschen geschrieben (Röm. 2,15) und wird Gesetz der Natur genannt, andererseits aber ist es durch den Finger Gottes in die beiden Gesetzestafeln des Moses eingegraben worden und in den Büchern Mose ausführlicher erklärt (2.Mose 20,1ff.; 5.Mose 5,6ff.). XIII. Kapitel: Das Evangelium Jesu Christi; die Verheissungen; Geist und Buchstabe Dem Gesetz steht das Evangelium gegenüber. Denn während das Gesetz Zorn wirkt und den Fluch ankündigt, predigt das Evangelium Gnade und Segen. So sagt auch Johannes: „Das Gesetz ist durch Mose gegeben worden, die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus gekommen“ (Joh. 1,17). XIV. Kapitel: Die Buße und Bekehrung des Menschen Das Evangelium steht in engem Zusammenhang mit der Lehre von der Buße. Der Herr sagt nämlich im Evangelium, „dass auf seinen Namen hin Buße zur Vergebung der Sünden gepredigt werden solle unter allen Völkern“ (Luk. 24,47). Unter Buße nun verstehen wir die Sinneserneuerung des sündigen Menschen, die durch das Wort des Evangeliums und den Heiligen Geist geweckt und im wahren Glauben angenommen wird, so dass der sündige Mensch seine angeborene Verderbnis und alle seine Sünden, deren ihn das Wort Gottes anklagt, fernerhin erkennt, darüber von Herzen Leid trägt, sie vor Gott nicht bloß beweint und voller Beschämung gründlich eingesteht, sondern sie auch mit Abscheu verdammt und, emsig auf Besserung bedacht, fortwährend nach Unschuld und Tugend trachtet, worin er sich alle übrigen Tage seines Lebens gewissenhaft übt. [...] Wir glauben aber, dass dieses offene Bekenntnis genüge, das vor Gott allein abgelegt wird sei es im Stillen zwischen Gott und dem Sünder, sei es öffentlich in der Kirche, wo das allgemeine Sündenbekenntnis gesprochen wird, und dass es zur Erlangung der Sündenvergebung nicht nötig sei, dass jemand seine Sünden dem Priester beichte, indem er sie ihm ins Ohr flüstert und umgekehrt von ihm unter priesterlicher Handauflegung die Lossprechung hört. Denn dafür gibt es in der Heiligen Schrift weder eine Anweisung noch ein Beispiel. [...] Demgemäß verwerfen wir die verderblichen Ansichten all der Leute, die unter Missbrauch der evangelischen Predigt behaupten: Die Rückkehr zu Gott ist leicht; denn Christus hat ja alle Sünden getilgt. Leicht ist auch die Vergebung der Sünden zu erlangen, was schadet also das Sündigen? Auch braucht man sich nicht mehr um die Buße zu kümmern usw. [...]. Wir verwerfen vor allem die gewinnsüchtige Lehre des Papstes von der Buße, und auf seine Simonie und seinen simonistischen Ablaßhandel wenden wir jenes Urteil des Petrus an: „Dein Geld fahre mit dir ins Verderben, weil du gemeint hast, die Gabe Gottes durch Geld erkaufen zu können. Du hast weder Anteil noch Anrecht an dieser Sache, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott“ (Apg. 8,20-21). Wir missbilligen auch die Meinung jener, die glauben, durch eigene Sühnwerke für ihre begangenen Sünden Genugtuung leisten zu können. Denn wir lehren, dass Christus allein durch sein Leiden und Sterben die Genugtuung, Begnadigung und Bezahlung für alle Sünden sei. [...] XV. Kapitel: Die wahre Rechtfertigung der Gläubigen „Rechtfertigen“ bedeutet für den Apostel in seiner Lehre von der Rechtfertigung: die Sünden vergeben, von Schuld und Strafe freisprechen, in Gnaden annehmen und für gerecht erklären. Denn an die Römer schreibt er: „Gott ist es, der sie gerechtspricht. Wer ist es, der verdammen will?