Philipp der Großmütige, Landgräfliche Instruktion für das Wormser Religionsgespräch,
Marburg, 19. Oktober 1540
Landgräfliche Gesandte waren Alexander von der Tann, Oberamtmann der Obergrafschaft in Darmstadt, Hartmann Schleier, Amtmann zu Gemünden an der Wohra. Adamus Craft von Fulda, professor und superintendens zu Marpurgk, Gerhardus Noviomagus, professor, Johann Becker [Pistorius], predicant zu Nidda (PA. 553, die Räte an Feige, 1. Nov. 1540). Später war auch Feige in Worms.
1. Art des Vorgehens. II. Artikel. 1. Buße. 2. Rechtfertigung. 3. Taufe. 4. Messe und Sakrament. 5. Pfaffenehe. 6. Mönche und Nonnen. 7. Speise und Fasten. B. Zeremonien. 9. Bilder. 10. Geistliche Güter. 11. Bischöfliche Gewalt. 12. Gewalt des Papstes. 13. Freier Wille. 14. Vorsehung Gottes. 15. Anrufung der Heiligen. 16. Fürbitte für die Toten. 17. Doppelehe.
[I.] Erstlich sollen sie das kaiserlich furtragen, so uf diesem tage geschehen wirdet, wol anmerken und vernemen, was der kaiser fur ein handlung gestatten und geben will. Darnach hat man sich in vil wege zu richten. Darnach sollen sie in allewege mit er Jacob Sturmen und doctor Martini Bucers rat in den sachen handlen, wie man den anfang des gesprechs soll machen. So werden sie auch hören, was die andern stende, sonderlich di Sachsischen churfurstischen geschickten, der-halben werden anzaigen, doch soln sie sich in allewege hierin mehr nach Sturmen und Buceri mainung 1) dan nach den andern richten.
Zum 2. sollen sie allen vleis tun, sovil immer mit got und gewissen leidlich, menschlich und muglich ist, ob man kommen möcht zu vergleichung der religion.
Zum 3. ist unser rat, das sie in allewege vil der altvetter schrift, alten kirchen und concilien brauchen, also höret mancher umbstender, das wir diese dinge nit allein ausser schrift alts und neues testaments zogen, sondern das die altvetter, kirchen und concilien der dinge mit uns ainig weren, und hierin sollen sie kamen vleis sparen.
[II.] Volgend die articul specifice, davon aufm bemelten tage gehandelt werden soll.
Zum 1.: Von der b u s s e ists ungezweifelt, das die gotlich schrift inhiltet und got haben wil, das die mentschen sollen busse tun, wie dann Cristus und Johannes sagen: Tut busse, busse ist nun nit anders dann abstehen von bosen leben und guts tun, den vorigen bosen wandel verlassen etc. Dieses artikels werden sich unsers achtens papisten und lutheraner liederlich [leichtlich] mit einander vergleichen. Item ob darin schon mit eingezogen wurde, wie es dan die alten gehalten, das ainer offentlich penitenz solte tun, nit dergestalt, das es darum die sunde abneme, sondern das es andern ain exempel were, solchs konten wir nit so ganz widderachten, allain, das mans nit darfurhielte, das es eben die sunde hinwegneme.
