Martin Luther, Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, 1525
Wider die stürmenden Bauern Martinus Luther.
Im vorhergehenden Büchlein1 wagte ich die Bauern nicht zu verurteilen, weil sie sich zu Recht und besserer Unterrichtung erboten;2 wie denn Christus Matth. 7, 1 gebietet, man solle nicht verurteilen. Aber ehe denn ich mich umsehe, fahren sie (darüber hinaus) fort und greifen mit der Faust drein, unter Vergessen ihres Erbietens, rauben und toben und tun wie die rasenden Hunde. Daran sieht man nun gut, was sie in ihrem falschen Sinn gehabt haben, und daß es lauter erlogen Ding gewesen sei, was sie unter dem Namen des Evangeliums in den zwölf Artikeln vorgewandt haben. Sie treiben kurzum reines Teufelswerk, und insonderheit ists der Erzteufel (Thomas Müntzer), der zu Mühlhausen regiert und nichts als Raub, Mord, Blutvergießen anrichtet, wie denn Christus Joh. 8, 44 von ihm sagt, daß er ein Mörder von Anbeginn sei. Nun sich denn solche Bauern und armen Leute verführen lassen, und anders tun, als sie geredet haben, muß ich auch anders von ihnen schreiben, und ihnen als erstes ihre Sünde vor ihre Augen stellen, wie Gott Jesaja (Jes. 58, 1) und Ezechiel (Hes. 2, 7) befiehlt, ob sich etliche (als schuldig) erkennen wollten, und danach der weltlichen Obrigkeit Gewissen, wie sie sich hierin verhalten sollen, unterrichten.
Dreierlei greuliche Sünden gegen Gott und Menschen laden diese Bauern auf sich, womit sie den Tod an Leib und Seele mannigfaltig verdient haben: Zum ersten, daß sie ihrer Obrigkeit Treue und Gehorsam geschworen haben, ihr untertänig und gehorsam zu sein, wie Gott solches gebietet, da er Luk. 20, 25 sagt: »Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist«, und Röm. 13, 1: »Jedermann sei untertan der Obrigkeit« usw. Weil sie aber diesen Gehorsam mutwillig und frevelhaft brechen und sich dazu gegen ihre Herren empören, haben sie damit Leib und Seele verwirkt, wie die treulosen, meineidigen, lügenhaften, ungehorsamen Buben und Bösewichte zu tun pflegen. Deshalb fällt auch Paulus Röm. 13, 2 ein solches Urteil über sie: Welche der Gewalt widerstreben, die werden ein Urteil über sich empfangen. Dieser Spruch wird auch die Bauern schließlich treffen, es geschehe über kurz oder lang. Denn Gott will Treue und Pflicht gehalten haben.
Zum zweiten, daß sie Aufruhr anrichten, frevelhaft Klöster und Schlösser berauben und plündern, die nicht ihnen gehören, womit sie, wie die öffentlichen Straßenräuber und Mörder, allein wohl zwiefältig des Todes an Leib und Seele schuldig sind. Auch ist ein aufrührerischer Mensch, von dem man das bezeugen kann, schon in Gottes und kaiserlicher Acht, so daß recht und gut tut, wer den am ersten töten kann und mag. Denn über einen öffentlichen Aufrührer ist ein jeglicher Mensch beides, Oberrichter und Scharfrichter, gleich als wenn ein Feuer ausbricht: wer am ersten löschen kann, der ist der Beste. Denn Aufruhr ist nicht ein einfacher Mord; sondern wie ein großes Feuer, das ein Land anzündet und verwüstet, so bringt Aufruhr mit sich ein Land voll Mords, Blutvergießen und macht Witwen und Waisen und zerstört alles, wie das allergrößte Unglück. Drum soll hier erschlagen, würgen und stechen, heimlich oder öffentlich, wer da kann, und daran denken, daß nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres sein kann als ein aufrührerischer Mensch; (es ist mit ihm) so wie man einen tollen Hund totschlagen muß: schlägst du (ihn) nicht, so schlägt er dich und ein ganzes Land mit dir.
