Testament des Landgrafen Philipp, 6. April 1562
Unser, Philipsen, von Gotts gnaden landtgraven zu Hessen, graven zu Catzenelnpogen, Dietz, Ziegenhain und Nidda etc., letzt testament, vatterliche verordenung und Satzung. Nachdeme wir etliche testamenta ufgerichtet haben, darinnen wir Vormünder unsem kindem, chur und fürsten als obriste, auch unsere vomembste rethe zu der zeit zu undervormunden gesetzt, dieselbigen obriste Vormünder, auch undervormunder und andere zugeordenten den mehrer theill in Gott verscheiden, auch sich die leuffte und zeitten betreffende die cristliche vereynigung und andere dinge viell geendert, unserer dochter von frawen Cristinen geboren vier vergeben, unserer sohne nunmehr drei erwachssen, daß sie zimblichs alters, so hat die unvermeidtliche notturfft ervordert, dieselben alten testamenta, die vor dato disses testaments ufgerichtet, zu revociren. [...]
[§ 3: Religionsbestimmungen]
Wir wollen unsere sohne ermanet haben, das sie bey der waren religion des heiligen evangelii alten und des newen testaments und der Augspurgischen confession pleiben wollen und sich darvon in keinen wegk nicht lassen abwenden; auch die prediger in gnedigem bevelh haben, inen keinen überlast thun, beschwerung oder etwas, das inen nachteilig und verdrislich sein mochte, zufuegen lassen; darneben aber auch ein gut ufsehen haben, das rechtschaffene superattendenten erhalten, die die prediger, item schulmeister in guter reformation (das sie inhalt der Augspurgischen confession und dem evangelio undb neuen testament gemes lehren, auch das sie ein gut cristlich leben fueren und dem volck kein ergemus geben) halten.
Nachdem auch ein zweispalt des sacraments und abentmals des herren under den predigem ist: welche prediger nun bei der concordi, die Bucerus seliger zwischen den luterischen und oberlendem hievor gemacht, pleiben und bekennen, das warhafftig im abentmalh und sacrament der leib und bludt Cristi geben und genossen werde, sollen sie in keinen wegk verjagen0, noch weitter in sie tringen.
Die widderteuffer seindt ungleich. Da sollen unsere sohne mit vleis den gelertten bevelhen, ob sie die konten von irer secten abbringen. Welche aber darvon nicht abtzupringen sein, (uf das sie nicht andere leuthe verfuren) sollen sie die ussim lande weisen. Einichen mentschen aber umb deswillen, das er unrecht glaube, zu toidten, haben wir nicht? gethan, wollen auch unsere sohne ermanet haben, sollichs nicht ze thun; dan wirs (das es widder Gott seie) halten, wie das im evangelio dar angetzeigt, auch Augustinus und Crissostimus [sic!] und andere alte lehrer in iren buchem, auch in tripardita [sic!] historia dar schreiben.
Ob unser herre Gott gnade gebe, das sich die pappisten wurden unserer religion nehem und das eß zu einer verglichung khommen mochte, die nicht widder Gott und sein heiliges wort (als doch, wie zu besorgen, schwerlich gescheen wirdt), wollen wir treulich gerathen haben, das unsere sohne mit rath unserer gelertten und ungelertten frommen und nicht eigennützigen rethen (die mehr dencken, das sie ire kinder uf grosse stiffte bringen, als daruf sehen, das sie rathen, was mit Gott zu thun oder nicht) solliche vergleichungk befurdem helffen und nicht usschlagen.
[§ 4: Universität und Stiftungen]
Die universitet sollen unsere sohne bey denen gutem, die sie innehaben, pleiben lassen. Und soll landtgrave Wilhelm neben landtgrave Ludwiegen die zu bestellen haben, auch darauf ein gut ufsehens haben, das rechte und gelertte professores erhalten, kein eigner nutz noch freundtschafft darin angesehen und gesucht, auch mit den Stipendiaten und stipendiis gute Ordnung gehalten und denenf gegeben werden, so gute ingenia haben; auch sonderlich mit emst und vleis dartzuthun, das in der theologi viell Studenten ufertzogen und rechtschaffen underweiset und erhalten werden, uf das man kunfftig daraus rechtschaffene prediger, schulmeister und kirchendiener haben könne, wie wir dan deshalben den funfzehenden monatstag Februarii anno domini thausentfunfhundertuhdsechstzig ein Ordnung haben usgehen lassen.
Die sechs spittall, als Kauffungen, Wetter, Heina, Merxhaussen, Gruna und Hoifheim, desgleichen die siechenheusser, so wir gereit ufgerichtet? haben und noch ufrichten werden, wollen unsere sohne mit vleis ufsehen lassen, das treulich mit umbgangen und darüber keine eigennützige leuthe verordent, auch alle jare rechnung gehört, wie dan sollichs die Ordnungen mitpringen. Und sollen unsere sohne an einem iden ortte es imeh geburet daruf sehen, das darmit rechtschaffen umbgangen und die armen treulich erhalten werden. Sie sollen auch die ändern gemeine spittale und casten inen bevolhen sein lassen und daruf sehen, das darmit rechtschaffen umbgangen werde und jarlichs die rechnung von den superattendenten und ändern, die dartzu geordent, gehöret. [...]
[§ 16: Bistumsbewerbungen]
Es sollen unsere sohne - da erlangt mocht werden, wan ein bischof unsere Augspurgische confession und unser religion anneme, das er darumb nicht endtsetzt solt werden vom bisthumb mit vleis befurdem, das die ändern zwen sohne landtgraff Philips und landtgrave George iglicher zu einem regirer eines bischthumbs gefordert werden. Doch soll einem iden sein theill, so wir ime vom lande zugeordent, ob er schon bischof wurde, pleiben und nicht abgeschnitten werden.
[§31: Glaube und Lebenswandel]
Wir wollen auch unsere sohne vatterlich ermanet haben, das sie wollen gottfurchtig sein, Got vor äugen haben und alle ir hofnung und vertrawen alleine zu deme setzen und vestiglichen an den herren Jesum Cristum, unsem einigen mitlem, glauben und Got den heiligen geist bitten, das er sie darin stercke und erhalte, und sich in allewege huiten vor aberglauben, zeuberei, Wahrsagern, cristallenseher, schwartzkunstlem und mit denen dingen gar nichts umbgehen, dan es die höchste und vornembste sunde ist widder Gott; sich auch, wo sie bey unserm leben nicht ehelich werden, beweiben und einen guten wandeil vor Gott und irer landtschafft fueren und sich untzucht und hurenslebens enthalten. Das wirt inen vor Gott, irer landtschafft und der weldt zum besten khommen, auch woll nachgesagt und gerumbt werden. [...]
Dis unser letzter wille, vatterliche verordenung und letzt testament haben wir ufgerichtet, underschrieben uf alle pletter, zudeme auch am ende underschrieben und versieglen lassen mit unserm grossen fürstlichen ingesiegell und mit ändern rechtmessigen solemniteten ufgerichtet und vollentzogen. Gescheen zu Cassell am sechsten tagk des monats Aprilis anno domini thausentfunfhundertsechstzig und zwei.
Transkription: Hollenberg, Günter, Hessische Landtagsabschiede 1526-1603, Marburg 1994, 260278.
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