“ (Röm. 8,33). Gerechtsprechen und verdammen sind einander entgegengesetzt. [...] Nun ist ganz gewiss, dass wir alle von Natur Sünder und Gottlose sind und vor dem Richterstuhl Gottes der Ungerechtigkeit überwiesen und des Todes schuldig befunden werden, aber auch, dass wir von Gott, unserem Richter, durch Christi Gnade allein für gerecht erklärt, das heißt von Sünden und Tod freigesprochen werden, ohne irgendein eigenes Verdienst oder Ansehen der Person. Wie könnte man es noch deutlicher sagen als der Apostel Paulus: „Alle haben ja gesündigt und ermangeln der Ehre vor Gott und „werden gerecht gesprochen ohne Verdienst durch seine Gnade mittelst der Erlösung, die in Christus Jesus ist“ (Röm. 3,23-24). Denn Christus hat die Sünden der Welt auf sich genommen und getilgt und so der göttlichen Gerechtigkeit Genüge getan. Gott sieht also einzig um Christi willen, der gelitten hat und auferstanden ist, gnädig auf unsere Sünden und rechnet sie uns nicht an; dagegen rechnet er uns Christi Gerechtigkeit an, als ob es unsere eigene wäre, so dass wir nicht nur von Sünden gesäubert und gereinigt oder heilig sind, sondern auch solche, die dazu noch die Gerechtigkeit Christi bekommen haben. So sind wir denn freigesprochen von Sünden, Tod und Verdammnis und sind Gerechte und Erben des ewigen Lebens. Also spricht uns eigentlich Gott allein gerecht, und zwar spricht er uns nämlich gerecht um Christi willen, indem er uns nicht die Sünden anrechnet, sondern seine Gerechtigkeit (2.Kor. 5,19ff.; Röm. 4,25).Weil wir nun diese Rechtfertigung nicht auf Grund Rechtfertigung irgendwelcher Werke, sondern allein durch den Glauben durch den Glauben an Gottes Barmherzigkeit und an Christus empfangen, so lehren und glauben wir mit dem Apostel, der sündige Mensch werde allein durch den Glauben an Christus, nicht durch das Gesetz oder durch irgendwelche Werke gerechtfertigt. [...] Deshalb reden wir auch hier nicht vom erheuchelten, leeren, müßigen und toten Glauben, sondern vom lebendigen und Leben schaffenden Glauben. Dieser Glaube ist und heißt lebendig, weil er Christus erfasst, der das Leben ist und das Leben schafft, und sich in lebendigen Werken als lebendig erweist. [...] XVI. Kapitel: Der Glaube; die guten Werke und ihr Lohn; das „Verdienst“ des Menschen Der christliche Glaube ist nicht bloß eine Meinung oder menschliche Überzeugung, sondern ein felsenfestes Vertrauen, eine offenbare und beständige Zustimmung des Herzens und ein ganz gewisses Erfassen der Wahrheit Gottes, die in der Heiligen Schrift und im Apostolischen Glaubensbekenntnis dargelegt ist, ja Gottes selbst als des höchsten Gutes und besonders der göttlichen Verheißung, und Christi, der der Inbegriff aller Verheißungen ist. Dieser Glaube aber ist ganz und gar Gottes Gabe, die Gott allein um seiner Gnade willen und nach seinem Ermessen seinen Erwählten schenkt, wann, wem und in welchem Maße er will, und zwar durch den Heiligen Geist mittelst der Predigt des Evangeliums und des gläubigen Gebetes. [..] (Tit. 3,14). Obwohl wir also mit dem Apostel Paulus lehren, dass der Mensch ganz umsonst durch den Glauben an Christus gerechtfertigt werde und nicht durch irgendwelche guten Werke, wollten wir deswegen doch gute Werke nicht gering schätzen oder verwerfen, da wir wissen, dass der Mensch weder dazu erschaffen noch durch den Glauben wiedergeboren sei, damit er müßig gehe, sondern vielmehr unaufhörlich tue, was gut und nützlich ist. Denn im Evangelium sagt der Herr: „So bringt jeder gute Baum gute Früchte“ (Mt. 7,17; 12,33); ferner: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der trägt viel Frucht“ (Joh. 15,5). Weiter sagt der Apostel: „Denn sein Gebilde sind wir, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, zu denen uns Gott zum voraus bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollten“ (Eph. 2,10), und abermals: „Er hat sich für uns dahingegeben, um uns von allem gesetzwidrigen Wesen zu erlösen und für sich selbst ein Volk zum Eigentum zu reinigen, das eifrig wäre