Zum dritten, daß sie solche schreckliche, greuliche Sünde mit dem Evangelium bemänteln, daß sie sich christliche Brüder nennen, Eid und Huldigung abnehmen und die Menschen zwingen, es bei solchen Greueln mit ihnen zu halten. Damit werden sie die allergrößten Gotteslästerer und Schänder seines heiligen Namens, und ehren und dienen so unter dem Vorgeben des Evangeliums dem Teufel, womit sie wohl zehnmal den Tod an Leib und Seele verdienen, so daß ich von häßlicherer Sünde nie gehört habe und auch meine, daß der Teufel den Jüngsten Tag (nahe) fühle, daß er (sich) solch unerhörte Dinge vornimmt, als wollte er sagen: Es ist das letzte, drum soll es das ärgste sein und will den Bodensatz (der Hölle) aufrühren3 und (dem Faß) den Boden ganz ausstoßen. Gott wolle ihm wehren! Da siehe, welch ein mächtiger Fürst der Teufel ist, wie er die Welt in Händen hat und ineinander mengen kann, der so bald so viele tausend Bauern fangen, verführen, verblenden, verstocken und empören und mit ihnen machen kann, was sein allerwütigster Grimm sich vornimmt.
Es hilft auch den Bauern nicht, daß sie vorgeben, nach 1. Mose Kap. 1 und 2 seien alle Dinge frei und für alle geschaffen, und daß wir alle gleich getauft sind. Denn im Neuen Testament hält und gilt Mose nichts, sondern da steht unser Meister Christus und unterwirft uns mit Leib und Gut dem Kaiser und weltlichem Recht, da er Luk. 20, 25 sagt: »Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist.« Ebenso sagt auch Paulus Röm. 13, 1 zu allen getauften Christen: »Jedermann sei untertan der Obrigkeit« und Petrus 1. Petr. 2, 13: »Seid untertan aller menschlichen Ordnung.« Dieser Lehre Christi nachzuleben sind wir schuldig, wie der Vater vom Himmel gebietet und Matth. 17, 5 sagt: »Dies ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören.« Denn die Taufe macht nicht Leib und Gut frei, sondern die Seelen. Auch macht das Evangelium nicht die Güter allen gemeinsam, mit Ausnahme allein derer, welche solches freiwillig aus sich selbst heraus tun wollen, wie die Apostel und Jünger Apg. 4, 32 ff. taten, welche nicht forderten, daß die ihnen nicht gehörigen Güter des Pilatus und Herodes ihnen allen gemeinsam sein sollten, wie unsre unsinnigen Bauern toben, sondern ihre eignen Güter. Aber unsre Bauern wollen die andren, ihnen nicht gehörenden Güter für alle haben, ihre eigenen jedoch für sich behalten. Das sind mir feine Christen! Ich meine, daß kein Teufel mehr in der Hölle sei, sondern sie sind allzumal in die Bauern gefahren; das Wüten ist übergroß und über alle Maßen.
Weil denn nun die Bauern beide, Gott und Menschen, gegen sich aufbringen und so mannigfaltig schon des Tods an Leib und Seele schuldig sind und sich keinem Schiedsgericht stellen noch es abwarten, sondern immerfort toben, muß ich hier die weltliche Obrigkeit unterrichten, wie sie hierin mit gutem Gewissen verfahren solle. Erstens: der Obrigkeit, welche da, ohne vorhergehendes Erbieten zu Recht und Billigkeit (d.h. zu Vergleichsverhandlungen) solche Bauern schlagen und strafen kann und will, will ich nicht wehren, wenn sie (damit) auch das Evangelium nicht befolgt. Denn sie hat das gute Recht (dazu), sintemal die Bauern nun nicht mehr um das Evangelium fechten, sondern offenbar geworden sind als Treulose, Meineidige, Ungehorsame, Aufrührerische, Mörder, Räuber, Gotteslästerer, welche auch eine heidnische Obrigkeit zu strafen Recht und Macht hat, ja geradezu schuldig ist, solche Buben zu strafen. Denn deshalb trägt sie das Schwert und ist Gottes Dienerin gegenüber denen, die Übles tun, Röm. 13, 4.
