Dokument 78: PRUNKHAMMER am 24. Juni 1834 vom Kurprinzen und Mitregenten Friedrich Wilhelm von Hessen bei der Grundsteinlegung des Ständehauses in Kassel benutzt. (von Friedrich PROLL, Kassel 1797-1864) Bestand 73 |
PRUNKHAMMER | |
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| am 24. Juni 1834 vom Kurprinzen und Mitregenten Friedrich Wilhelm von Hessen bei der Grundsteinlegung des Ständehauses in Kassel benutzt. Gefertigt von Friedrich Proll, Kassel 1767-1864. Bestand 73. Lit.: Franz Müller, Kassel seit siebzig Jahren, 2 Bde., Kassel 1876-79, Bd. 2, S. 91 ff., „Kasseler Silber“ S. 242f. Nr. 245. |
Der hessen-kasselische Landtag, der bis 1806 aus zwei Kurien, einerseits den Abgeordneten der althessischen Ritter und den sogenannten Prälaten (Vorstehern der Deutschordensballei, der Universität, der Hohen Hospitäler und des Stifts Kaufungen), andererseits den Deputierten der Stadtmagistrate bestand, besaß - anders als die meisten Landtage in Süddeutschland - keine eigene Tagungsstätte. Zwar hatten die Landstände 1772 auf Anregung Landgraf Friedrichs II. ein neugebautes Palais an der Ecke Königsstraße-Friedrichsplatz, das der Generaladjutant Oberst Friedrich Christian v. Jungken-Müntzer abstoßen wollte, gekauft, dieses sogenannte „Landständische Haus“ aber für Wohnzwecke vermietet.
Nach Wiedererrichtung des durch Napoleon beseitigten Kurstaates berief Kurfürst Wilhelm I. einen um Vertreter der Landbevölkerung erweiterten konstituierenden Landtag, um dem Land eine neue politische Verfassung zu geben. Das Vorhaben scheiterte 1816 an der Unvereinbarkeit der Standpunkte in Bezug auf die Staatsschulden und das Hausvermögen. Erst nach Unruhen im September 1830 berief Kurfürst Wilhelm II. eine neue verfassungsgebende Versammlung und unterzeichnete am 5. Januar 1831 eine Verfassungsurkunde. Sie erfüllte ungewöhnlich viele liberale Forderungen. Das Einkammerparlament („Ständeversammlung“), das zum Teil aus geborenen und ernannten, zum überwiegenden Teil aber aus (von männlichen Haushaltsvorständen in offener und indirekter Wahl) gewählten Abgeordneten bestand, bestimmte nicht nur bei Gesetzgebung und Steuern, sondern auch bei den Staatsausgaben, ja in Angelegenheiten des Staatsdienstes und des Militärs mit.
Schon im Dezember 1830 hatte der Kurfürst den Bau eines Ständehauses in städtebaulich bevorzugter Lage am Weinberg gebilligt. Aus einem Wettbewerb unter Kasseler Architekten ging Julius Eugen Ruhl als Sieger hervor. Da der seit 1831 regierende Kurprinz Friedrich Wilhelm das vorgesehene Grundstück aber für eigene Zwecke reklamierte, wurde der Ruhlsche Bau erst 1834-1836 im Rahmen einer gleichzeitig geplanten Stadterweiterung nördlich der Oberneustadt errichtet. Zu dieser Zeit war die anfängliche Phase liberaler Reformgesetze in einem erbitterten Konflikt zwischen der Mehrheit des Parlaments und dem 1832 berufenen leitenden Minister Daniel Ludwig Hassenpflug umgeschlagen.
Die Grundsteinlegung geschah auf dem durch die Bürgergarde gesicherten Platz in Anwesenheit der im Halbkreis aufgestellten Minister und Diplomaten (Mitte), Offizere (rechts), Landtagsabgeordneten und Behördenleitern (links). Nach einer Ansprache Hassenpflugs legte der Kurprinz einen Riß des Gebäudes, einen Druck der Verfassung und einige 1834 geprägte Münzen in den Grundstein, bestrich diesen mit silberner Kelle mit Mörtel und tat drei Schläge mit dem Silberhammer auf die Deckplatte. G.H.
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