Erklärung Kaiser Karls V. den kursächsischen Gesandten gegenüber zur weiteren Vorgangsweise in den Religionsverhandlungen, 18. Mai 1541
Beratungen über eine »christliche Reformation" durch sechs Theologen. Ablehnung eines 18- bis 19köpfigen Theologengremiums. Diskretion über den Inhalt der Beratungen.
Corp. Ref. IV, S. 293-297. Hier zit. nach Alfred Kohler (Hg.), Quellen zur Geschichte Karls V., Darmstadt 1990, S. 250- 254 [Auszug]
Den achtzehnden Tag Maii hat die K. Maj. die Chur- und Fürstl. Sächsischen gesandten Räthe zu sich in die Herberg fordern und auf folgende Punkt Anzeigung thun lassen.
Erstlich, wie ganz väterlich gnädiglich und wohl es die K. Maj. je und allweg gemeinet, an keinem Fleiß noch Mühe erwinden lassen, damit Fried und Einigkeit in der Christenheit möchte gemacht werden. Ihre Maj. hab sich auch derhalben aus ihrem Hispanischen Königreich in deutsche Land verfügt, solche Sachen zu fördern, darauf auch die Handlung allhie angefangen. Und wiewohl Ihre Maj. den Weg für den besten angesehen, daß etliche wenige Personen zusammen verordnet (würden), die sich von den Sachen christlich und freundlich unterreden sollten, so würden doch 1. Maj. berichtet, daß sich etliche dieses Theils Theologen so hart erzeigten, daß wenig fruchtbarliches, da sie dergestalt verfahren würden, zu verhoffen, und also Ihre Reise, Mühe und Arbeit dießfalls vergebens angewendet haben würden.
Aber dieweil Kais. Maj. nicht zweifelt, der Churfürst zu Sachsen etc. wäre nicht weniger, denn Ihre Kais. M., zu christlicher Einigkeit geneigt, wie sich deß ihr Churf. Gn. mehrmals vernehmen lassen und erboten. daß auch wir als Ihre Chfl. Gn. Gesandten und Räthe sonder Zweifel geneigt wären, so hat Ihre K. M. solches im besten uns anzuzeigen nicht unterlassen wollen. Und wäre Ihrer K. M. ganz gnädigs Begehren, das Beste zu rathen helfen und zu mitteln, und die Theologen zu erinnern und zu vermahnen, daß sie sich freundlich und schiedlich halten wollten. Denn gemeldte Theologen sollten dem christlichen Glauben nichts geben oder nehmen, sondern ihr Befehl erstrecke sich dahin, die Sache christlich zu berathschlagen, zu bewegen, und dann zu berichten, damit man also zu christlicher Vergleichung kommen möchte.
Man breche etwas wohl ein altes Haus abe, daran doch die Steine und anderes zu Wiederaufbauung eines andern dienstlich, und nützlich seyn möchte nicht zu verwerfen, sondern zu gebrauchen: also, dieweil viel Mißbrauch ein-gerissen, die man von diesem Theil angefochten, müßte man derhalben was gut wäre nicht gar verwerfen, wie denn vielleicht mit etlichen geschehen seyn möchte. Derwegen so wollten wir die Herren Theologen, sich christlich und schiedlich zu halten, vermahnen. Und hätte die K. M. im Besten bedacht und verordnet, daß die sechs Theologen allein unter sich handeln, und die Ding bewegen sollten. Denn wo ihrer mehr und in zu großer Anzahl bei einander seyn sollten, wäre zu besorgen, daß sie so viel desto beschwerlicher zur Vergleichung kommen möchten.
Und dieweil die K. Maj. angelanget, als sollten in die 18 oder 19 Theologi dieses Theils1) als zu den drei verordneten täglich kommen, damit auch die Stände dieses Theils Consilia hielten, vielleicht einer der, und der andere einer andern Meinung wäre, und also die Concordia dadurch wenig gefördert: so wollt I. Majest. gnädiglich begehrt haben, mit den unsern davon auch zu reden, damit solches verbliebe. Denn Ihre Maj. hätten es auf dem andern Theil auch abgeschafft, hörten auch nicht, daß es geschehe.
Es wäre aber Ihrer K. M. nicht entgegen, daß dem Landgrafen und uns, auch andern vertrauten Personen der Sachen Bericht geschehe, und sie, die Theologen, sich mit uns unterredeten.