in guten Werken“ (Tit. 2,14). Wir verwerfen daher alle, die gute Werke verachten und faseln, darum brauche man sich nicht zu kümmern, und sie seien unnütz. Indessen meinen wir ja nicht, wie schon früher gesagt wurde, durch gute Werke selig zu werden, oder jene seien zur Erlangung der Seligkeit unentbehrlich, als ob ohne sie nie jemand selig geworden sei. Denn durch die Gnade und durch die Wohltat von Christus allein werden wir selig. Die Werke aber müssen notwendig aus dem Glauben entstehen. [...] . XVII. Kapitel: Die katholische (allgemeine) und heilige Kirche Gottes und das einzige Haupt der Kirche Weil Gott von Anfang an wollte, dass die Menschen selig würden und zur Erkenntnis der Wahrheit kämen, muss es immer eine Kirche gegeben haben und muss es jetzt und bis ans Ende der Welt eine Kirche geben, das heißt: eine aus der Welt berufene oder gesammelte Schar der Gläubigen, eine Gemeinschaft aller Heiligen, nämlich derer, die den wahren Gott durch das Wort und den Heiligen Geist in Christus, dem Heiland, wahrhaft erkennen und recht anbeten und im Glauben an allen durch Christus umsonst angebotenen Gütern teilhaben. Alle diese Menschen sind Bürger eines Staates, leben unter dem gleichen Herrn, unter den gleichen Gesetzen und haben an allen Gütern gleichen Anteil. Denn so hat sie der Apostel genannt „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Eph. 2,19), indem er die Gläubigen auf Erden Heilige nennt, weil sie durch das Blut des Sohnes Gottes geheiligt sind (1.Kor. 6,11). Auf diese bezieht sich der Artikel des Glaubensbekenntnisses: Ich glaube eine heilige, katholische (allgemeine) Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen. Und da es immer nur einen einzigen Gott gibt, nur einen Mittler zwischen Gott und den Menschen, den Messias Jesus, einen Hirten der ganzen Erde, ein Haupt dieses Leibes, schließlich einen Geist, ein Heil, einen Glauben und ein Testament oder einen Bund, so folgt daraus notwendig, dass es auch nur eine einzige Kirche gibt. Deshalb nennen wir sie die katholische christliche Kirche, weil sie allumfassend ist, sich über alle Teile der Welt und über alle Zeiten erstreckt und weder durch Ort noch Zeit eingeschränkt ist. Wir wenden uns deshalb gegen die Donatisten, die die Kirche auf weiß was für Winkel Afrikas beschränken wollten. Wir billigen auch nicht die Lehre des römischen Klerus, die bloß die römische Kirche für katholisch (allgemein christlich) ausgibt. [...] Wir billigen deshalb nicht die Lehre des römischen Klerus, der seinen römischen Papst zum allgemeinen Hirten und Oberhaupt, ja sogar zum Statthalter Christi für die katholische streitende Kirche auf Erden macht, der die Fülle der Gewalt und die höchste Herrschaft in der Kirche habe, wie sie sagen. Wir lehren nämlich, dass Christus der Herr sei und der einzige Oberhirte Christus der der Welt bleibe; als Hoherpriester verrichte er vor Gott, dem Vater, und in der Kirche selber jegliches Priester- oder Hirtenamt bis ans Ende der Welt. Daher bedarf er keines Statthalters, den nur ein Abwesender nötig hat. Christus aber ist in der Kirche gegenwärtig und ihr lebendigmachendes Haupt. Er hat seinen Aposteln und ihren Nachfolgern aufs strengste verboten, Vorrang und Herrschaft in der Kirche aufzurichten. [...] Die Gemeinschaft mit der wahren Kirche schätzen wir aber so hoch, dass wir behaupten, niemand könne vor Gott leben, der mit der wahren Kirche Gottes keine Gemeinschaft pflege, sondern sich von ihr absondere. Denn wie außerhalb der Arche Noahs keine Rettung war, als die Menschheit in der Sintflut umkam, so glauben wir, dass außerhalb Christus, der sich den Erwählten in der Kirche zum Genusse darbietet, kein gewisses Heil vorhanden sei. Deshalb lehren wir, dass, wer leben will, sich von der wahren Kirche nicht absondern dürfe. [...] XVIII. Kapitel: Die Diener der Kirche; ihre Einsetzung und ihre Pflichten [...]