Landgraf Philipp an Georg v. Carlowitz, Zapfenburg 1542 November 30.
1. Kammergericht. 2. Kritik des Briefes Georgs v. Carlowitz an König Ferdinand. 3. Vorbedingungen eines Friedens innerhalb der Christenheit.
Konz. M. Sachsen, Albert. Linie II, 4. — Gedruckt: Rommel, Philipp der Großmütige III, 90.
[1] Dein an uns gethanes schreiben [Nr. 407] haben wir empfangen, und inhalts lesende vernommen. Sovil nun betrifft das kammergericht, gefeilt uns Dein bedenken nit ubel; dweil aber an solchem kammergericht ein hauf böser, loser, papistischer buben sitzen, die sich auch in vielen sachen gegen uns und unsern stenden so ganz ubel und parteisch gehalten und noch, so kannst Du bei Dir selbst abnemen, dass unsern stenden solch kammergericht keins wegs zu leiden ist, sondern haben dasselbig in allen sachen recusirt; ingleichnus wirds markgrafe Jorge und andere, die nit in unser bundnus sein, auch thun; und wird das kammergericht nimmermehr gut, es werde dann reformirt und mit frommen unparteischen leuten widerum besetzt; dann sich das itzig kammergericht zu vil verdechtig helt, und wurd uns mit seinem erkennen, wann wir im solchs nachlissen, nit allein in geistlichen, sondern auch in weltlichen sachen um leih und gut zu bringen understehen. Aber an das muegen wir und die verstendnis ein unparteisch kammergericht, das mit frommen, erbarn erlichen person besetzt were, wol leiden.
[2] Was aber betrifft Dein schreiben, so Du an den konig gethan [Nr. 405], davon Du uns copei zugeschickt, haben wir dasselbig auch verlesen, und gefeilt uns der erst artikel gemelts Deins schreibens nit ubel, wenns allein bein Ungern zu erheben were, und es der Turk leiden wollte. Der artikel der religion halben gefeilt uns wol, allein wenn er vollkommner were; wir konnen aber wol denken, dass Du dem konig schreiben musst als einem, der in diser sachen der religion noch den ganzen grund nit hat. Wenn mans nun dahin bringen konnte, dass die papisten zusammenkemen und sich selbst unter einander, auch ire kirchenordnung, reformirten, und was missbreuchlich abstelleten, so wers vors erst von inen anzunemen; das ander wurde mit der zeit auch folgen. Der dritt artikel, des hz. von Gulchs halben, gefiele uns wol, wenns bei ime zu erheben were, wie wir besorgen, dass er Gellern nit verlassen wird.
[3] Wir haben aber bei uns uf einen andern weg gedacht, dardurch die grossen heupter und potentaten möchten verglichen werden, nemlich uf disen: Wenn mans dohin bringen konnte, dass der kaiser dem Franzosen Mailand ubergebe, und dass der Franzos und das reich dem kaiser hulfe, dass er Romaniam, das ist alle landschaft, die der babst innhat, einbekeme, — doch musst dem babst auch ein zimlicher underhalt gelassen werden, als dass er ein bischof zum Rom, wie von altersher, bliebe, — und dass die stadt Florenz und andere, die vor zum reich gehort,, wider zu iren freiheiten gebracht wurden; und wenn der Franzose Mailand, der kaiser Romaniam hette, und weren die grossen heupter also im vermugen einander gleich in Italia, — dann der Franzos hett Biamund und Mailand, so hett der kaiser Neapolis und Romaniam, — so wurd das misstrauen zwuschen den grossen heuptern gestillt mugen werden; dann on das ist Frankreich oder seine söne nit zufriden zu stellen, dann er will mitherr in Italia sein und Mailand und Biamund haben. Dargegen musst der kaiser den hz. von Saphoy in Spanien zufriden stellen. Und wenn also der Franzos Mailand und Biamund, der kaiser Romania und Neapolis innhette, so konnte fride werden so zwuschen inen bestendiglich. Alsdann musst auch von stund das concilium gehalten werden, und in sachen des glaubens vergleichung gemacht, der babst zu seinem vorigen stand, das ist ein ufseher und bischof zu Rom, bracht werden, und gleich mit dem krigsvolk, damit Italia gewunnen, mit merer hilf gegen den Turken geruckt und gezogen; also mocht verhoffentlich sein, dass gegen den Turken etwas stattlichs ausgericht, sofern man gott aus der acht und bann thete, das ist, das wormisch edict und augsburgisch abschid ufhube, sovil die religion betrifft. Dann on vergleichung der religion richt man nichts aus, und on sturzung des babsts zu seinem vorigen stand ist nit muglich, dass die heupter, kaiser und so Frankreich, eins bleiben; dann er, der babst, macht sie uneins und richt allen unwillen an. Dat. Zapfenburg den 30. novembris a. 42.
aus: Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen, hg. von Erich Brandenburg, Erster Band, Berlin 1982, Nr. 411, S. 513-14
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