Es würde auch Ihrer M. berichtet, daß ein Prädicant neulich anher kommen,2) welcher zu unsrer Herberg gepredigt haben soll, daß der Kais. Maj. Gemüth nicht dahin gerichtet, daß sie zu christlicher Vergleichung geneigt, sondern es würde von 1. Maj. viel anderes gemeint und gesucht. Aber Ihre Maj. wollten Gott, sie und andere zu Zeugen nehmen, daß ihr Gemüth nicht anders stünde, denn daß sie diese Sache zu einer rechten christlichen Einigkeit auch Frieden und Ruhe fördern und richten möchten, und wenn der Allmächtige Gnade verleihen würde, daß die Lehre etwas zu Vergleichung gebracht, wollten sich Ihre Maj., so viel sie belanget, und Ihr zu thun gebührt, also halten und erzeigen, daß an I. Maj. kein Mangel sollte befunden werden, und sollt ein jeder nach seinem Vermögen, damit er christliche Vergleichung treffen möcht, treulich und fleißig fördern.
Und ob der Papst zu einer christlichen Reformation gleich nicht würde geneigt seyn; so sollten Ihre Majest. mit Rath und Zuthun der Churfürsten, Fürsten und Stände dahin trachten, damit eine christliche Reformation der Kirche erfolge. Welches alles die K. Maj. ihnen, den gesandten Räthen, gnädigster Meinung hat wollen lassen anzeigen.
[...]
Die Kais. Maj. hat, nach kurzer Unterrede mit ihren Räthen, dem Herrn von Bratho, Granvel und Doct. Naves, wiederum lassen anzeigen:
Erstlich hat I. M. zu gnädigstem Gefallen und Dank angenommen, daß man dieses Theils zu Friede und Einigkeit geneigt, und daß I. M. Meinung auch nicht anders sey, denn bei dem göttlichen Wort und Wahrheit zu bleiben. Denn wir hätten beiderseits Eine Schrift, alt und neu Testament; aber des Verstandes halben fiele Ungleichheit vor, darum I. M. die Zusammenverordnung der Theologen, als vortrefflich gelehrter, frommer und gottesfürchtiger Leute, bedacht, die Sachen von den streitigen Punkten zu unterreden, die Dinge zu rechten einhälligen Verstand zu bringen. Denn wie Ein Glaub wäre, also wäre auch nur Ein einhälliger rechter Verstand der Schrift, und wäre I. M. Meinung und Gemüth nicht anders, denn daß die Wahrheit gesucht und erforscht möchte werden.
Es hätte sich auch die Handlung in der erst [ersten Zeit] ziemlich angelassen, aber hernach in etlichen Puncten gestoßen, darum sollte man die Theologen, wie begehrt, sich freundlich und schiedlich zu halten, vermahnen. Denn dieser Handel wäre auch ganz unverbindlich, und stünde bei Churfürsten, Fürsten und Ständen, sich auf der verordneten Sechs Unterrede und Handlung zu erklären und vernehmen zu lassen.
Des Prädicanten halben beschwert sich I. M. für ihre Person nicht besonders, denn I. M. müsse geschehen lassen, was man von 1. M. rede, wüßten aber vor Gott zu bezeugen, daß sie die Sachen treulich und wohl meineten, und ihr Gemüth nicht anders denn zu christlicher Vergleichung stünde. Und hätten I. M. vornämlich darum lassen anzeigen, daß sie besorgten, durch solche Reden möchte das christlich gute Werk verhindert werden, welches I. M. zum höchsten beschwerlich.
Daß aber die Sachen des Gesprächs halben durch etliche ausgebreitet und lautbar gemacht worden, lassen I. M. beruhen, von welchem Theil es geschehen, dann I. M. habe verschafft, niemands denn denjenigen, so davon Wissens haben sollen, solches zu berichten. Es wollten aber I. M. bei jenem Theil ein gleiches verfügen, die Sachen nicht ferner, denn dahin es gehöret, auszubreiten, und daß den Theologen solches auch angezeigt würde.
Und wären Ihre K. M. an unsrer Antwort und Erbieten gnädigst und wohl zufrieden.
1 Gemeint sind die evangelischen Theologen.
2 Nikolaus Amsdorf.
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