Geheimartikel zum Frieden von Crepy zwischen Karl V. und Franz I. von Frankreich, 19. September 1544
Der sorgfältig vorbereitete Feldzug gegen Frankreich 1544 sollte dem Kaiser die Hände freimachen zur Niederwerfung der deutschen Protestanten. Nach kurzem, erfolgreichem Vormarsch schloß Karl am 18. September 1544 den Frieden von Cripy, der am folgenden Tage in Meudon durch ein Geheimabkommen ergänzt wurde. Es ließ schon durch seine Form die Siegerstellung des Kaisers erkennen: Während Franz bedeutende Verpflichtungen übernahm, vermied es Karl, seinem Gegner etwas Schriftliches in die Hand zu geben. Er fürchtete, daß der König ihn an dieselben Protestanten, zu deren Unterwerfung er sich verpflichtete, verraten könnte.
Franz von Gottes Gnaden König von Frankreich: Es sei kundgetan, daß zwischen Unserem teuren und sehr geliebten Bruder Kaiser Karl, dem fünften seines Namens, und Uns am 18. September 1544 Frieden geschlossen worden ist, und daß er und Wir für das richtigste Ziel im Dienst Gottes die Rückführung Unseres heiligen Glaubens und Unserer Religion zu völliger Einheit und die Abstellung der Mißbräuche gehalten haben, die zur Entstehung der neuen und verderblichen, an mehreren Orten und Gegenden der Christenheit zur Zeit herrschenden Sekten Anlaß gegeben haben. Unsere Bevollmächtigten haben bei dieser Verhandlung ihm in Unserem Namen versprochen und auf Wunsch Unseres lieben Bruders, des Kaisers, zugestanden, daß Wir vermittelst und in Anbetracht des genannten Friedensvertrages gemeinsam mit Unserem Bruder bei der Rückführung [zur Einheit] und bei der Reformation [der Kirche] helfen und Beistand leisten werden.
Da Uns dieses durchaus genehm ist und Unserem Wunsch und Willen entspricht, versprechen Wir hiermit in aller Treue, auf königliches Wort und auf Unsere Ehre, mit allen Unseren Kräften ernsthaft, gründlich und vollständig zu der genannten Rückführung und Reformation (reduction et reformation) zu helfen, sei es auf dem Wege des Konzils oder auf andere Weise, wie Unser geliebter Bruder und Wir es für zweckmäßig und dienlich erachten werden ... Wir werden ihm diese Hilfe künftig leisten aus den obengenannten Rücksichten, und weil es eine Sache ist, die vor allem seine kaiserliche Autorität und Würde betrifft; desgleichen dem Römischen König [Ferdinand], Unserem ebenfalls geliebten guten Bruder. Wir werden ihnen alle Unsere Hilfe und Gefälligkeit (faveur) erweisen in dem, was die erwähnte Rückführung und Befriedung des Zwiespaltes der Religion in Deutschland betrifft, so oft und viel davon nötig erscheinen wird. Wir werden in gutem Glauben alles tun, was an Uns liegt oder worum die genannten Herren, der Kaiser und der König, Uns ersuchen werden, um die Reichs-stände (besonders die von den genannten Irrlehren berührten und angesteckten) dazu zu bringen, zu überreden und zu überzeugen, und Wir werden Uns auf Anforderung des Herrn Kaisers mit Seiner Kaiserlichen Majestät zusammen zum Feind aller, wer es auch sei, im allgemeinen wie auch im besonderen, erklären, die die genannte allgemeine oder teilweise Rückführung und Reformation hindern oder sich ihr widersetzen wollen, ohne Uns jemals in dieser Hinsicht von Unsern geliebten Brüdern, dem Römischen Kaiser und dem Römischen König, abzusondern oder zu trennen.
Für den Fall, daß es sich als nötig erweisen sollte, gegen die genannten Häretiker Gewalt anzuwenden, stimmen Wir zu und bewilligen Wir, daß die Hilfe an Reitern und Fußvolk, die Wir in dem erwähnten Friedensvertrag gegen den Türken versprochen haben, gegen die genannten Häretiker verwendet werde. Wir werden sie auf Anforderung des Herrn Kaisers ganz oder teilweise, wie es gefordert werden wird, zur Verfügung stellen. Hinsichtlich des allgemeinen Konzils stimmen Wir zu und sind Wir einversvnden, daß es in Trient oder Cambrai oder Metz nach Wahl Unseres Bruders und zu der von ihm vorgeschlagenen Zeit stattfinde. Wir werden Unsere Vertreter, Gesandten und Gelehrten sowie einige Männer von erprobtem Ansehen und Eifer dorthin schicken, damit sie mit den Beauftragten und Gesandten Unserer genannten Brüder zusammen einmütig an der Abhaltung dieses Konzils und an der Verhandlung der im Vertrag als notwendig und nützlich genannten Punkte mitwirken.
Außerdem werden Wir Unserem genannten Bruder, dem König der Römer, ehrlich und getreulich in seinen Angelegenheiten helfen und beistehen, insbesondere bei der Rückeroberung dessen, was der Türke ihm in Ungarn abgenommen hat .. .
Auch versprechen Wir dem Herrn Kaiser, künftig keinen Friedensvertrag mit dem König von England einzugehen, ohne ihn mit seinen Königreichen, Ländern und Staaten ausdrücklich einzuschließen und vorzubehalten. Sollte aber der König von England aus Anlaß des zwischen Uns geschlossenen Friedensvertrages den Herrn Kaiser beunruhigen oder Krieg gegen ihn erregen, werden Wir mit aller Unserer Macht dem Herrn Kaiser treulich und ehrlich helfen, ihm zu widerstehen, und werden Uns in aller Form als Feind des Königs von England erklären ...
[F. Dickmann]
[Hasenclever, S. 420—422] zit. nach: Geschichte in Quellen, Bd. III, Renaissance, Glaubenskämpfe, Absolutismus, München 1966, S 179-180
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