. Die Diener der Kirche sollen vielmehr berufen und gewählt werden durch eine kirchliche und rechtmäßige Wahl; das heißt, ihre Wahl soll auf gottesfürchtige Weise erfolgen, und zwar nach rechter Ordnung, entweder von der Gemeinde oder von ihren dazu Abgeordneten, ohne Aufruhr, Zwiespalt und Streit. Man wähle aber auch nicht beliebige Leute, sondern zum Amt geeignete Männer mit guter und heiliger Bildung, mit frommer Beredsamkeit und einfältiger Klugheit, die auch bekannt sind als bescheidene und ehrbare Menschen, nach der apostolischen Regel, die vom Apostel aufgestellt wird in 1.Tim. 3,2ff., und Tit. 1,7ff. Und die Gewählten sollen von den Älteren eingesetzt werden unter öffentlicher Fürbitte und unter Handauflegung. Wir verurteilen hier alle, die auf eigene Faust Ämtern nachlaufen, während sie doch nicht gewählt, gesandt und eingesetzt sind (Jer. 23). Wir verwerfen ungeeignete und mit den für einen Pfarrer notwendigen Gaben nicht ausgerüstete Diener. Wir bekennen allerdings, dass die unschädliche Einfalt mancher Hirten in der alten Kirche einst der Kirche mehr genützt hat als die vielseitige, auserlesene und feine, aber ein wenig zu stolze Bildung manch' anderer. Daher, wenn die Leute nicht ganz unwissend sind, verwerfen wir auch heute nicht ihre fromme Einfalt. Die Apostel Christi nennen nun freilich alle, die an Christus glauben, Priester, nicht im Sinne eines Amtes, sondern weil wir, da wir Gläubigen alle zu Königen und Priestern gemacht sind, durch Christus Gott geistliche Opfer darbringen können (2.Mose 19,6; 1.Pet. 2,9; Offb. 1,6). Ganz verschiedene Dinge sind also dieses allgemeine Priestertum und das Dieneramt. Während jenes allen Christen gemeinsam ist, wie wir eben gesagt haben, ist das bei diesem nicht der Fall. Das Dieneramt der Kirche haben wir damals nicht aus der Kirche entfernt, als wir das päpstliche Priestertum in der Kirche Christi abgeschafft haben. [...] Die Amtspflichten der Diener sind verschiedenartig, können aber immerhin auf zwei Dinge zurückgeführt werden, die alles andere umfassen: nämlich die Lehre des Evangeliums Christi und die rechtmäßige Verwaltung der Sakramente. Den Dienern liegt es ob, die Gemeinde zum Gottesdienst zu versammeln, darin das Wort Gottes auszulegen und die ganze Lehre dem Bedürfnis und dem Nutzen der Gemeinde entsprechend anzuwenden, damit das, was gelehrt wird, allen Hörern nützlich sei und die Gläubigen erbaue. Den Dienern liegt es also ob, die Unwissenden zu lehren, jene zu ermahnen und vorwärts zu drängen, die auf dem Wege des Herrn stille stehen oder allzu langsam vorwärts schreiten, die Ängstlichen zu trösten und zu stärken und sie zu schützen gegen die mannigfaltigen Anfechtungen des Teufels. die Sünder zu bestrafen, die Irrenden auf den rechten Weg zurückzubringen, die Gefallenen aufzurichten, die Widersprechenden zu überweisen und endlich die Wölfe vom Schafstall des Herrn zu verjagen. Laster und Lasterhafte sollen sie mit Klugheit und mit Nachdruck tadeln und gegen Schandtaten weder nachsichtig sein noch schweigen. Ferner sollen sie auch die Sakramente verwalten und zu ihrem rechten Gebrauch ermahnen und alle zu ihrem Empfang durch die reine Lehre vorbereiten, die Gläubigen auch in heiliger Einheit bewahren, Spaltungen verbieten, die Kinder unterweisen, die Notdurft der Armen der Gemeinde ans Herz legen, die Kranken und von mancherlei Anfechtungen Bedrückten besuchen, unterweisen und auf dem Weg des Lebens erhalten; außerdem sollen sie in Zeiten der Not öffentliche Bet- und Bußtage, verbunden mit