Aber die Obrigkeit, welche christlich ist und das Evangelium befolgt, weshalb die Bauern auch keinen Schein (des Rechts) gegen sie haben, soll hier mit Fürchten handeln und zum ersten die Sache Gott anheimstellen und bekennen, daß wir solches gut verdient haben. Darüber hinaus soll sie Sorge tragen, daß Gott vielleicht den Teufel zu einer allgemeinen Strafe für das deutsche Land so errege. Danach soll sie demütig gegen den Teufel um Hilfe bitten. Denn wir fechten hier nicht alleine gegen Blut und Fleisch, sondern gegen die geistlichen Bösewichte in der Luft, welche mit Gebet angegriffen werden müssen (Eph. 6, 12; 2, 2). Wenn nun das Herz so gegen Gott gerichtet ist, daß man seinen göttlichen Willen walten läßt, ob er uns zu Fürsten und Herren haben wolle oder nicht wolle, soll man sich gegen die tollen Bauern zum Überfluß (wenn sie es auch nicht wert sind) zu Verhandlung und Vergleich erbieten. Danach, wo das (alles) nicht helfen will, (soll man) flugs zum Schwert greifen.
Denn ein Fürst und Herr muß hier bedenken, daß er Gottes Amtmann und Diener seines Zorns ist, Röm. 13, 4, dem das Schwert über solche Buben befohlen ist, und (daß er) sich vor Gott ebenso sehr versündigt, wenn er nicht straft und (dem Unrecht) wehrt und sein Amt nicht ausübt, als wenn einer mordet, dem das Schwert nicht befohlen ist. Denn wo er es kann und nicht straft, es sei durch Mord oder Blutvergießen, so ist er an allem Mord und Übel schuldig, das solche Buben begehen, weil er durch Vernachlässigung seines göttlichen Befehls mutwillig solche Buben ihre Bosheit üben läßt, obwohl er dem wehren kann und dessen schuldig ist. Deshalb ist hier nicht zu schlafen. Es gilt hier auch nicht Geduld oder Barmherzigkeit. Es ist hier des Schwerts und Zorns Zeit und nicht der Gnaden Zeit.
So soll nun die Obrigkeit hier getrost fortfahren und mit gutem Gewissen dreinschlagen, solange sie einen Arm4 regen kann. Denn hier ist der Vorteil, daß die Bauern böse Gewissen und unrechte Ursachen haben, und daß der Bauer, welcher darüber erschlagen wird, mit Leib und Seele verloren und ewig des Teufels ist. Aber die Obrigkeit hat ein gutes Gewissen und rechte Ursachen und kann zu Gott mit aller Sicherheit des Herzens so sagen: Siehe, mein Gott, du hast mich zum Fürsten oder Herrn gesetzt, daran ich nicht zweifeln kann, und hast mir das Schwert über die Übeltäter befohlen, Röm. 13, 4. Es ist dein Wort und kann nicht lügen; deshalb muß ich solches Amt bei Verlust deiner Gnade ausrichten. Ebenso ists auch offenbar, daß diese Bauern vor dir und vor der Welt vielfältig den Tod verdienen und daß mir befohlen ist, sie zu strafen. Willst du mich nun durch sie töten lassen und mir die obrigkeitliche Gewalt wieder nehmen und mich untergehen lassen, wohlan, so geschehe dein Wille. Dann sterbe ich doch und gehe in deinem göttlichen Befehl und Wort unter und werde im Gehorsam deines Befehls und meines Amts erfunden. Drum will ich strafen und schlagen, solange ich einen Arm regen kann, du wirsts gut richten und machen.