Der 2. articul. De j u s t i f i c a t i o n e. Ist der streit: die papisten wollen haben, der glaub und die werk, die von got gebotten, die machen selig; die unsern aber woln haben, der glaube mach allain one zutun der werk rechtvertig, welch wort „allein” und das die werk zur seligkait ganz nichts sein solten, die papisten am hochsten streiten. Nach unserm dunken aber weren fromme papisten und wir unsers tails wol in dem fall zu vergleichen, dann wir je bekennen mussen, so wol als geschrieben stehet, das der glaube rechtfertig mache one zutun der werk, also widerherumb stehe auch geschrieben, das got die werk der lib Ionen wil, das sie uns in die ewig hutten nemen werden, und das dieser ein weiser man sei, der sein haus uff ain velsen baue [Mt. 7, v. 24], und der spruch unzelig vil. Darumb wils unwidersprechlich den verstant haben, das der glaub uns vor got rechtfertige, doch ein solcher glaube, so es der mentsch an der zeit und stunde hette zu leben, das er gute werk tun wurde, und solche werk, die got gebotten und aus der lieb gottes herfliessen, auch dem negsten zu gut kommen. Ein solcher glaube, der tetig ist durch die lieb, machet vor got recht fromme und selig und wirdet also dem mentschen die seligkait geben umb des sterbens und leidens Jesu Cristi willen, so er das annimpt durch den glauben. Dem glauben volgen durch die liebe gute werk, und werden die werk belonet, auch mit der seligkait, wie Cristus spricht [Mt. 10, v. 42] von dem kalten drunk wassers in jener weit, nit um irer wirdigkeit noch umbs mentschen tun willen, sondern umb der verheissung und zusagung gots willen, und darumb konnen die reden wol uf beiden seiten gelitten werden: der glaub macht selig, widerumb der glaube und die werk, die von got gebotten sein, machen selig, wie wir oben davon geschrieben. Und derowegen will in allewege not tun, so man so weit in disputation von diesem artikel kerne, das alsdan etzlich herzutretten und sagten: lieben hern, ir seiet in diesem punct im grunt nit unainig, sondern nur in worten, und dieses extendirten, wie wir itzo davon geschrieben haben. Darumb were gut, so man sich des vergliche, das man den artikel dermassen stelte, das die prediger solten sagen und verkundigen, das wir durch die grosse barmherzigkait gots und sterben und blutvergiessen Christi erloset und selig gemacht weren one zutun alle unser werk sovern, das wir das vestiglich und gruntlich gleubten. Darneben wolte uns aber geburen, auch gute werk zu tun, aber doch solich werk, die got gebotten, und die aus liebe gots und des negsten herfliessen, welche werk uns auch got hie und dort, zeitlich und ewiglich belonen wurde, nit umb unsers verdiensts oder werk, sondern umb seiner zu-sage willen. Wann die prediger dermassen und mit besserer geschicklichkait, dann wir hie schreiben, davon predigen, erstet [zunächst, vorerst] die busse von abstehung des bosen lebens wol triben, und sagten, dem Volk, der laster, die Paulus specificiret, da er spricht [Ga]. 5, v. 21]: welcher in solichen lastern bleibe, der werde das reich gots nit ererben, mussig zu stehen, so wurde one zweivel ain wol gezogen volk und hiedurch weder dem glauben noch den werken was abgezogen noch keinem zu vil zugegeben. Was sie nun von alten haben, die hierzu stimmen, als Ambrosius, Augustinus, Georgius etc. desgleichen die alten concilia, die mögen sie hierzu auch allegieren, mit bestem vleis.
Der 3. artikel, die tauf betreffend. Ist das der rechte tauf: im namen des vatters, sons und heiligen gaists, wie es Cristus hat eingesetzt, und das man sie leret halten alles das, so Cristus bevolen hat. Was man nun vor zusetz darzu tut, di nit wider got sein, die nit ainer zauberei oder ainem solchen segen gleich sehen, wi solchs die alt kirch gepraucht hat, das lassen wir uns nit ubel gefallen. In was sprache aber solch tauf geschehen solt, dweil Paulus amen verstendigen gotsdinst haben wil, dann er spricht [1. Kor. 14, v. 8], ein pausan [Posaune] gebe kamen verstendlichen tone, so deucht uns, das mans in teutsche bleiben liesse. Doch solts auch lateinisch geschehen, so wolten wirs auch nit zu sehr streiten.
Der 4. artikel belangend messe und s a c r a m e n t a. Da mussen sie auch brauchen die alten. nachdem wir hören, es solte klar sein, das man kain messe gehalten one communicanten und dan Cristus und die apostel und die alten kirchen den brauch auch also gehalten fur und fur, so achten wir, wan man die alten dermassen anzihe, es werden die papisten, sie wolten dan gar pertinaces bleiben, sagen mussen, es sei unrecht, meß zu halten one communicanten. Es werde auch kain zweivel da, sonder zu beweisen sein, das mans sacrament in beider gestalt gegeben habe und geben solte. Wolte man aber den papisten, wann sie sich sunst in andern dingen mit uns vergleichen, des tags noch ain messe, doch die messe weder gelobt oder gescholten, zulassen umb verhoffnung willen, das inen got mit der zeit mehr gnad verleihen mocht, solchs wolten wir den andern unsern mitstenden zu bedenken heimgestelt haben.