Fasten, das heißt heiliger Enthaltsamkeit, anordnen und alles, was zur Ruhe, zum Frieden und zum Heil der Gemeinden dient, mit größter Sorgfalt besorgen. Damit aber der Diener dies alles besser und leichter zu tun vermöge, muss man von ihm in erster Linie verlangen, dass er gottesfürchtig sei, im Gebet verharre, fleißig die Heilige Schrift lese, in allen Dingen und immer wachsam sei und allen durch ein reines Leben voranleuchte. Und weil überhaupt in der Kirche Zucht sein muss und bei den Alten einst der Ausschluss vom Abendmahl gebräuchlich war und im Volke Gottes Kirchengerichte bestellt wurden, in denen weise und fromme Männer diese Zucht handhabten, wäre es Pflicht der Diener, sich nötigenfalls je nach den Umständen von Zeit und öffentlichem Leben zur Erbauung der Gemeinde dieser Zucht zu bedienen. [...]Es sind auch alle treuen Diener als gute Arbeiter ihres Lohnes wert, und sie sündigen nicht, wenn sie einen Gehalt und alles, was für sie und ihre Familie zum Leben derweilen nötig ist, annehmen. Denn der Apostel beweist, dass von Rechts wegen dieser Unterhalt von der Gemeinde geleistet und von den Dienern angenommen werde (1.Kor. 9,7f. und 1.Tim. 5,18 und auch anderswo). Durch diese apostolische Lehre sind auch die Wiedertäufer widerlegt, die die Diener, weil sie von ihrem Dienste leben, verwerfen und schmählich beschimpfen. XIX. Kapitel: Die Sakramente der Kirche Christi Gleich am Anfang verband Gott in seiner Kirche mit der Predigt des Wortes seine Sakramente oder heiligen Bundeszeichen. So bezeugt deutlich die ganze Heilige Schrift. Sakramente sind aber geheimnisvolle Wahrzeichen oder heilige Gebräuche oder geweihte Handlungen, die von Gott selbst eingesetzt sind, und die bestehen in seinem Worte, in Zeichen und in bezeichneten Dingen, durch die er in der Kirche die Erinnerung an seine höchsten, dem Menschen erwiesenen Wohltaten festhält und stets erneuert, durch die er ferner seine Verheißungen besiegelt und das, was er innerlich gibt, äußerlich darstellt und gleichsam augenscheinlich macht und so unseren Glauben durch die Wirkung des Geistes Gottes in unseren Herzen stärkt und mehrt. Durch die Sakramente scheidet er uns endlich von allen andern Völkern und Religionen und heiligt und verpflichtet uns ihm allein, und zeigt uns, was er von uns fordere. Es gibt nun einerseits Sakramente des alten Bundesvolkes und andererseits Sakramente des neuen Bundesvolkes. Die Sakramente des alten Bundesvolkes waren die Beschneidung und das Passahlamm, das geopfert wurde; deshalb wird es zu den Opfern gerechnet, die von Anfang der Welt gebracht wurden. Die Sakramente des neuen Bundesvolkes sind die Taufe und das Abendmahl des Herrn. Es gibt nun Leute, die sieben Sakramente des neuen Bundesvolkes aufzählen. Von diesen anerkennen wir die Buße, die Einsetzung der Diener - allerdings nicht die päpstliche, -sondern die apostolische - und die Ehe wohl als nützliche Anordnungen Gottes, aber nicht als Sakramente[...]Ja, da uns der wahre Messias, Christus, gegeben und die Fülle der Gnade auf das Volk des Neuen Bundes ausgegossen ist, sind die Sakramente des alten Bundesvolkes durchaus aufgehoben und haben aufgehört, und an ihrer Stelle sind eingeführt die Zeichen des Neuen Bundes, statt der Beschneidung die Taufe, statt des Passahlammes und der Opfer das Abendmahl des Herrn. [...] Denn bei der Taufe ist das Zeichen Wasser und jene sichtbare Abwaschung, die durch den Diener geschieht. Die bezeichnete Sache aber ist die Wiedergeburt oder Abwaschung der Sünden. Im Abendmahl des Herrn aber ist das Zeichen Brot und Nein, der dem gewöhnlichen Leben entnommene Gebrauch von Speise und Trank. Die bezeichnete Sache aber ist der dahin gegebene Leib des Herrn