Regensburger Vertrag zwischen Kaiser Karl V. und Philipp von Hessen, 13. Juni 1541
[Auszug]
Verpflichtungen des Landgrafen: Unterstützung der habsburgischen Politik, ausgenommen die Religionsfrage und die bestehenden Bündnisverpflichtungen Philipps (Schmalkaldischer Bund, Rheinische Einung, Erbeinungen). Förderung der Religionsvergleichung. Unterstützung der Reichspolitik Ferdinands. Kein Vertragsverhältnis zu Frankreich, England und anderen Feinden Habsburgs (namentlich zu Kleve). Keine Aufnahme Frankreichs, Kleves, Moritz' von Sachsen, Ulrichs von Württemberg in den Schmalkaldischen Bund. Militärische Unterstützung des Kaisers gegen Geldern und Zütphen. Verpflichtungen Karls und Ferdinands: Zusage des Rechtsschutzes. Ausgenommen sind die Religionssache und ein Religionskrieg gegen den Schmalkaldischen Bund.
Lenz III, S. 91-96. Hier zit. nach Alfred Kohler (Hg.), Quellen zur Geschichte Karls V., Darmstadt 1990, S. 254-259
Regensburg, 13. Juni 1541
Wir Karl der funft, von Gottes gnaden Römischer Kayser, zu allen zeiten merer des reichs, König in Germanien, zu Castilien, Arragon, Leon, baider Sicilien, Iherusalem, Hungern, Dalmatien, Croatien, Navarra, Granaten, Toleten, Valentz, Galicien, Majorica, Hispalis, Sardinien, Corduba, Corsica, Murcien, Giemus, Algarbien, Algezieren, Giberaltar, der Canarischen und Indianischen insulen, und der Terre firme des oceanischen mers etc., Ertzhertzog zu Osterreich, Hertzog zu Burgundii, zu Lotterigk, zu Brabant, zu Steier, zu Karndt[e]n, zu Crain, zu Limburg, zu Lutzemburg, zu Geldern, zu Calabrien, zu Athen, zu Neopatrien und Wurtemperg etc., Grave zu Habsperg, zu Flandern, Tirol, zu Gortz, zu Barcinon, zu Arthois, zu Burgundi etc., Pfaltzgrave zu Hennigau, zu Holland, zu Seeland, zu Pfirt, zu Riburg, zu Namur, zu Rossilion, zu Teritania und zu Zuphen, Landgrave in Elsas, Marggrave zu Burggau, zu Oristain, zu Gociani, und des heiligen romischen reichs Furst zu Schwaben, Cathalonia, Asturia, Her in Friesland, auf der Windischen Mark, zu Portenau, zu Biscaya, zu Molin, zu Salins, zu Tripoly und zu Mecheln etc. –
bekennen offentlich mit disem brive und thuen khund allermenigclichen fur uns und den durchleuchtigsten fursten, herrn Ferdinandum, Romischen Konig, auch zu Hungern, Behem, Dalmatien, Croatien etc. Konig etc., unsern freuntlichen lieben bruder, an diesem brieve: das wir bedacht haben, das dem heiligen romisch[e]n reich nichtzit bessern geschehn mög, dann so dasselb in seinen heuptern und gelidern, und auch die glider gegen einander in rechten gnedigem, underthanigen und freuntlichen willen, frid und ainigkait stehen und ainer des andern ere, nutz und wolfart suchet. Darumb so haben wir uns fur uns und den gemelten unsern freuntlich[e]n, lieben bruder im namen des Herrn mit dem hochgebornen Philipsen, Landgraven zu Hessen, graven zu Catzenelnbogen, unserm lieben ohemen und furst[e]n zusammen gesetzt, und thun das in und mit kraft dis briefs, nemlich das unser ein teil das ander gnedigklich und treulich mainen, er[e]n und furdern soll in allen sachen, so hierin nicht ausgenomen sein. Und sonderlich so sol obgemellter unser lieber ohem und furst, der Lantgrave, sich als ain gehorsamer, treuer furst und lehenman des heiligen romischen reichs gegen uns und gemelten unsern lieben brudern und dem heiligen römischen reich teutscher nation halten und erzaigen, auch uns gehorsamen, unsern nutz und fromen furdern und schaden warnen und abwenden, sovil ime muglich, gegen yederman – doch hierinen furbehalt[e]n und ausgenomen die religionsach und was derselben anhangt, auch die buntnus und confederation, so zu Schmalkalt[e]n zwischen den religionsverwanten der Augspurgischen confession und ir[e]n in sol[c]her schmalkaldischen buntnus mitvereinigt[e]n aufgericht, oder so derhalben hernach aufgericht möchte werden; dergleichen die ainigung, so sein lieb hat mit den churfurst[e]n bei Rhein, nemlich Maintz, Trier, Pfalz, und dem bischof zu Wurtzburg, dem hertzogen zu Wurtemberg, zum tail erblich, zum tail auf ain zeit; item hertzog Ernsten und hertzog Erich[e]n den jungern, hertzog zu Bronschweig und Lunenburg, dem bischof zu Monster und dem hertzogen zu Holstein, der sich nennet ain könig zu Denmark, wie sein lieb uns und hertzog Fridrichen des gewis gemacht hat, welche arbaynung [so], buntnus und confederation uns, unsern bruder und dem heiligen römischen reich zuwider nicht aufgericht sein. Und ist solich ausnemen von seiner lieb dermassen geschech[e]n, soviel der offtgem[elten] ainung1) auf zeit gestellt und gemacht sein, das dan sein lieb mit den obgemelt[e]n cur- und furst[e]n, auch potentaten in zeitlich[e]n sachen nach verloffung der gedachten zeit sich mit denselbigen in weiter ainung [und bu]ndnus nicht geben wil, es seien dan wir und unser bruder und unser beder furstenthumb und land darin ausgenomen.
