Erster Vortrag Kaiser Karls V. zur Religionsfrage auf dem Reichstag zu Regensburg, 5. April 1541
In Anknüpfung an das Hagenauer Religionsgespräch schlägt Karl V. die Bildung eines ständischen Religionsausschusses vor. [Auszug]
Corp. Ref. IV, S. 151-154. Hier zit. nach Alfred Kohler (Hg.), Quellen zur Geschichte Karls V., Darmstadt 1990, S. 248-250
Und nachdem auf mehr gehaltenen Reichstägen der streitigen Religion halben Handlung vorgenommen und bedacht worden, daß derselbe Streit und Zwiespalt unserer christlichen Religion durch keinen fruchtbarern und geschicklichern Weg hingelegt, und zu einhelligem, gleichmäßigen Verstand gebracht werden möge, denn durch ein gemein christlich Concilium: so hat ihre Majestät solchen Weg an die Hand genommen, und keinen möglichen Fleiß, Mühe noch Arbeit gespart, damit solch Concilium ausgeschrieben und gehalten würde, und sonderlich wie solches auf jüngstem Reichstag allhie zu Regensburg im nächst verschienem 32sten Jahr der mindern Zahl bedacht und verbscheidet worden ist [...]
Nun hätten sich ihre Kais. Maj. aus ihren Niedererblanden zu diesem Reichstag gefördert, und unterwegs, so viel ihrer Maj. möglich gewesen, Beeilet, unangesehen ihrer Majestät Leibes Schwachheit und sonst allerlei Gebrechen und Verhinderungen, so ihrer Maj. zugestanden. Zu dem hätte ihre Maj. auch nicht unterlassen, bei Päpstlicher Heiligkeit anzusuchen, und solches erhalten, daß Seine Heiligkeit vermöge des Hagenauischen Abschieds ihren Legaten insonderheit hieher verordnet, christliche Fried und Einigkeit fördern zu verhelfen. Und hat derhalben den hochwürdigen Cardinal Contarenum, als einen Liebhaber des Friedens und sonders berühmten verständigen Prälaten, hieher geschickt, welcher auch vor dieser Zeit allhie ankommen ist.
So denn ihre Kais. Maj. diesen jetzigen Reichstag aus oberzählten und andern hochwichtigen und nothwendigen Ursachen, im selben Ausschreiben verleibt, vorgenommen, sich eigner Person hieher verfügt, und nun eine gute Zeit der abwesenden Churfürsten, Fürsten und Stände Ankunft erwartet, die auch nunmals zum Theil in eigener Person, und etliche durch ihre Gesandten gehorsamlich erschienen, deß sich Ihre Maj. freundlich und gnädiglich bedankt, und nun der Principalpunct, darum diese Reichsversammlung beruft wäre, als obstehet, der Zwiespalt unserer christlichen Religion und Glaubens, so bisher über alle gepflogene Handlung für unerlediget, von Tag zu Tag je länger je beschwerlicher worden, daraus allerlei Mißtrauen und Widerwärtigkeit zwischen den Ständen des heiligen Reichs erfolgt, und wo man dem mit zeitlichem heilsamen Rath nicht vorkommen würde, allerlei beschwerliche Weiterung, Krieg und Empörung, als hoch zu besorgen, erwachsen möchten: so ist ihre Maj. zu solchem trefflichen und nothwendigen Werk zu helfen ganz gnädiglich geneigt und begierig, der gnädigen und gänzlichen Zuversicht, die erscheinende Churfürsten, Fürsten und Stände, und der Abwesenden Gesandte, Räthe und Botschaften, werden ihres Theils und ein jeglicher insonderheit auch nichts erwinden lassen, sondern die Sachen ihres besten Verstandes und Vermögens fördern, und deren nachgedenken.
Und es begehret demnach ihre Kais. Maj. an die erscheinenden Churfürsten, Fürsten und Stände, auch der Abwesenden Gesandten, Räthe und Botschaften, freundlich gnädiglich ersuchend, sie wollen erwägen, bedenken und berathschlagen, welcher Maßen berührter Zwiespalt in unserer heiligen christlichen Religion und Glauben hingelegt, und zu einhelligem christlichen Verstand gebracht und vereinigt werden möge, auch was und wie hierin zu handeln und vorzunehmen sey. Und damit die Stände abnehmen mögen, daß Ihre Kais. Maj. diese Religionssache als das trefflichste und höchste Obliegen darum auch gern gefördert sehen wollten, bei ihr selbst mehrmals zu Bedenken und zu Herzen genommen, haben ihre Maj. auf diesen Weg gedacht, sofern die Stände kein fruchtbarer fürträglicher Mittel wissen: daß ihre Majestät mit wohlbedachtem zeitlichen Rath, doch dem Augsburgischen Abschied ohne Nachtheil, etliche guter Gewissen, ehr- und friedliebende Personen, die auch des heiligen Reichs deutscher Nation Ehr, Nutz und Wohlfahrt zu fördern geneigt, in geringer Anzahl aus gemeinen Ständen und deutscher Nation erwählen und verordnen, die streitigen Artikel der Religion nothdürftiglich zu examiniren und zu erwägen, die auch allen möglichen Fleiß vorwenden, die-selben irrigen Puncte zu vergleichen, und alsdann, wie dieselben zu Vergleichung und Einigkeit gebracht werden mögen, ihrer Kais. Maj. auch Churfürsten, Fürsten und Ständen dessen Anzeigung und Bericht thun sollen, sich darauf desto besser haben zu entschließen, auch mit Päpstlicher Heiligkeit Legaten, vermöge des obbemeldten Hagenauischen Abschieds, zu communiciren. Und seynd ihre Kais. Maj. auf solchen Weg auch darum desto mehr bewegt, daß derselbige hievor etliche Mal zu Augsburg und jüngst zu Worms vorbehaltlich, wie obstehet, als zu dieser Sachen der bequemste, fruchtbarste und förderlichste gedacht worden ist.
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