Der 5. artikel berurend die p f a f f e n e h e. Ob die alten wol hierin nit mit uns sein, so ists aber doch in der schrift clar, es were wol gut, das wir solch pfaffen konten haben, die kainer weiber bedurften, es ist aber nit muglich, sie seint auch nit zu finden in solcher grossen anzale. So hat man gesehen, was misbrauch und schendlichs leben aus der vermeinten keuschheit der pfaffen gevolgt. Dweils nun die schrift alts und neues testament so clar zulesset, so mus man desfals die altvetter uber gots wort nit erheben. Darneben kan man dannost anzaigen, das der pfaff nuntius offentlich im concilio solchs widdersprochen hat. Item wann die gaistlichen solten solcher keuschheit geleben, und man solt so hart uber dem haben, wie die canones aussenweisen, wan ein pfaff ein weibsbild bei sich hette und man sie so hart drumb strafte, so wurden sie wol lernen, wie sie weiber solten nemen. Item man hat auch anzuzaigen, das vor nit so langer zeit unser pfaffen in teutscher nation weiber gehabt, bis inen Meintz die genomen.
Der 6. artikel berurend die j u n g f r a u s c h a f t, muncherei, nonnerei. Dweil aus solchem orden sovil misbrauchs gevolgt ist, nit allain, das sie haben ir werk der weit verkeufen und di damit in himel zu pringen gewoltet, auch damit die gnugtuung, so Cristus vor uns getan, verringert und ander abgotterei, die sie getrieben, sondern auch, das sie vil sodomitische hendel in clostern geubet, auch die nonnen vil kinder umbpracht und andere grausame hendel getrieben, dweil dann Paulus spricht [1. Kor. 7, v. 25], von jungfrauen hab er kain gebot des herren, so ist nit besser, dann solch ding ganz ab-getan und an ire stat aus den clostern studia, die jugent drin aufzuziehen, und spital der armen zu machen und sunst zu cristlichen, guten, milten werken die zu brauchen. Wolte man aber etlich leute drin ufziehen, die sich von der weit absonderten, ehrlich, zuchtig leben drin furten, die man heut oder morgen mocht zu predigern brauchen, solchs solt uns auch nit ubel gefallen, doch one alle gelubte der keuschait, das sie auch zu irer gelegenheit widder herausser gehen und sich verhairaten mochten. Wolte man auch in solchen clostern etliche witwen haben, die doch der jar veraltet weren, und der kranken warteten, solte uns gleichfals nit misfallen. Wolte man auch in solchen clostern jungfrauen aufziehen, doch one alle gelubte der keuschait und das sie sich mochten verhairaten zu irer gelegenheit, das lassen wir gescheen, wiewol wir befaren, es mocht die lenge in ainen misbrauch geraten, doch konten wirs nit wol weren.
Der 7. artikel betreffend speise und fasten. Diesen artikel stellen wir, wie sich der zu vergleichen schickt, ob man schon etzlich fasttage widder anrichtete und unter zeiten etzlich speise veranderte, dweil die vierzig tagige fast dannost lang gewesen etc., aber nit, das man darumb dadurch die seligkait wolt erlangen, sondern den alten damit ein etzwas nachvolgte, so were wol um vergleichung und christlicher liebe willen was nachzugeben, dweil doch Cristus von uns auch er-fordert, unsere corpor zu casteien.
8. artikel, betreffen die c e r e m o n i e n, es sei singen, dingen, hore canonice etc. Nachdem die ding sein, die unser gewissen nit sollen verbinden, ist unser mainung, das man sich in dem vergleiche, wie man konne. So ists auch dannocht nicht so bose; dan das gemein volk dardurch angereizet wirdet, dest eher in die kirchen zugehen.