Er sol und wil auch, soviel an ime ist und [er] mit gutem gewissen mit Got thun kan, die verainigung und vergleichnus in der religion und teutscher nation jetzt und kunftigklich zu furdern und dasjene, das auf disem gegenwurtigen r[e]ichstag durch uns als romischen kaisern und beder teil religion stend und verwant[e]n mit guetem wissen und willen, mit gemeinem zulassen und bewilligen bewilligt und beschlossen wurdet, das er mit guetem gewissen halt[e]n kan, halten und bei dem [so; 1. „den”] seinen zu halten verschaffen, sovil an im ist. Item, er sol auch auf allen reichstagen und versamblungen der chur- und fursten und stendt unser, unsers bruders und des heiligen reichs sachen, sovil ime moglich ist und er mit er[e]n thun kan, furdern und unsern und unsers brudern [so] willen nach seinem vermogen in das werk zu pringen understehn, und, wes er sich dunk[e]n lesset, das zu unserm, unsers bruders und gemainer teutschen nation, desgleichen auch der erbland Osterreich, Burgund[e]n, Brabant, Lutzelburg und anderer ere, nutz und reputation dienen mag, treulich erinnern, wie er das unverletzt voriger habenden aynung und sonst mit er[e]n thun mag.
Er soll auch unsern [so] freuntlich[e]n lieb[e]n bruder, dem romischen konig anhangen, und sonderlich, so sich zutruge, das wir mit tod abgeen wurden – das der almechtig Got zu seinem lob und ere lange zeit verhuete –, so sol er gemeltem unserm bruder anhangen und sein lieb fur ainen romischen konig acht[e]n und halten und die obgemelten heuser Osterreich und Burgundy, sovil ime möglich ist und wo er solchs mit er[e]n thun mag, furdern und denen gunstig sein. Es soll auch sein lieb, sovil ir möglich ist, ire freunt, gesipten und verainigten zu unserm, unsers bruders und unserer land gut[e]n willen und treu zu bewegen treulich understeen. Er sol auch getreuen vleis anwenden, das des heiligen reichs stend uns und unsern bruder zu hanthabung des heilig[e]n romisch[e]n reichs gerechtigkait und achtung wider alle die, so gegen uns dero wegen etwas furnemen oder widerwertig sein wolten, bede aus Italien und von andern ort[e]n her, beystendig, ratlich und hülflich sein, wie inen das zu thun gepur[e]n und wol anstan wurd. Er soll und wil auch an unser und unsers bruders besondern willen mit dem könig zu Frankreich noch sonst ainich[e]n andern auswendigen königen, furst[e]n, potentat[e]n kain bundnus, aynung oder confederation irer kaiserlich[en] mayt. und disem vertrag zuwider annemen, mach[e]n noch aufricht[e]n. Also wil auch sein lieb nicht zulassen, das der obgemelt konig von Frankreich und hertzog zu Cleve in die schmalkal'.disch buntnus genomen werden oder sonst mit den protestierenden stend[e]n in buntnus komen; wil auch für sich mit gemelten [so] hertzogen zu Cleve in kain bundnus komen. Er wil auch fleiß furwenden, das hertzog Moritz von Sachs[e]n, seiner lieb eyd[a]m, in gleichnus sich mit dem konig zu Frankreich oder hertzog von Cleve oder mit imands anders zu unserm und unsers bruders nachteil in kein butnus kome [so] sive directe sive indirecte, sonder das er, hertzog Moritz, in gleicher treu und gehorsam gegen uns beleibe in maßen gemelter landgrave. Dagegen so sollen und wöllen wir als ain romischer kaiser denselben [so] hertzog Moritzen sein land, leut und gerechtigkait in genedigen kaiserlichem bevelch haben, und so sich begebe, das sein vatter hertzog Hainrich zu Sachsen mit tod abgieng, im als dem eltesten son der regalien und reichslehen gnedigklich leihen und die vatterliche und bruderliche vertreg seiner anherrn, vatters [so] und vöttern hertzogen zu Sachsen, die erbung, succession und regirung belangend, confirmir[e]n und bestettigen: doch also, das gemelter hertzog Moritz solch gelt, so durch die furst[e]n der Nurnbergisch[e]n puntnus hinderlegt, denselben widerumb behendige und volgen lasse, sover es nicht gelübet [geliefert] were.
