Luther, Martin, An den Landgrafen Philipp, vom 23. Juni 1529
Gnade und Friede in Christo. Durchlauchtiger,
Hochgeborner Fürst, gnädiger Herr! Ich habe E. F. G.1) Schrift und gnädiges Begehren, daß ich mich soll gen Marburg begeben, mit Oecolampad und den Seinen eine Unterrede zu haben, des Zwiespalts halben vom Sacrament, ob Gott wollte Friede und Einigkeit geben, unterthäniglich vernommen. Wiewohl ich aber eine schlechte Hoffnung habe zu solchem Frieden; so ist doch ja E. F. G. Fleiß und Sorge hierin hoch und sehr zu loben, und ich für mich willig bin, solchen verlornen und vielleicht auch uns fährlichen Dienst E. F. G. mit allem Fleiß zu beweisen, und E. F. G. Willen und Fürnehmen nach mich begeben, wohin ich soll. Denn ich den Ruhm mit Wahrheit dem Widertheil nicht lassen will (ob Gott will), daß sie mehr zum Frieden und Einigkeit geneigt wären, denn ich. Ich will E. F. G. eben so mehr bei Zeit dürre heraus sagen, was ich denke. Aber da bitte ich für, gnädiger Fürst und Herr, daß E. F. G. wollten gnädiglich bedenken, oder auch erforschen, ob jenes Theil auch geneigt wäre etwas zu weichen von ihrer Meinung, damit endlich übel nicht ärger werde, und eben das Widerspiel deß gerathe, das jetzt E. F. G. so herzlich und ernstlich sucht. Denn was hülfe es, zusammen kommen und unterreden, so beider Theil mit Fürsatz kommet, nichts überall zu weichen?
Mich stehet die Sache an, als suchten sie durch E. F. G. Fleiß ein Stücklein, daraus nichts Gutes folgen will, nämlich, daß sie hernach wider uns rühmen mögen, wie es kein Fehl an ihnen gewesen sei, hätten solchen großen Fürsten bewegt, und wollten also uns durch E. F. G. Namen mit Unglimpf beschweren, als wären wir Feinde des Friedens und der Wahrheit, sich aufs Allerfeinste zu schmücken. Ich kenne den Teufel wohl, was er sucht. Gott gebe aber, daß ich hier nicht ein Prophet sei. Denn wo es nicht ein falscher Tück, sondern rechter Ernst wäre bei ihnen, Friede zu suchen: dürften sie solche prächtige Weise, durch große mächtige Fürsten, nicht fürnehmen; denn wir von Gottes Gnaden so wüst und wilde nicht sind. Sie hätten uns mit Schriften ihren demüthigen Fleiß zum Frieden, wie sie rühmen, wohl längest, und noch, können anbieten. Denn ich weiß das wohl, daß ich ihnen schlecht nicht weichen werde; kann auch nicht, weil ich so ganz für mich gewiß bin, daß sie irren, dazu selbst ungewiß sind ihrer Meinung. Denn ich alle ihren Grund in dieser Sache genugsam erfahren habe; so haben sie meinen Grund auch wohl gesehen.
Darum ist meine unterthänigste Bitte, E. F. G. wollten um Gottes Willen helfen höchlich bedenken, obs mehr Frucht oder Schaden bringen werde. Denn das ist gewiß, wo sie nicht weichen, so scheiden wir von einander ohne Frucht, und sind vergeblich zusammen kommen, und ist E. F. G. Kost und Mühe verloren. So werden sie denn nicht lassen können ihr Rühmen, wie sie bisher gewohnet, und uns mit Unglimpf beschweren, daß wir aufs neue gedrungen werden uns zu verantworten. So ists denn ärger worden, denn es jetzt ist. Das will und sucht der Satan.
Daß aber E. F. G. besorget, aus solcher Uneinigkeit möcht Blutvergießen folgen, weiß auch E. F. G., was deß folgen werde (da Gott für sei), daß wir deß alles unschuldig sind. Und Gott wird unsere Unschuld wohl an Tag bringen. Ob der Rottengeist Blutvergießen anrichtet, so thut er nach seiner Art, wie er zuvor an Franz von Sickingen, Carlstadt und Münzer auch gethan hat; da wir dennoch von Gottes Gnaden unschuldig, und der Gegentheil schuldig blieben ist.
Solches habe ich, E. F. G. zu erzeigen meinen bereiten, willigen (wiewohl gar kleiner Hoffnung) Dienst, geschrieben. Denn E. F. G. zu dienen bin ich schuldig und willig. Christus aber, unser Herr, zutrete den Satan unter seine und unser aller Füße, Amen, Amen. Gegeben zu Wittenberg, den 23. Juni, Anno 1529.
E. F. G.
williger
Martinus Luther.
Quelle: Luthers Volksbibliothek, Band 7
1) d. h. Euer Fürstlichen Gnaden.
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