9. artikel, berurend die p i 1 d e r. Wann man unser mainung wolte folgen, solte man die ganz abtuen, dan sie im alten testament heftig verbotten sein, sonderlich auch Johannes spricht [1. Joh. 5, v. 21]: 'hutet euch vor den abgottern.' Wil man aber etlich bilder leiden, doch das den, so di iren abgetan, nit ufgelegt werde, die widder aufzurichten, so lassen wirs auch gescheen, aber doch das di prediger in der predig die bilder aus der mentschen herzen bringen und in allewege die bilder, dafur man gebetet und mit welchen man abgotterei getrieben, hinweg tue.
Der 10. artikel, angehende die g a i s t l i c h e guter, sollen sie anzaigen, das wir niemants mit gewalt aus den clostern unserer lande getrieben, sondern denen frei gelassen drin-zubleiben ader herauszugeen, sich zu beweiben, ze bemannen und sunstet erlich zu neren. Welch auch also aus gutem willen herausser gegangen, denen hetten wir ehrliche abfertigung getan. Do auch deren aus ungutem willen, doch one unser tringen, herausser gelaufen, mit denselbigen hetten wir uns auch in der gute abgefunden, wie dan noch etzliche closter in unserm land, darin ordenspersonen weren. Dweil nun dergestalt die closter mehrtail ode gestanden, so hetten wir die besten gaistlichen guter zu zweien spitaln der armen 2), zwei spital des adels 3), die andern zur universitet, darnach etlich vil closterguter und der besten closter ains ganz 4) zu underhaltung der pfarrer gegeben. Darumb hetten wir etwo noch kaumbt vier, wiewol vast geringe closter, die trugen uns nit sovil nutzens als wir sunst von clostern, do die noch in irem closterlichen wesen gestanden, gehabt, dann sie musten uns der zeit wagen, atzung, lager und anderes halten, taten uns auch vil steuer mit gelt und andern. Und wiewol wir vil in der religion sach ufgewendet, welchs auch uns die vier closter, wan wir die schon behilten, nit erstatten mochten, so wolten wir doch, was sie desfals machen werden, das man solch guter solt wenden zu cristlichen guten und milten werken, an uns kain mangel sein lassen, doch das andere sich auch dahin weisen lassen. Es ist unser mainung, das man billich die gaistlichen guter zu den dingen, darzu sie geben, solt kommen lassen, als zu schulen, spitaln, stipendien, pfarr zu versehen und armen zu erhalten etc., dann einmal ist der stifter mainung gewesen, ire gaben zu gots ehr zu wenden. Ist nun die papistische mainung unrecht, so soll mans nun zu rechten gots werken und dinsten wenden. Dweil auch die canones vermugen, das man allen stenden, die verarmet weren, helfen solle von solchen kirchengutern, und die canones vil wege anzaigen, wozu man sie brauchen solte, so mus druf verdacht sein, ob etliche stende ire erbguter der religion halben verpfendet, das man inen dannost darmit auch zustatten komme.
Item nachdem Wurtemberg und Lunenburg in verdorben land kommen, das man den die gaistliche guter so lang volgen liesse, bis sie ire jerlich intraten und einkommen widder erledigen mochten, dann sunst one das konten sie sich nit enthalten, den gemeinen man mit steuer zu hart zu beschweren.
Gegenclage.
Hirneben mus man widerumb die bischove und gaistlichen beclagen, desgleichen auch die weltlichen auf jener partei, das sie die gaistlichen guter unrecht brauchen 5), das sie widerumb restituirten die bischtumb Utricht, Hildenshaim etc. und dann die weltlichen die grossen schatzungen, damit sie die closter teglich beschweren, dermassen, das die closter lenger nit wol konnen bleiben, als herzog Heinrich von Braunschweig tut, als die hern von Bayern tun etc. Item da der bischof zu NIaintz carthausen und closter seinen hovereten hinweggeben hat, item der Rhornisch konig etlich closter hinweg geben hat, item der konig solch schatzung von clostern in Schlesien und Bemen genomen und dargegen etzlich dorfer erblich verkeufen hat lassen. Nun die gaistlichen sonderlich anzuclagen, das sie mit den gaistlichen gutem so ubel umbgehen, die verbrossen, verzeren, zu sich ziehen, irem ambt weder bischofe, abt, prelaten, dechant, scolaster, diacones etc. und in summa ir kainer gnug tue, wie ir aigen recht und canones ausweisen, wie dan Bucerus sie dessen alle besser berichten kan, dan wirs itzo schreiben mogen. Und darumb wann jenstail vil uf die restitution dringet, so soll man sich darzu, wie obberurt, in ehrlichen christlichen dingen, doch nit widder neue munch ader nonnen ader dergleichen zu machen erbieten, doch das die weltlichen und gaistlichen jenstails die kirchen auch widder restituiren.