Es soll auch landgrave Philips mit herzog Ulrichen zu Würtenperg treulich hand[e]ln, sich mit dem konig zu Franckreich oder hertzogen zu Cleve oder mit jemants andern zu unserm nachteil in buntnus nicht zu begeben directe vel indirecte, noch in derselbigen dienst ainiche kriegsleut aus seinem land zu senden und zu lauffen gestaten, soviel im möglich. Und sover hertzog Ulrich sollichs annymmpt und zusagt, so sollen und wöllen auch wir und unser bruder sein gnedig herrn kaiser und konig sein, ine, sein land und leut in gnedigst[e]n bevelch haben, und was im unbillichs begegnet, gnedigklich abwenden. Es soll auch gemelter lantgrave seines vermugens alle und yde pratiken, so der kunig von Franckreich jetz und konftigclich in teutscher nation bey churfurst[e]n, furst[e]n und stenden uns und unserm bruder zu nachtail und wider [so] mach[e]n möchte, wenden und verhindern, und diejenen, so sich zu im gethon hetten oder genaigt wer[e]n, nach seinem vermugen abzihen und abnemen [so; abmanen?]. Es hat auch gemelter landtgrave uns bey der warhait zugesagt, das er auf disen tag mit dem hertzogen von Cleve kain buntnus habe, das er auch mit demselbigen kaine annemen noch mach[e]n wöl noch demselbigen ainiche hulf, rat oder beystand thun well [so] wider uns haimlich noch offenbar, sonderlich sovil unser vordrung und ansprach zu dem hertzogthum Gellern und graffschaft Sutphen antrift, sonder es wil gemelter lantgrave aus redlichen ursachen in darzu bewegend in obgemelter sach ain gemainer man und kainem tail weiter, dan obgemelt ist, zugethon sein, sonder wil in dem frey steen. Wurden aber uns gemaine stend des heiligen reichs in dem fal ainiche hülf bewilligen und thun, alsdan wil er sich als ain ander furst der gepur wissen zu halten. Wurden auch auswendig konig, furst[e]n und potentaten uns oder unser erbland mit der that uberziehn und wir seiner person umb zimliche erliche besoldung in unsern dienst begern und gestalt der handlung anzaigen lassen und ime ain sollichs furschlagen, das im zu thun anstund und im gelegen, alsdann wil er sich bedenck[e]n und in dem fall weder ab noch zugesagt haben. Aber gleichwol, so er personlich nicht dienen wurd, so wil er uns sein hauptleut und underthonen umb zimbliche besoldung zureit[e]n und zuzieh[e]n lassen, auch solichs bey hertzog Moritzen, dergleichen zu tun oder personlich ze ziehen, mit fleis anregen und hand[e]ln.