selbst und sein für uns vergossenes Blut oder die Gemeinschaft mit Leib und Blut des Herrn. Deshalb sind Wasser, Brot und Wein ihrer Natur nach und außerhalb der göttlichen Einsetzung und dem heiligen Gebrauch immer das, was ihr Name besagt und als was wir sie gewöhnlich empfinden. Wenn aber das Wort des Herrn dazukommt, unter Anrufung des Namens Gottes, mit der Wiederholung der ersten Einsetzung und der ersten Weihe, so werden diese Zeichen geweiht und als von Christus geheiligt erwiesen. Denn in der Kirche Gottes bleibt die erste Einsetzung und Weihe der Sakramente dauernd wirksam, so dass diejenigen, die sie nicht anders feiern, als der Herr sie am Anfang selber eingesetzt hat, auch jetzt jene herrlichste erste Weihe genießen. Deshalb werden auch bei der Feier der Sakramente die eigenen Worte Christi gesprochen. Weil wir nun aus dem Worte Gottes lernen, dass diese Zeichen vom Herrn zu einem anderen Zwecke eingesetzt seien, als wozu sie gewöhnlich dienen, so lehren wir, dass die Zeichen jetzt bei ihrem heiligen Gebrauch auch den Namen der bezeichneten Dinge annehmen, also nicht mehr bloß Wasser, Brot und Wein genannt werden, sondern auch Wiedergeburt oder Bad der Erneuerung, ferner Leib und Blut des Herrn, oder Zeichen oder Sakramente des Leibes und Blutes des Herrn. Nicht dass die Zeichen verwandelt würden in die bezeichneten Dinge, oder aufhörten, das zu sein, was sie von Natur sind. sonst wären sie ja nicht Sakramente; träten sie an Stelle der bezeichneten Sache, so wären sie eben nicht mehr Zeichen. Dagegen nehmen die Zeichen den Namen der Dinge an, weil sie geheimnisvolle Zeichen der heiligen Dinge sind und weil die Zeichen und die bezeichneten Dinge in heiliger Handlung miteinander verbunden werden, und zwar sind sie verbunden und vereinigt durch ihre geheimnisvolle Bedeutung und den Willen oder Ratschluss dessen, der die Sakramente gestiftet hat. Denn Wasser, Brot und Wein sind nicht gewöhnliche, sondern heilige Zeichen. Und der Stifter der Wassertaufe hat sie nicht in der Absicht und Meinung eingesetzt, dass die Gläubigen nur mit Taufwasser begossen werden sollten; und der befohlen hat, beim Abendmahl Brot zu essen und Wein zu trinken, wollte nicht, dass die Gläubigen nur Brot und Wein empfingen, ohne Geheimnis, wie sie zu Hause Brot essen, sondern dass sie in geistlicher Weise teil hätten an den bezeichneten Dingen und wirklich im Glauben von ihren Sünden rein gewaschen würden und an Christus Anteil bekämen. [...] XX. Kapitel: Die heilige Taufe Die Taufe ist von Gott eingesetzt und geweiht, und als erster hat Johannes getauft, der Christus am Jordan ins Wasser eintauchte. [...] Daher gibt es nur eine Taufe in der Kirche Gottes, und es genügt, einmal getauft oder Gott geweiht zu werden. Denn die einmal empfangene Taufe dauert das ganze Leben hindurch an und ist das ewige Unterpfand unserer Annahme zu Kindern Gottes. Denn im Namen Christi getauft werden heißt: eingeschrieben, eingeweiht und aufgenommen werden in den Bund und in die Familie und somit zum Erbe der Kinder Gottes; [...]. Die Taufe aber gehört zu den kirchlichen Amtshandlungen. Wir wenden uns gegen die Wiedertäufer, die nicht zugeben, dass die neugeborenen Kindlein der Gläubigen getauft werden sollen. Denn nach der Lehre des Evangeliums ist „ihrer das Himmelreich“, und sie sind im Bunde Gottes. Warum also soll ihnen das Zeichen des Bundes Gottes nicht gegeben werden? Warum sollen sie nicht durch die heilige Taufe eingeweiht werden, wenn sie doch Eigentum und in der Kirche Gottes sind? Wir verwerfen auch alle anderen Lehren der Wiedertäufer. die entgegen Gottes Wort eigene Fündlein enthalten. Wir sind also nicht Wiedertäufer und haben mit ihnen rein nichts gemein. |