Der 11.artikel belangend den bischovelichen gewalt. Wann sie wolten recht bischove sein, irem ambt gnug tuen, nach inhalt der canonum sich halten und iren pracht fallen lassen, so wolten wir gern inen die jurisdiction concediren, sovern das sie die sach auch nit anders angriffen dan sich der schrift nach gepurt. Dweil sie aber itzunt weder in leer noch leben, wie Paulus ainen hailigen lerer abmalet und die canones mitpringen, weder wenig oder vil sich gemes halten, so ist inen das kirchenregiment nit zu vertrauen, und darumb, wo man es kont, uf die mittel bringen, das sie fromme unterbischove hetten, di irem ambt gnug teten und liessen die guter, da sunst tumerei neben den hohen stiften sein, darzu fallen und das in ainem itzlichen zimlichen furstentumb solcher unterbischove drei ader vier weren, wie itzo in unsern landen die superintendenten sein, das were unsers verstants die beste ordnung, die man in der sach itziger zeit finden konte. Also mocht man lassen die andern grosse stift weltlich hern sein und sie doch bischove nennen [Vorlage: nemen] dergestalt, das sie weren aufseher uf die unterbischove und ire hanthaber, das inen kain gewalt geschehe. Desgleichen liesse man die tumbhern uff denselben stiften rete der oberbischove oder solang tumbhern sein, bis got mit inen besser mittel schickt, doch in allewege mussen die bischove in unsern landen nichts zu schaffen, sondern ein [Vorlage: in] ides land sein aigne bischof haben, wie dann itzo geschicht mit den supraintendenten.
Der 12. artikel vom g e w a l t d e s b a b s t s , stunde unser bedenken, wan er from und christlich were und sich wolt reformiren lassen, das er alsdan macht solte haben, ain concilium zu benennen. Doch wo ers nit tun wolt, das dann kaiser, konig und fursten freistunde, ain concilium auszuschreiben und zu halten. Er solt auch nit gewalt haben, bischove zu setzen ader zu entsetzen, oder denen in ir regiment zu tragen oder neue gesatz oder ordnung zu machen. Desgleichen solt in seiner macht nit stehen, die annaten und pallia zu vorkaufen. Wolten aber die Italianer und papisten inen weiter dulden, das liessen wir geschehen, doch das man widder sein misbreuch zu reden und zu schreiben hette uf diese mainung, was man sich itzo zu Worms ader dem volgenden reichstage verglieche, das er solchs nit endern solt, wie sich auch ain babst halten soll. Des seint vil canones furbanden, zu deme so ist zu allegiren, das ain patriarch zu Constantinopel und bischof zu Alexandria eben den gewalt gehabt, den ein Rhomischer bischof gehabt.
Der 13. artikel vom freien w i l l e n. Wir haben wol amen willen, aber nit frei, sondern dermassen eingezogen, das das tun ader lassen in sachen die seligkeit betreffend nit bei uns, sondern bei got und seinem gaist stehet, aber in euserlichen, zeitlichen, weltlichen dingen ist ja wol ain wille, doch knechtlich und gefangen.
Der 14. artikel von der v o r s e h u n g g o t t e s. Got hat alle ding zur seligkeit ader verdamnus versehen. Wen er aber zur seligkeit versehen, dem gibt er erst sein wort und gaist, daraus volgt der glaube und aus dem rechtschaffenen glauben gute werk der liebe. Wer aber zu verdamnus versehen, dem gibt er sein geist und verstant des worts nit und verstockt ine, daraus folgen alle frucht des unglaubens und schandlicher und boser werk, und verdient also die verdamnus.
