Durch eine "Stipendiaten-Ordnung" regelte der Landgraf die Finanzierung des Studiums.
Ordnung durch den durchleuchtigen, Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Philipsen, Landgrafen zu Hessen, Grafen zu Catzenelnbogen etc. bedacht am Dienstag nach Invocavit, Anno 1542. Wie es mit den Stipendiaten, so gen Marburg zum Studio gesandt, gehalten werden soll.
Von der Wahl der Stipendiaten, wie die gewählet sollen werden.
1. Wählen sollen an einem jeden Ort der Pfarrer, der Schulmeister, die Ältesten der Kirchen und die zwei Bürgermeister, nämlich der im Amt ist und der das vergangene Jahr regiert hat, und solches bei ihren Pflichten und ihrem Gewissen, damit sie Gott, der Kirchen und der Obrigkeit zugetan sein, des sie auch allemal durch den Pfarrer erinnert werden sollen, nämlich einen Jungen oder eine Mannsperson, der des Alters, der Lehre, der Geschicklichkeit und der Tugend wegen zum Dienst in der Kirche der Allertauglichste und zu solchem Dienst auf förderlichste zu gebrauchen sein wird, indem sie keine Gunsterweisung, keine Fürsprache noch viel weniger ein Geschenk, Geld oder eine Gabe annehmen, weder erwarten noch erhoffen etc.
2. Und wenn man einen Bürger oder Bürgerssohn haben kann, soll man denselbigen nehmen, wenn nicht, soll man einen vom Dorf nehmen, doch möglichst einen Landsmann.
3. Man soll auch in dem Fall nicht darauf sehen, ob der Vater reich oder arm sei, sondern allein vor Augen haben, ob er der Kirchen nütze und ob die Person der Kirche dienlich sei oder nicht.
4. Und welcher also gewählt wird und die Wahl annehmen will, soll die Versicherung geben, wie es verordnet ist. Nämlich unter der Bedingung, daß er, wenn er erwachsen ist, der Kirche diene, wenn er das nicht tun möchte, muß er den halben Betrag des empfangenen Stipendiums wieder zurückgeben, sobald er das vermag. Und solches Geld sollen auch diejenigen, so die Auswahl zu treffen haben, zu einer jeden Zeit, ohne alle Abzüge, wieder eintreiben.
5. Und wenn des Knaben Vatter und Mutter leben, so sollen seine Eltern neben ihm sich dazu verpflichten.
6. Daneben soll auch der Gewählte zu Marburg nach der Ordnung, die dort existiert, examiniert werden und die oben genannten Superintendenten Obacht haben, daß alle andere Vorschriften, die eingerichtet worden sind, streng und genau eingehalten werden.
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9. Und nachdem diese Knaben zum Kirchendienst erwählt werden, soll man daruf sehen, daß sie als Kleriker leben, sich nicht verschwenderisch geben, keine bunten oder "verhackten" Kleider besitzen, auch keine langen Messer tragen, sondern einen züchtigen Lebenswandel führen und sich nicht mit Saufen und anderm unzüchtigen Leben beflecken, sondern recht und ehrlich verhalten.
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11. Sonderlich haben seine fürstliche Gnaden an folgendes gedacht: Wenn ein junger Mann sein Studium beendet hat und ein Pfarrer, Schulmeister und die Ältesten der Kirche befinden, daß er einen guten Verstand und Gelehrsamkeit besitzt und es also nützlich und gut sei, daß er weiter studiere, so sollten sie zusammen mit den zwei oben genannten Bürgermeistern die Macht besitzen, ihm das Stipendium zu verlängern, bis er das Alter erreicht habe, vollkommen gelehrt und verständig sei, um der Kirche zu dienen und die anderen zu überragen.
12. Außerdem soll man das Stipendien-Geld nicht den Stipendiaten, sondern dem jeweiligen Ökonom schicken, unter der Androhung einer Buße für die Übertreter, wenn sie sich anders verhalten und säumig sind. Auch soll der Ökonom dem Stipendiaten solches Geld nur von Zeit zu Zeit geben, auf schriftlichem Antrag des Magisters, nicht so oft, wie es der Stipendist wünscht. Würde aber einer gefunden, der nicht fleißig studierte, dem soll man sein Stipendium entziehen, einen anderen an seine Stelle setzen oder ihn sonst ausschließen nach der Erkenntnis der Professoren zu Marburg.
Philips L[andgrafen] zu Hessen sszt.
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