So kanns denn geschehen, daß, wer auf der Obrigkeit Seite erschlagen wird, ein rechter Märtyrer vor Gott sei, sofern er mit solchem Gewissen streitet, von dem geredet ist (denn er handelt in göttlichem Wort und Gehorsam); umgekehrt, daß ein ewiger Höllenbrand ist, was auf der Bauern Seite umkommt (denn er führt das Schwert gegen Gottes Wort und Gehorsam und ist ein Teufelsglied). Und obs gleich geschähe, daß die Bauern siegten (da Gott vor sei!) – denn Gott sind alle Dinge möglich, und wir wissen nicht, ob er vielleicht als Vorspiel des Jüngsten Tages, welcher nicht ferne sein will, durch den Teufel alle Ordnung und Obrigkeit zerstören und die Welt in einen wüsten Haufen werfen wolle: so sterben doch die in Frieden und gehen mit gutem Gewissen unter, die in ihrem Schwertamt gefunden werden und dem Teufel das weltliche Reich lassen und dafür das ewige Reich nehmen. Solche wunderlichen Zeiten sind jetzt, daß ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann, besser als andere mit Beten.
Am Ende ist noch eine Sache, welche die Obrigkeit billig bewegen soll. Denn die Bauern lassen sich nicht daran genügen, daß sie des Teufels sind, sondern sie zwingen und dringen viel rechtschaffene Menschen, die es ungerne tun, zu ihrem teuflischen Bunde und machen diese so aller ihrer Bosheit und Verdammnis teilhaftig. Denn wer ihnen (ihr Verlangen) bewilligt, der fährt auch mit ihnen zum Teufel und ist aller Übeltat schuldig, die sie begehen. Und (diese Menschen) müssens doch tun, weil sie so schwachen Glaubens sind, daß sie dem (Verlangen der Bauern) nicht widerstehen. Denn hundert Tode sollte ein frommer Christ erleiden, ehe er ein Haarbreit in der Bauern Sache einwilligte. Oh, viel Märtyrer könnten jetzt durch die blutdürstigen Bauern und Mordpropheten werden! Nun, solcher Gefangener unter den Bauern sollte sich die Obrigkeit erbarmen; und wenn sie sonst keine Ursache hätte, das Schwert getrost gegen die Bauern gehen zu lassen und selbst Leib und Gut daranzusetzen, so wäre doch diese übergroß genug, daß man solche Seelen, die durch die Bauern zu solchem teuflischen Bündnis gezwungen und ohne ihren Willen mit ihnen so greulich sündigen und verdammt werden müssen, errettete und ihnen helfe. Denn solche Seelen sind recht im Fegefeuer, ja in der Hölle und des Teufels Banden.
Darum, liebe Herren, erlöset hier, rettet hier, helft hier, erbarmt euch der armen Menschen: steche, schlage, töte hier, wer da kann. Bleibst du drüber tot, wohl dir, seligeren Tod kannst du nimmermehr finden. Denn du stirbst im Gehorsam göttlichen Wortes und Befehls, Röm. 13, 4 ff., und im Dienst der Liebe, deinen Nächsten aus der Hölle und des Teufels Banden zu erretten. So bitte ich nun, fliehe weg von den Bauern, wer da kann, wie vom Teufel selbst. Die aber nicht fliehen, bitte ich, Gott wolle sie erleuchten und bekehren. Welche aber nicht zu bekehren sind, da gebe Gott, daß sie kein Glück noch Gelingen haben können. Hier spreche ein jeglicher frommer Christ: Amen. Denn dies Gebet ist recht und gut und gefällt Gott gut, das weiß ich. Dünkt das jemand zu hart, der bedenke, daß Aufruhr unerträglich ist und alle Stunde der Welt Zerstörung zu erwarten sei.
[WA 18, 357–361] zit. nach Kurt Aland, Luther deutsch, Bd. 7, Stuttgart 1967, S. 191-197.
Anmerkungen
1 Der »Ermahnung«; eig.: »Im vorigen (= vorhergehenden!) buchlin«.
2 Vgl. S. 162, 11 ff.
3 Eig.: »grundsuppe rüren«.
4 U.ö. eig.: »eyne ader« = Muskel, Sehne usw.
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