[15.] Von h a i l i g e n a n r u f u n g und ehrerbietung, ist das hailigen anrufen abgotterei, dann Cristus der warhaftig mitler und furbitter ist; das man sie aber dergestalt ehre, das man ires lebens und leidens gedenke als zu ainem furbilde, deme nachzuvolgen sei, solchs widderachten wir nit, aber alle walfarten seint abgottereien und werden billich abgetan.
[16.] Von bit vor die toten. Dieselbig bit achten wir vergeblich aus vilen grunden, und das man derowegen billich die vigilien, seelmeß und dergleichen begengnus abstelle, dan ad Hebreos [10, v. 18] stehet: Wo solche vergebung, ist nit opfer fur die sund; in Jeremia [31, v. 34] : Got wil unser sund nimer gedenken. Wer glaubt, hat das ewig leben und wirt nit gericht [Joh. 3, 36]. Vor solchen darf man nit bitten, dan sie seint selig. Wer nit glaubt, ist gericht, fur den ist nit zu bitten. Wie auch im Job stehet [7, v. 9]: In der helle ist kain erlosung. Im Marco, dem evangelisten, stet [9, v. 44]: "Jr worm wirt nit ersterben und ir feuer wirt nit verleschen." Was hilft dann fur sie zu bitten. [ ... ]
Marpurk, dinstag nach Galli 1540.
[17.] Sonderlicher memorialzettel fur unser geschickten zu diesem gesprechstage, articul der d i g a m i halben, ist unser mainung, wan man diesen articul nit anreget, so sollen ine unsere geschickten auch unangereget lassen. Wurde man den aber anregen, so sollen sie daruff verdacht sein, das sie diesen articul nit weiter verengern, einziehen oder verknupfen lassen, dan er itzo ist. Und ob man ain gemein gesetz wolte machen, das niements noch ain weib nemen solte, so sollen sie doch in allewege dis furbehalten, wann ainer trefflich erhebliche ursachen hette, noch ain weib zu nemen, das alsdan desselbigen weibsnemers bischove, beichtvatter und obrigkeit in diesem fall mit demjenigen, der es, wie berurt, aus notturft und trefflichen ursachen tete, zu dispensiren macht hetten, oder das das urteil und gericht von ehesachen beiden, fursten und oberkaiten, sambt derselbigen superintendenten und gaistlichen und weltlichen reten, inmassen wie das itzt stehet, bleiben moge.
Ausfertigung mit Siegel und eigenhändigerUnterschrift des Landgrafen.6)
1) Die Gesandten sollten u. a. mitnehmen, des Buceri schrift, so er jungstlich an uns getain, daraus sie vil zurichtung in diser sach schopfen mögen (Lenz 1, 215 Anm.).
2) Damals waren erst Haina und Merxhausen gestiftet.
3) Kaufungen und Wetter.
4) Spieskappel
5) Nota, das der Römische kunig vom babst und kaiser consens erlangt erstlich den dritten und darnach den viertenteil aller geistlichen ligenden guter erplich zu verkeufen, inmassen den auch gescheen. Von der Hand Bings eingefügt.
6) Adam Krafft schreibt (als Beilage zu dem Schreiben der Räte vom 13. Nov. 1540) dem Landgrafen: Dweile wir die theologen bis anhere nichts haben zue tuen gehabt, ist von allen vor gute angesehen worden, das wir von unsern grunden und probationibus auch des gegenteils objectionibus und wie dieselbigen mochten solide aufgelost werden, uns unterreteten und sein also etliche male bei eine gewesen. Ist candide, docte et humaniter conferirt worden. Und haben articulum iustificationis und applicationem missae pro vivis et mortius exerciert aufs fleissigst und zweifel nicht, es solle deutliche und gewaltliglich von den unsern gehendelt werden. Ob aber adversarii sich wollen der warheit unterwerfen, steht bei gottes gnaden. De votis monasticis haben wir itzo vor henden. Aber das lustigste und frolichste in unserm colloquio ist das, das alle concionatores so gare einig und fridlich sein und nicht als umb ein bare des vorigen dissidii gedacht wurde. In summa, es ist summus consensus in doctrina. Er bittet, E. F. G. wollen den predicanten bevelen, das sie ecclesias anhalten zum gebete. So hoffe ich, got solle viele gnade mitteilen. [ ... ] (PA. 553).
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