Dokument 65: KALANDERMASCHINE
der Siamoise-Manufaktur Pitel in Hohenkirchen. Federzeichnung, koloriert, 1766; daneben Seitenansicht der Maschine.
Bestand 40a, Rubr. 33 Nr. 95.
Die Maschine, bestehend aus drei Walzen, die obere aus Kupfer, die beiden unteren aus Holz, diente zum Einfärben und Appretieren von Stoffen.
Lit.: Von der Manufaktw zw Fabrik. Anfänge der Industrialisierung in Hessen. [Katalog zur] Ausstellung der Hessischen Staatsarchive, bearb. von K. Eiler (Wiesbaden 1982), S. 23. - Aufklärung und Klassizismus in Hessen-Kassel unter Landgraf Friedrich II. 1760-1785. (Katalog zur ] Ausstellung aus Anlaß des 200jährigen Bestehens des Museums Fridericianum 1779-1979 (Kassel 1979), S. 167 Nr. 91.
KALANDERMASCHINE | |
| der Siamoise-Manufaktur Pitel in Hohenkirchen. Federzeichnung, koloriert, 1766 (???); daneben Seitenansicht der Maschine. Bestand 40a, Rubr. 33 Nr. 95. Lit.: O. Dascher, Das Textilgewerbe in Hessen-Kassel vom 16. bis 19. Jh., Marburg 1968 (VHKH 28,1), S. 194 f. |
Textilien wurden in Hessen überwiegend in kleinen, zünftisch organisierten Meisterbetrieben hergestellt. Das traditionell dominierende Wollgewerbe war in mehrere Sparten (Wollweber oder Tuchmacherzunft, Tuchbereiterzunft, Gewandschneiderzunft) aufgeteilt und erforderte einen relativ höheren Aufwand an Produktionsmitteln als die Leinenherstellung, die erst seit dem 16. Jahrhundert aufgrund der wachsenden Nachfrage des Überseehandels nach leichten Stoffen an Bedeutung gewann.
Im 18. Jahrhundert wurden im Rahmen einer merkantilistischen Wirtschaftspolitik auch Manufakturen zur Herstellung der bisher importieren feineren Stoffe gegründet. Investoren wurden mit Zuschüssen und Darlehen aus der Kabinetts- oder der Kriegskasse angelockt, denn diese Betriebe benötigten hohe Investitionen für die technische Ausstattung, konnten einen Markt für ihre Produkte aber nicht in der relativ armen Region, sondern nur im unsicheren Export finden. Manche Investoren beeindruckten die herrschaftlichen Beamten mit dem Versprechen, Arbeitskraft durch Maschinen zu ersetzen.
Dabei hielt auch die Baumwolle Einzug in das hessische Textilgewerbe. 1774 erfolgte die Gründung der Kattunmanufaktur auf dem Agathof, und 1777 erhielt Philipp Pitel, der in Neuwied eine Manufaktur besaß und als großer Künstler in der Technik des Färbens galt, ein Privileg und ein Darlehen zur Errichtung einer Siamoise-Manufaktur für Kattun-, Bombasin- und Musselinstoffe. Siamoise waren buntgewebte Baumwoll- oder Halbseidenstoffe, Bombasin ein gemustertes Köpergewebe aus Seide und Baumwolle, Kammgarn oder Baumwoll- und Leinengarn.
Die Manufaktur wurde in einem herrschaftlichen Gebäude in Hohenkirchen bei Kassel eingerichtet. 1784 zog sie in die Weißensteiner Vorstadt (Wilhelmshöhe) um. 1786 assoziierte sich Pitel mit dem Kaufmann Philipp Krug, einem Pfarrerssohn aus Nordhausen, der lange in Bordeaux gelebt hatte. 1794, bald nach Pitels Tod, wurde der Betrieb eingestellt.
Der Kalander (von französisch calandre = Wäschemangel) ist eine Walzenpresse mit mehreren parallel übereinander angeordneten Walzen. Die über alle Walzen laufende Stoffbahn wird durch den starken beidseitigen Druck geglättet. Die Walzen bestehen aus unterschiedlich elastischem Material, im vorliegenden Fall die obere aus Kupfer, die beiden unteren aus Holz. Durch Erhitzen des hohlen Inneren der Metallwalze mit Heißluft oder Dampf wird dem Stoff zusätzlich Glanz verliehen. Beim Friktionskalander rotiert die geheizte Metallwalze etwas schneller als die anderen, so daß sie wie ein Plätteisen reibend über den Stoff gleitet. Läßt man mehrfach übereinandergelegte Stofflagen durch den Kalander laufen, erzielt man einen als Moirierung bezeichneten wellenartigen Schimmer. G.H.
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