Landgräfliche Instruktion für Visitatoren, Nidda 9. Juni 1527
1. Gottes Wort, 2.3. Prüfung und Ersetzung der Pfarrer, 4. Ceremonien, 5.6. Gotteskasten, 7. Gleichförmigkeit in Stadt und Land, 8. Schulen, 9. Pfründen, 10. Ehe, 11. Luthers deutsche Messe, 12. Klöster
Verzeichnus und underrricht, wess sich unser geordnete visitatores [...] Oth Hundt [Otto Hund], Craft Rauw [Kraft Rau], m. Adam [Adam Krafft] und Heintz von Lutter [Heinz von Lutter] in der visitation halten und ausrichten sollen.
[1.] Anfänglich soll an allen und jeden orten angezeigt werden: nachdem sie zu Homberg einer Ordnung vertröst und aber nun bedacht und betracht were worden, dass kein besser Ordnung [...] zu machen sei, dan das wort gottes an sich selbst wer [...], das sie demnach von demjenigen, so dem wort gottes zuwider [...], abstehn und sich des worts allein gehalten, [...] sollen.
[2.] Folgends sollen sie alle und jeden pharhern und prediger in dörfern und statten visitiren, sich um ire lehr, leben, wandel und allem tuen mit fleiß erforschen und erkunden und einen iden nach befindung seiner geschicklichkeit oder Ungeschicklichkeit bestätigen oder entsetzen, auch eigentliche erkundigunge und erlernung tuen, was an eim jeden ort die pharherrn, prediger, vicarien, presenze und chorherrn und was dergleichen geistlichen inkommens, auch was die bruderschaften [...] belangt und andere stiftunge ufhebens haben, eigentlich verzeichnen und solche verzeichnus überantworten, weiter befelch zu tun darauf wissen.
[3.] An welchem ort ungeschickt pharrer und prediger befunden, dass alsobald des orts ein ander geschickter verordnet werd, wo aber kein anderer des orts aus mangel der person kunt verordent werden, dass sie alsdan denselbigen ungeschickt anmerken, dass mit der zeit ein anderer, der tuglich und geschickt wer, daselbst hingeordnet und geschickt mögt werden.
[4.] Soll einem jeden pharherr oder prediger angesagt werden, dass er es mit den ceremonien, messen und allem ändern halt, wie es zu Marpurg in der phar gehalten, und die böse, gotteslesterige ceremonien abgestellet werden.
[5.] Sollen allenthalben in stetten und dorfen mit der amptknecht und prediger zutun die armen zum besten und zu bequemsten bedacht und versehen werden und zu solcher versehung die gefäll der calender, bruderschaft, spenne und bauw nach notturft und beholf gebraucht werden.
[6.] Zu dieser der armen versehung sollen sonder fromme person gewelet und geordnet werden, die mit den armen ufsehen, ihnen rechte austeilung und zu gebürlichen Zeiten den amptknechten und dem voit jedes orts rechenschaft tuen, dass die sollen dan auch die spital in Verwaltung und versehung haben.
[7.] Dass mit aller notturft und versehung der armen, mit ceremonien, predigern, pfaffen, und ändern in den dorfern wie in den statten gehalten werd.
[8.] Soll alsbald auch in der Visitation mit fleiß verfügt werden, dass in stetten gut schul ufgericht und dem schulmeister und seine dienern versehung bescheh, wie sichs an jedem ort am besten fügen will.
[9.] Es sollen alle presentz und chorherrn zur notturft der kirchen und des pharrhers geheiss sehen und gewarten.
[10.] Soll unsern amptleuten von euch, den visitatoribus, mit ernst befelch geschehen, dass sie in den ehsachen guet ufsehens haben und geistliche und weltliche chor nit gestatten, in unpflichten zu leben und, wo irrung ehsachen halben entstunden, dass dieselbige sachen uf unser canzelei an unsere rate gelange.
[11.] Cura ut habeas tecum formulam Lutheri latine scriptum de pio missarum usu et cultu dei, germanice ab eodem vulgatam. Illi enim libelli te docebunt ritum, quem Marpurgi habemus. [Gib' Acht, dass du die von Luther erlassene lateinische Vorschrift über den frommen Brauch und die Anbetung Gottes bei dir hast, sowie eine deutsche von demselben verbreitet. Jene Bücher lehren dich nämlich über den Ritus, den wir in Marburg haben.]
[12.] Mit den cloistern.
Für allen dingen soll in monche- und nonneclöstern das evangelium verkündiget und geprediget werden.
2., das in alle cloister ein ganze versamblung furgefordert, inen angesagt werde, dass es einem jeden zu seinem willen unverkundlich freistehen soll, herauszugehen und zu pleiben, und welche ausgehen würden, solten versehung haben und uns dar-umb ansuchen, welche aber bleiben werden, dass sie von dem gotlosen wesen und ceremonien abstehen. Es soll ihnen auch ihrer unverpundlichkeit und nit Verstrickung halben aus der schrift ursach angezeigt werden, dass sie ihres ausgehens kein gewissen machten.
3. soll ihnen verboten werden, kein person ohn unser wissen hiefür zuzunehmen.
4., dass in den clostern prediger, wo die under ihnen, die geschickt weren, verordent und die priores und obersten, die so gar unvernünftig und impii weren, abgesetzt und andere geordent werden, und diejenigen, so in den cloistern bleiben wollen, ihren geordenten obersten gebührlichen gehorsamb leisten, wie ihr ihnen dan dasselb zum besten anzeigen möget. Anno 1527 zu Nidda feriis pentecostes.
Abdruck: Franz, Günter, Urkundliche Quellen zur hessischen Reformationsgeschichte. 1525-1547 (Bd. II). Marburg 1954, 37-38.
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