Das Ende der Krise. Der liberale Wirtschaftsjournalist Gustav Stolpes zieht eine Bilanz des Jahres 1932 in der Zeitschrift „Der deutsche Volkswirt" vom 23.12.1932: Was die Ära Schleicher noch bringen wird, weiß niemand, gewiss Herr von Schleicher selbst nicht. Seine Anfänge sind gut, weil sie radikal mit den Fehlern brechen, die Papen begangen hat. Und wie hoch man an Papens Missgriffen Schleichers Mitschuld einschätzen mag, dieser hat gelernt, und das ist für einen Staatsmann ein hohes Lob...
Das Jahr 1932 hat Hitlers Glück Lind Ende gebracht. Am 31. Juli hatte sein Aufstieg den Höhepunkt erreicht, am 13. August begann der Niedergang, als der Reichspräsident von Hindenburg Hitler den Stuhl, den er ihm nicht zum Sitzen anbot, vor die Tür stellte. Seitdem ist das Hitlertum in einem Zusammenbruch, dessen Ausmaß und Tempo nur mit dem seines eigenen Aufstiegs vergleichbar ist. Das Hitlertum stirbt an seinem eigenen Lebensgesetz. Denn dieser Hitler mit seinem ganzen Stab, ohne eine einzige Ausnahme, ist die Verkörperung alles dessen, was im deutschen Volk an Minderwertigem, an Ungeist und Unmoral lebendig ist...
Das deutsche Volk hat einen Schutzengel, der ihm hilft, wann immer seine eigene Klugheit versagt. Dieser Schutzengel hat es vor einer Hitler-Diktatur bewahrt, die das Ende nicht nur der deutschen Freiheit, sondern des deutschen Geistes gewesen wäre, die das kostbarste Gut der Nation in kürzester Zeit vernichtet hätte... Zweimal in den letzten zwei Jahren schien die Welt endgültig aus dem Angst-traum der Wirtschaftskrise befreit zu werden: 1931, als Hoovers Moratoriumsplan' verkündet wurde, 1932, genau ein Jahr später, als Lausanne den Reparationen ein Ende bereitete. Beide Male sind die Hoffnungen wild aufgeflattert, beide Male sind sie einer Enttäuschung gewichen. Aber das Jahr 1932 war trotz allem ein Jahr des Fortschritts... Die Welt ist dem neuen Gleichgewichtszustand, der am Ende der Krise erreicht werden muss, schon nahe gekommen. Das Ende der Krise ist schon mit Händen zu greifen...
Zit. nach: Toni Stolper, Ein Leben in Brennpunkten unserer Zeit. Gustav Stolper 1888-1947, Tübingen 1960, S. 307 ff.
1s. Quelle 51. Anm. 1
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