Daneben hat gemelter landtgrave uns vergwisset, das er mit dem konig von Engelland keinen verstand oder buntnus hab noch auch kaine annemen wol on sonderlich unser zulassen. Will auch nicht verwilligen, das gemelter konig in die schmalkaltische oder andre bundnus, so uns zuwider sein mochten, komen möge. Verner wil er treuen fleis furwenden, die sachen, so sich zwischen hertzog Fridrich[e]n zu Bairn und dem hertzogen zu Holstein erhalt[e]n, neben andern zu gutlichen tagen und handlungen zu pringen, und versuch[e]n, ob die mocht[e]n auf bessere weg gepracht werden; in gleichnus auch gern in den Lutzenburgisch[e]n geprech[e]n neben Pfaltz hand[e]ln, ob man die zu vertrag oder auf tregliche pilliche weg pringen mocht[e]n, [so]. Zum letzt[e]n wil gemelter landgraf, sovil ime moglich ist, alzeit verhindern, damit kain kriegsvolk aus teutscher nation, sonderlich seinen landen, dem konig von Frankreich zu dienst zuzieh[e]n noch auch sonst in dienst aines andern frembden potentaten, konigs oder furst[e]n wider uns, und in dem treues und fleißigs aufsehens haben, auch seine freunt und mitverwant[e]n darzu vermanen. Und so er verstunde, das in teutscher nation oder sonst in ainichen [so] ort wider uns oder unser land etwas practicirt oder furstund, darin wil er sich jeder zeit halt[e]n, wie ainem treuen, erlichen lehenman zustehet, gegen uns, unser schwester, der kunigin von Hungern witib, und andern unsern treuen diener[n] und regierern. Und demnach so haben wir aus sonderer gnedig[e]n zunaigung, auch liebe und freuntschaft, so wir zu gemeltem landgrauen tragen, sein lieb in unser besonder gnade und freuntschaft genomen (und thun das in und mit kraft dises brifs) und ime alles und jedes, was das sey, so er wider uns, unsern brueder oder jemantz anders, wer der sey, sovil das uns antreffen mag oder wider unser kaiserlich gesatz und recht oder des reichs ordnung bis auf disen tag offenlich oder heimlich gehand[e]lt hette oder gehandelt zu haben geachtet wurde, gentzlich nachgelassen und verzigen.
Und darumben so sollen auch weder wir noch unser pruder, unser fiscal noch imantz von unser beeder wegen von solcher oder andren besonderer seiner lach[e]n weg[e]n, so er bis auf disen tag gehabt oder noch hat, wider ine oder sein ere und wurdigkait, stet und gueter, land und leut in oder außerhalb rechts nichtzit furnemen durch uns oder jemantz anders von unsern wegen directe oder indirecte, noch das zu gescheh[e]n oder zu thun verschaffen oder bevelh[e]n. Sonder wir sollen und wollen sampt unserm lieben bruder sein lieb derselbigen eerwürdigkait und stand, kinder, land und leut in gnedigst[e]n bevelch, schutz und schirm haben. Und so wir etwas von imantz, wer der wer, furzunemen innen und gewar wurden, das im, seinen ern, landen und leut[e]n und den seinen zuwider und nachtail raich[e]n möcht, dasselb gnedigklichist und bey guet[e]n glauben abwenden und verhindern; auch sollichs unser freuntlich[e]n lieben schwestern, (rauen Maria, unserer regentin und andern unsern bevelhhabern in unserm abwes[e]n also zu thun und zu halt[e]n bevelh[e]n und gepiet[e]n.
Doch ist hierin ausgenomen die religionsach und was derselbigen anhanget auf beden seit[e]n, bede von unser und auch des lantgraf[e]n wegen: doch also, das wir oder die unsern oder imands von unsern wegen, unser bruder oder die seinen von wegen sol[c]her religionsach oder was daraus fließen oder dero anhangen mocht, ainich[e]n krieg, fordrung oder anfechtung in oder außerhalb rechts wider gemelt[e]n landgraven, seine land, leut oder die seinen particulariter nicht furnemen sollen noch woll[e]n; es were dann, das von wegen der religion wider alle protestantes in gemain krieg bewegt wurd. Wir wöllen auch uns durch nymants, wer der were, wider gemelten landgraven bewegen oder anraitzen lassen, particulariter etwas wider in zu hand[e]ln, noch auch kain rescript oder comission wider des reichs ordenung und obgemelte unser obligation auf imands anhalten ausgeen lassen in kain weis. Dergleich[e]n woll[e]n auch wir uns gegen seinem eyden hertzog Moritzen gnedigklich erzaigen; und so wir etwas erfur[e]n, das wider sein lieb oder seiner lieb lant und leut were oder sein möcht, davon sollen wir [gnedi]klich warnen.
Und in disen vertrag haben wir uns des gemelt[e]n unsers freuntlich[e]n lieb[e]n bruders, dieweil derselb sein lieb mit betrifft, freundtlich gemechtigt, und wollen auch [. . .] und verfueg[e]n, das sein lieb denselben auch ratificir[e]n sol. Sollichs alles haben wir gemeltem lantgraven bey unsern kaiserlich[e]n waren wort[e]n und gut[e]n glauben, und er uns [hin]wider bey seinen furstlich[e]n wurd[e]n und treuen zugesagt, steet, vest und unverbrechlich zu halt[e]n on all geverd, mit urkundt ditz briefs, gesig[e]lt mit unserm kaiserlich[e]n anhangenden insig[e]l.
1) Die Rheinische Einung vom 8. November 1532
Anfragen zu Reproduktionen in hoher Auflösung und druckfähige Vorlagen erhalten Sie von der unter Bestand/Sign. genannten Einrichtung.